Fairness ist keine politische Kategorie, aber manch einem Jahrhunderttalent wird schon arg übel mitgespielt.
Eine Klage von Rainer Sigl.
Schauen Sie, das war alles nur ein Missverständnis. Oder besser: eine ganze Reihe von furchtbaren, furchtbaren Missverständnissen. Und mal ehrlich: Wer hat denn jetzt im Endeffekt am meisten darunter zu leiden? Wer ist denn jetzt wirklich das Opfer? Wer steht vor dem Scherbenhaufen? Cui bono, frag ich? Cui bono?
Weil: So ein WhatsApp-Chatverlauf ist halt was völlig anderes als ein echtes Reden von Mensch zu Mensch.
Da wird einem dann im Nachhinein alles im Mund umgedreht, was man mit den allerbesten Freunden so in die digitale Welt hinfetzt, nicht?
Ja, im Dialog mit ganz, ganz engen Freunden, die man schon ewig kennt, ist das eben nicht nötig, alles politisch überkorrekt auszuerklären, bis der letzte Radikalgutmensch nix mehr dran auszusetzen hat! Es geht halt so viel Nuance verloren im Chat!
Zum Beispiel: Dass man wen »Oasch« nennt, mein Gott, »Oasch«, ist das wirklich so schlimm, das war vielleicht ganz liebevoll gemeint! Ich sag zu meinen besten väterlichen Freunden, die ich voll unterstütze, auch oft »du Beidl«, so als Symbol der intimen Freundschaft, nicht, nur im Spaß selbstverständlich, etwa so: »Haha, servus, du Beidl, alles klar, wie geht’s der Gemahlin, grüß sie lieb, die oide Brunzkleschn!« Schaut blöd aus für Außenstehende, geb ich zu, aber im Ernst, das ist ein victimless crime!
Oder wenn dann einer zurückschreibt: »ich hasse ihn Bussi Thomas«, bitte, schauen Sie sich das an, kein Komma, kein Satzzeichen, nix. Eindeutig, das ist absichtliche Ironie, Rollenspiel sozusagen! Erkennt doch ein Blinder an den vielen Emojis, dass das nicht ernst gemeint ist! Sieht man doch von Weitem, wenn man nicht gerade völlig von Missgunst, Neid und, jawohl, ich sag’s, krimineller Energie zerfressen ist, einem anderen, Erfolgreicheren ans Zeug zu flicken!
Und außerdem: Da schreibt ein Senkrechtstarter, ein erfolgreicher, blutjunger, unschuldiger Mann am Beginn seiner Karriere, geliebt und verehrt von Millionen, bitteschön!, ein Jahrhunderttalent an Charakter einfach so zurück an einen kleinen Beamten in irgendeinem x-beliebigen Ministerium!
Abgesehen davon, dass es voll nett ist, dass er neben seinen vielen Verpflichtungen sich überhaupt Zeit nimmt für solche unpassende Fanpost von quasi Fremden, mit denen er abseits dieser anonymen Kommunikation niemals etwas zu tun hatte, erkennt man doch glasklar das Unbehagen, die Distanziertheit beim Gespräch mit diesem Sonderling!
Ja, weil ihm dieser offenkundig Gestörte halt leid getan hat, Herrschaftszeiten! »Du bist Familie«, wie der Dings zurückschreibt, bitte, was wäre das, außer der Versuch der Beschwichtigung eines instabilen, aber sonst vermeintlich harmlosen Niemands? Kann ja keiner wissen, dass der dann wer weiß was auf eigene Faust anbahnt, um, wie er glaubt, seinem Idol einen Gefallen zu tun! Ohne dass der was davon weiß oder auch nur ahnt!
Aber so ist das in der Politik. Menschen mit Charakter werden es da immer schwer haben, weil: Irgendwer dreht immer alles so, dass du am Schluss als der Depperte dastehst.
Übrigens, haben Sie gewusst, dass es eigene, millionenschwer bezahlte Spindoktoren gibt, die genau auf sowas spezialisiert sind? So weit ist es schon wieder in diesem Land! Psst: Würd mich überhaupt nicht wundern, wenn das Juden wären.