»Starmania«, »Dancing Stars«, »Dschungelcamp« – Voting ist was Feines. Schön, dass die Bundesregierung das erkannt hat.
Ein Aufruf von Rainer Sigl
Nach seiner Meinung gefragt zu werden, ist schön. Abzustimmen, sein Votum abzugeben, den Daumen hoch oder runter zu bewegen, auf einen Like- oder Dislike-Button zu klicken, ein Kreuzerl irgendwo zu machen – das sind die Momente, in denen man sich als Individuum, als einzigartige Persönlichkeit mit ihren validen Meinungen und Ansichten gewürdigt fühlt. Schön, dass das auch die Bundesregierung erkannt hat. Endlich wieder Wählen!
Gut, das letzte Jahr hat schon ordentlich vorgelegt. Wer hätte sich etwa träumen lassen, dass sich die an sich höchst fadgasige Bundeshäuptlingswahl zu einem das ganze Kalenderjahr umfassenden Hochspannungsblockbuster hochjazzen ließe? Aber mit vereinten Kräften ist just dies geglückt: Von der strategischen, maximal wurschtigen Kandidatenauswahl der ehemaligen Großparteien über geschickt eingefädelte juristische Manöver bis hin zu wiederholten drolligen Missgeschicken der nur zufällig einem ansonsten an jedem Hoppala unbeteiligten Innenminister unterstellten Wahlbehörde war da alles drin, was Unterhaltungswert hat.
Klar, dass da viele traurig waren, als im Dezember die Show vorüber war und ein ganzes, langes Jahr ödeste Langeweile ohne nennenswerten Urnengang als Menetekel drohte.
Doch zum Glück ist diese Gefahr abgewendet: Im Herbst wird wieder gewählt! Ja, eine Wiederholung des spektakulären Wahlmarathons von 2016 scheint vorerst unwahrscheinlich, aber dafür gönnt man uns Wahlberechtigten einen extralangen Wahlkampf von fünf Monaten. Der Sommer ist gerettet: Endlich werden auch die ansonsten traurig leeren Sommerlandschaften dieses schönen Landes flächendeckend von sympathischen Grußbotschaften der Wahlwerber auf hunderttausenden ästhetischen Plakaten bereichert.
Und die Spannung ist groß: Wird es dem gelglatten Junior-Supermann gelingen, seine Partei nach über drei Jahrzehnten an der Regierung endlich aus der Opposition zu führen? Wird der heisere, ewige Herausforderer – nun mit Brille – endlich eine Chance bekommen, nicht nur optisch als Elder Statesmen wahrgenommen zu werden? Kann der smarte Pizzakanzler einen Fladen ganz ohne Blauschimmelkäse und schwarze Oliven an Herrn und Frau Österreicher ausliefern? Schafft es die ehemalige Ökopartei noch ein letztes Mal, die verbitterte Stammwählerschaft trotz ihrer Werbekampagnen an die Urnen zu locken? Wer bezahlt wie viel für einen Tupfen Pink? Und: Was macht Robert Lugar ab Herbst beruflich? Fragen über Fragen.
Sicher ist nur eins: Wir haben wieder die Wahl. Und wenn wir’s gewohnt geschickt angehen, bald wieder. Und wieder. Und wieder.