Der Zugang zu klassischen Bankkrediten wird für KMU immer schwieriger. Alternative Finanzierungen stehen oft schneller oder flexibler zur Verfügung und bieten zusätzliche Marketingchancen.
Schwache Konjunktur, geringe Reserven – für Unternehmen wird die Finanzierung von neuer Betriebsausstattung, Immobilien oder Innovations- und Wachstumsprojekten zunehmend zum Problem. Vor allem Betriebe mit geringer Bonität kommen unter Druck, da sie die strengen Kriterien der Kreditinstitute nicht erfüllen können.
Trotzdem bleiben österreichische Unternehmen beim Thema Finanzierung bisher sehr traditionell. Klassische Finanzierungsarten wie Investitionskredite oder Betriebsmittelkredite werden vorwiegend nachgefragt und dominieren den Markt. Daneben gewinnen Leasing und Factoring an Bedeutung, da sie zur Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs beitragen und die Liquidität verbessern. Finanzierungen über den Kapitalmarkt, etwa über Anleihen oder Börsengänge, sind hingegen für die kleinstrukturierte Unternehmenslandschaft in Österreich aufgrund des hohen regulatorischen Aufwands nur wenig attraktiv.
Die Kraft der Vielen
Alternative Finanzierungsmodelle wie Crowdinvesting oder Peer-to-Peer-Lending spielen zwar noch eine untergeordnete Rolle, aber vor allem Start-ups und Scale-ups, die vor dem nächsten Wachstumsschritt stehen, haben diese Form der Kapitalaufnahme für sich entdeckt. Daniel Horak, Co-Gründer der Plattform Conda, sieht Crowdinvesting als »sinnvolle Ergänzung zu klassischen Finanzierungen«: »Es verbessert oft die Bonität der Unternehmen, da es vorwiegend eigenkapitalähnlichen Charakter hat.« Auch für bereits gefestigte mittelständische Betriebe mit einem innovativen Projekt oder Produkt bietet sich über die Crowd-Plattform eine zusätzliche Chance, die Bindung zu bestehenden Kund*innen zu stärken und neue Zielgruppen anzusprechen.
Kapital wäre grundsätzlich ausreichend vorhanden, liege jedoch oft ungenutzt auf Sparbüchern oder in Pensionskassen, meint Conda-CEO Horak: »Es gibt wenige Anreize für Kapitalgeber, ihr Vermögen produktiv zu investieren. Die anhaltenden Krisen erhöhen die Sparquote, da viele auf Sicherheit setzen. Zusätzlich hemmt das Mindset in Österreich, das oft risikoscheu und wenig innovationsfreudig ist, die Entwicklung hin zu mehr Investments in zukunftsweisende Projekte.«
Aktuell nutzen mehrere etablierte österreichische Unternehmen die Plattform für ihre Projekte. So sucht die Brauerei Trumer Investor*innen, um den Betrieb unter anderem mit einem neuen Kühlsystem zukunftstauglich zu machen. Die Falkensteiner Michaeler Tourism Group will mehrere Hotelprojekte verwirklichen. Erfolgreich verlief die Kampagne des Salzburger Familienunternehmen QimiQ, das sein Sortiment demnächst mit veganen Produkten ergänzen wird und in Australien einen neuen Produktionsstandort eröffnet.
Der Fußballklub SK Rapid konnte über Crowdinvesting bereits eine ganze Reihe von Infrastruktur-Maßnahmen wie eine LED-Flutlichtanlage, Photovoltaikanlagen und eine nachhaltige Rasenheizung im Trainingszentrum finanzieren sowie die Nachwuchsarbeit stärken.
Risiko für Investor*innen
Beteiligungen sind schon mit kleinen Beträgen, von 100 Euro aufwärts, möglich. Die Renditen sind mit vier bis acht Prozent vergleichsweise hoch, bei manchen Projekten können statt Geld auch Wertgutscheine ausgeschüttet werden. Es empfiehlt sich jedoch, das Portfolio breit zu streuen: Crowdinvestor*innen haben kein Mitspracherecht bei Unternehmensentscheidungen.
Da mit einem Investment in ein junges Unternehmen auch erhebliche Risiken – bis zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens – verbunden sind, sollten Investor*innen das Projekt zudem sorgfältig und systematisch beurteilen. Als Kriterien können folgende Anhaltspunkte dienen: Alleinstellungsmerkmal des Produkts, Zusammensetzung des Managementteams, realistische Marketing- und Vertriebsziele, Glaubwürdigkeit des Geschäftsmodells, Marktsituation sowie die Finanzplanung.
Besonders erfolgreich verlief das Crowdinvesting von Biogena, das innerhalb weniger Stunden die Summe von zwei Millionen Euro erreichte. Weitere Finanzierungsrunden folgten. Das auf Mikronährstoffpräparate spezialisierte Familienunternehmen eröffnete 2022 in Wien den Premium-Concept-Store Biogena Plaza, mithilfe der Crowd wird das Konzept zunächst auf drei weitere Standorte ausgerollt. »Wir haben einige Kampagnen bereits erfolgreich abgeschlossen und neben 1,3 Millionen Euro an Zinsen auch 5,5 Millionen Euro an Crowd-Investitionen pünktlich an die Anleger*innen aus- bzw. zurückgezahlt«, sagt Biogena-Geschäftsführer Albert Schmidbauer. »Wir setzen auf Crowdinvesting, weil wir unabhängig bleiben möchten und im Finanzierungsmix nicht nur auf Banken und unseren eigenen Cash-Flow setzen, sondern intensiv unsere Kund*innen einbinden und diesen auch Top-Zinsen für Ihre Investments zahlen. Das zahlt sich aus, wir können auf eine Investment-Community von mehreren Tausend Menschen zählen.«
Mutigere Ansätze
Innovationen voranzutreiben und regionale Projekte zu fördern, war auch vor elf Jahren der maßgebliche Treiber bei der Gründung von Rockets Investments. Geschäftsführer Peter Garber sieht vor allem in den frühen Entwicklungsphasen »klaren Bedarf an Verbesserungen und mutigeren Ansätzen«: »Nach wie vor bleiben viele Barrieren trotz politischer Bemühungen bestehen, darunter auch die ausgeprägte Risikoaversion, die uns Österreicher*innen oft kennzeichnet. Insbesondere im Bereich Venture Capital gibt es noch erhebliches Potenzial zur Weiterentwicklung.«
Den »Hidden Champions« unter den österreichischen Klein- und Mittelunternehmen, die in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind, wirtschaftlich aber beachtliche Erfolge erzielen, will Rockets mit der Kategorie »Lion« eine Bühne bieten und somit diesen Markt, der sonst Institutionen vorbehalten ist, auch für Kleinanleger*innen zugänglich zu machen. Der Bedarf wie auch das Interesse seien ungebrochen, meint Rockets-CEO Garber: »Unsere Gesellschaft befindet sich in einem stetig beschleunigten Wandel, geprägt von tiefgreifenden Veränderungen wie dem Klimawandel, der digitalen Transformation und dem wachsenden Einfluss künstlicher Intelligenz. Diese Felder werden auch weiterhin für Investitionen attraktiv bleiben.«
Crowd-Plattformen in Österreich
CONDA: Top-Player am europäischen Markt, Investitionen in Start-ups, Scale-ups und KMU
1000x1000: seit 2001 am österreichischen Markt, fokussiert auf Innovationsprojekte von KMU
DagobertInvest: spezialisiert auf Immobilienprojekte
Rockets Investments: Investments in nachhaltige Start-ups („Green“), etablierte Unternehmen („Lion“) und Immobilienprojekte („Home“)
Rendity: Immobilieninvestments
Respekt.net: gemeinnützige Projekte
Ausländische Plattformen mit Präsenz in Österreich:
Kickstarter: kreative Projekte
Companisto: Investments in innovative Start-ups und Scale-ups
Startnext: Projekte zur Förderung von Gemeinwohl, Kultur und Demokratie
Wemakeit: nachhaltige und innovative Projekte
Interview: »Mutig in die Zukunft investieren«
Das Equity-Unternehmen SeedBlink vermittelt über eine neue Plattform Beteiligungen an europäischen Technologie-Start-ups. An Kapitalgebern für große Wachstumsfinanzierungen mangelt es noch, meint DACH-Regionalmanager Ronald Rapberger.
Die Investitionstätigkeit der österreichischen Unternehmen geht deutlich zurück. Verlieren wir international den Anschluss?
Ronald Rapberger: Das ist leider durchaus ein Risiko, wenn wir es in Österreich und auch der gesamten EU verabsäumen, aktiver in Zukunftsfelder zu investieren. Ansonsten laufen wir Gefahr, wieder mal den Anschluss zu verlieren, wie das auch schon bei sämtlichen der letzten Technologiewellen beginnend ab 2001 der Fall war, in der viele der heute dominierenden Tech-Unternehmen gegründet wurden. Die Amerikaner und mittlerweile auch die Asiaten, allen voran China, laufen uns bei allen aktuellen Schlüsselbereichen wie KI, Biotechnologie, Quantum Computing, erneuerbare Energien und digitale Infrastruktur den Rang ab. Jetzt gilt es also, mutig zu sein und in die Zukunft zu investieren, ansonsten vergrößert sich der Abstand nur noch weiter.
Fehlt es an Kapitalgebern, um Innovationen voranzutreiben?
Rapberger: Aus Risikokapital-Sicht sind wir bei Frühphasenfinanzierungen mittlerweile ganz passabel aufgestellt, jedoch fehlen uns die Kapitalgeber für die großen Wachstumsfinanzierungen, um die nächste Generation von führenden europäischen Tech-Unternehmen aufzubauen und vor allem auch in Europa zu halten.
Ein oft zitiertes Problem ist hier die niedrige Allokation von institutionellem Geld (Pensionskassen, Versicherungsunternehmen, Family Offices, Stiftungen) in junge, innovative Unternehmen und neue Technologien. Das hat oft regulatorische Gründe und ließe sich somit politisch lösen, sofern der Wille dazu da ist. Es handelt sich hier zugegebenermaßen um Hochrisiko-Investments aber mit einem deutlichen Net-Positive-Effekt auf breiter gesellschaftlicher Ebene.
In welche Bereiche sollten Unternehmen investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben?
Rapberger: Generell in sämtliche Bereiche, die kurz- und mittelfristig zu Effizienzsteigerungen führen. Dazu gehören die Digitalisierung bzw. digitale Infrastruktur im Allgemeinen aber auch aktuelle Themen wie KI und Prozess-Optimierungen. Ein weiteres, bisher teils etwas vernachlässigtes Thema, sind meines Erachtens die Lieferketten. Vor allem vor dem Hintergrund der geopolitischen Weltlage und einer erwartungsgemäß zunehmend protektionistisch agierenden USA, sollten Unternehmen ihre Lieferketten kritisch durchleuchten und potenzielle Risiken soweit wie möglich mitigieren.
Ausgewählte Förderstellen
Neben den hier angeführten bundesweiten Förderstellen, die Internationalisierung unterstützen und (Co-)Finanzierungen zur Verfügung stellen, gibt es in einzelnen Bundesländern regionale Wirtschaftsagenturen, an die sich Unternehmen für Investitions- und Innovationsförderungen wenden können.
1. Die aws (Austria Wirtschaftsservice) gewährt Investitions-, Innovations- und Exportförderungen sowie Förderungen für Start-ups und unterstützt bei der Finanzierung und Absicherung von Direktinvestitionen im Ausland. Weiters fördert sie Unternehmen, die den technologischen und ökologischen Wandel vorantreiben. www.aws.at
2. Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG fördert anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte sowie technologische Innovationen. Sie unterstützt österreichische Unternehmen bei der Sondierung und Durchführung von internationalen Kooperationen. www.ffg.at
3. Die Austrian Development Agency (ADA) ist Österreichs Agentur für internationale Entwicklungszusammenarbeit. Sie unterstützt österreichische Unternehmen in Entwicklungsprojekten durch Beratung, Vernetzung, Übernahme von Projektkosten und Finanzierung von Machbarkeitsstudien. www.entwicklung.at
4. Das Enterprise Europe Network (EEN) unterstützt innovative KMU, international zu wachsen. Diese Maßnahmen werden aus EU-Mitteln gefördert. Zusätzlich vergibt die EU im Rahmen der Aktionsprogramme auch Gelder für grenzüberschreitende Projekte, z. B. in den Bereichen Forschung & Innovation, Bildung und Mobilität. www.een.at
5. Das Global Incubator Network Austria GIN vernetzt österreichische und internationale Start-ups mit Investor*innen und Inkubatoren, unter anderem aus Israel, Hongkong, Singapur, China, Japan und Südkorea, mit speziellem Fokus auf Asien. www.gin-austria.com
6. Die Oesterreichische Kontrollbank OeKB hilft Unternehmen, ihre Auslandsgeschäfte über Exportgarantien, Wechselbürgschaften oder zinsgünstige Finanzierungsmittel, z. B. Soft Loans, abzusichern. www.oekb.at
Geld von der Crowd
Mit dem Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) wurde per 1. September 2015 in Österreich der Grundstein für die breite Etablierung alternativer Finanzierungsformen und insbesondere Crowdinvesting für KMU geschaffen. Am 1. August 2018 trat eine Novellierung dieses Gesetzes in Kraft. Deutlich vereinfacht wurde das Zusammenspiel mit dem Kapitalmarktgesetz, das führte zu mehr Rechtssicherheit und Praktikabilität.
Crowdinvesting ist ein Finanzierungsinstrument, das Risikokapital für den Aufbau von jungen Unternehmen oder für die Finanzierung von Innovations- und Expansionsprojekten in KMU liefert. Die Unternehmer*innen profitieren durch die Präsentation auf der Crowdinvesting-Plattform auch hinsichtlich ihrer Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit und der Stärkung ihrer Markenpräsenz, die das Erschließen neuer Zielgruppen ermöglichen.
Während Crowdfunding eine Möglichkeit ist, ein Projekt ohne finanzielle Gegenleistung zu unterstützen, steht beim Crowdinvesting eine finanzielle Rendite in Aussicht. Investor*innen stellen das Kapital über ein qualifiziertes Nachrangdarlehen zur Verfügung und beteiligen sich damit – im Rahmen ihrer Einlage – am unternehmerischen Risiko. Sie werden jedoch keine Gesellschafter*innen und haben auch keine Mitsprache- oder Entscheidungsrechte. Das Unternehmen verpflichtet sich im Gegenzug zur Auszahlung eines Basis- sowie eines Bonus-Zinssatzes, wenn sich das Business besonders gut entwickelt. Die Laufzeit beträgt zwischen drei und zehn Jahren.
Alternative Finanzierungen für KMU:
1. Private Equity
Beteiligungsgesellschaften investieren in etablierte Unternehmen, um diese in Wachstumsphasen, bei Umstrukturierungen oder Übernahmen zu unterstützen. Sie sind oft aktiv in der Unternehmensführung beteiligt und zielen auf langfristige Wertsteigerungen ab. Diese Finanzierungsform ist vor allem für mittelständische Unternehmen geeignet, die sich in einer Expansionsphase befinden.
2. Crowdinvesting
Dabei handelt es sich um eine kollektive Finanzierungsmethode, bei der über spezielle Plattformen von einer Vielzahl von Unterstützern Kapital gesammelt wird. Diese Methode eignet sich besonders für Start-ups und KMU, deren Projekte oder Produkte eine starke Community-Bindung oder einen innovativen Charakter haben. Die Investoren beteiligen sich im Rahmen eines Nachrangdarlehens.
3. Mezzanine-Kapital
Diese hybride Finanzierungsoption stellt eine Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital dar. Oft handelt es sich um nachrangige Darlehen, die in einer Liquidationssituation erst nach anderen Verbindlichkeiten bedient werden. Solche Instrumente können attraktiv sein, weil sie Unternehmen ermöglichen, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken, ohne Kontrollrechte abgeben zu müssen.
4. Peer-to-Peer-Lending
P2P-Kreditplattformen verbinden Kreditnehmer direkt mit Investoren. Die Kreditvergabe erfolgt schneller und flexibler als bei traditionellen Banken, die Anforderungen und Bonitätsprüfungen sind weniger streng. Für Investoren können sie eine attraktive Rendite darstellen, allerdings ist das Kreditrisiko höher. Diese Finanzierung eignet sich für kleinere Unternehmen und Start-ups, die rasch Kapital benötigen.