Montag, Jänner 06, 2025
Grüne Buchhaltung
Bild: iStock

Nachhaltigkeit rechnet sich. Dennoch fehlt es in vielen Unternehmen an wirksamen Maßnahmen und Planungssicherheit. Am Angebot mangelt es nicht: SAP setzt bereits voll aufs Thema.


Unternehmen in Österreich haben ihre Schlüsselfunktion am Weg hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft erkannt. Eine aktuelle Umfrage von Deloitte und dem Sozialforschungsinstitut Foresight bei 400 Unternehmen zeigt: Das Thema ist bedeutend. Ein großer Teil der Befragten (48 %) spürt die Auswirkungen des Klimawandels bereits direkt. Dennoch folgen auf das grundsätzliche Bewusstsein noch wenig wirksame Handlungen. Im Fokus vieler Nachhaltigkeitsagenden steht vor allem die Reduktion der CO2-Emissionen.

61 % der Befragten haben dazu zwar mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen begonnen, hinsichtlich der erwartbaren Kosten für eine umfassende Dekarbonisierung herrscht aber große Unsicherheit. So kann oder will über ein Drittel (39 %) derzeit keine Angaben über die diesbezügliche Kostenveranschlagung des Unternehmens machen. Gleichzeitig geht auch die Investitionsbereitschaft zurück: Der Anteil jener Betriebe, die von 500.000 bis über fünf Millionen Euro pro Jahr für Maßnahmen zur Dekarbonisierung aufwenden wollen, ist von 26 % im Vorjahr auf 17 % gesunken. Angesichts der wirtschaftlichen Rezession hat der Klimawandel für viele Unternehmen aktuell nicht oberste Priorität. »Das ist zwar aus dem kurzfristigen Alltagsgeschäft heraus verständlich, in der langfristigen Sicht aber ein Geschäftsrisiko«, warnt Christoph Obermair, Partner und Sustainability Leader bei Deloitte. »Denn Fakt ist: Der Klimawandel wird die Wirtschaft umkrempeln, ob wir wollen oder nicht.«

Um die nachhaltige Transformation voranzutreiben, fehlt es vielen Unternehmen derzeit vor allem an Planungssicherheit. Ein Versuch, diese auf europäischer Ebene bereitzustellen, ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Sie zielt darauf ab, die Transparenz der Nachhaltigkeitsberichte zu fördern und ist für große Kapitalgesellschaften für das Geschäftsjahr 2025 erstmalig anzuwenden. Obwohl das Zeitfenster bis zur Umsetzung also immer kleiner wird, hat ein Großteil der Befragten die Dringlichkeit noch nicht erkannt. Aktuell haben lediglich 18 % der CSRD-Betroffenen die Vorbereitungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung abgeschlossen, 17 % haben noch gar nicht damit begonnen. Und auch Zulieferbetriebe sind durch die Angabepflichten zur vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette indirekt von der Regulatorik betroffen. Auch für kleine und mittlere Unternehmen ist es daher essenziell, Nachhaltigkeitsinformationen proaktiv zu erfassen und bereit zu stellen.

Richtung eingeschlagen
Derweil setzt der Business-Software-Hersteller, Branchenprimus im ERP-Markt, bereits voll auf das Thema. Nachhaltigkeit ist mittlerweile ein eigener Geschäftsbereich bei SAP und ebenso wie der Bereich KI direkt bei SAP-CEO Christian Klein verankert. Christian Boos, Global VP and Head of Sustainability Innovation bei SAP, hat die Aufgabe, Innovation im Bereich Nachhaltigkeit sowohl intern in unserem Ökosystem mit Technologien wie zum Beispiel Blockchain oder KI voranzutreiben, aber auch bei den Kunden. »Wenn wir nur einen Teil unserer 400.000 Kunden weltweit auf dem Weg zu nachhaltigen Geschäftsmodellen unterstützen und auch unsere 25.000 Partner hier mitnehmen, hat das natürlich einen großen Einfluss auf den Klimaschutz«, so Christian Boos. Er spricht im Gespräch mit dem Report über eine sich strategisch verändernde Produktpalette bei SAP.

Im klassischen »Enterprise Resource Planning« werden Prozesse in Einkauf, Fertigung, Verkauf, Finanzbuchhaltung, HR und Support abgebildet. Für jede Transaktion im System gibt es einen Beleg – beim Einkauf zum Beispiel oder beim Transport. Jetzt kommt der Faktor Nachhaltigkeit dazu. »Künftig werden auf Lieferscheinen nicht nur die Menge und der Preis stehen, sondern auch Emissionen und zum Beispiel der Wasserverbrauch. Diese Daten werden dann durch die Systeme geschleust, so wie wir es seit Jahren mit den Finanzdaten machen. Den ›General Ledger‹ in der Finanzbuchhaltung können wir in Zukunft bereits mit dem ›Green Ledger‹ ergänzen«, erklärt Boos. Damit können Unternehmen nicht nur gewinnorientiert, sondern auch nachhaltigkeitsgetrieben gesteuert werden. Sprich: Der Einkäufer kann neben Qualität und Preis auch nach CO2-Bilanz entscheiden.

»So kann dann vielleicht ein um ein paar Cent oder Euro teurerer Lieferant gewählt werden, da dieser meine eigene Nachhaltigkeitsbilanz verbessert. Da entstehen gerade neue Jobprofile, wie der ›Chief Decarbonizer‹ oder der ›Chief Circulator‹. Sie treiben Nachhaltigkeit übers gesamte Unternehmen voran.« 


Im Gespräch: Smartes Reporting

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Bild: Christian Boos ist Global Vice President und Head of Sustainability Innovation bei SAP

Wie Reportings und die Unternehmenssteuerung jetzt kräftig auch mit künstlicher Intelligenz unterstützt werden.

Welche Rolle wird KI beim Thema Nachhaltigkeit spielen?

Christian Boos: KI kann ein Hebel für Nachhaltigkeit in der Wirtschaft und Gesellschaft sein, wir benötigen aber auch nachhaltige KI-Technologie beim Energieverbrauch oder in ethischen Fragen. Nachhaltigkeit ist ein stark datengetriebenes Thema. Firmen brauchen für ihre Reportings viele Daten – zum Teil aus SAP-Systemen, aber auch aus vielen anderen Softwareumgebungen. Hinzu kommen externe Quellen wie Klimadaten, Daten von Regierungen und NGOs. Das zusammenzutragen, zu validieren, zu bewerten und aufzubereiten, ist eine Aufgabe für die KI. Auf dieser Basis können dann EU-Taxonomie- oder CSRD-Reports und Berichte zu weiteren Compliance-Themen erstellt werden. Der Trend geht in Richtung halbautomatisierter Reportings, die etwa mit unserer neuen Lösung »ESG Report Generation with AI« möglich werden.

Das heißt nicht, dass ein finaler Report auf Knopfdruck erstellt ist, aber die KI unterstützt bei der Aufbereitung eines Entwurfs, eines Grundgerüsts. Das spart Mitarbeiter*innen Zeit und hebt zugleich die Qualität der Grundlage für die weitere Bearbeitung an.

Wann kommt dieses KI-unterstützte Feature ins Spiel? 

Boos: Das Thema Compliance befindet sich sehr nahe an Large Language Models. Regularien sind wie eine eigene Business-Sprache, mit der ein Report generiert werden muss – der auch unternehmensrelevante Inhalte enthält. Mit dem »SAP Sustainability Control Tower« können Unternehmen Daten zusammentragen und reporten. Die KI ist im Sustainability Control Tower integriert. Mit ihr wird aus den KPIs im Control Tower und den Echtzeitdaten der dahinterliegenden Systeme ein Report in Prosatext mit aufbereiteten Zahlen und Graphen erstellt.

Generell kommt KI hinter den Kulissen bereits im Vorfeld zum Einsatz. Ein EU-Regularium hat typischerweise hunderte Seiten Umfang, die für ein kleineres Unternehmen allein zeitlich kaum verarbeitbar sind. Das wollen wir den Kunden abnehmen – nicht nur bei einzelnen gesetzlichen Vorgaben, sondern in vielen anderen Bereichen, auch in anderen Regionen. Mit dem gleichen Satz an Daten können dann die unterschiedlichsten Berichtsanforderungen erfüllt werden. 

Was wäre ein Beispiel aus der Praxis in Sachen Nachhaltigkeitsreporting? 

Boos: Rund um das Thema »Product Carbon Footprint« oder »Corporate Carbon Footprint« müssen Produktionsbetriebe den CO2-Fußabdruck ihrer Erzeugnisse ausweisen. Ein großer Landmaschinenhersteller berechnet den Carbon Footprint für seine Produkte mit dem »SAP Sustainability Footprint Management«. Es sammelt über das ERP-System verknüpfte Daten wie Energieverbräuche in der Fertigung bis zu Emissionsdaten von Lieferanten und auch Vorlieferanten ein – so zum Beispiel den Fußabdruck einer Lichtmaschine vom Hersteller der Komponente. Ein Tier-1-Lieferant wird diese Daten in der Regel liefern können. Bei anderen kann ich KI-unterstützt ein sogenanntes »Emission Factor Mapping« nutzen. So sind in »Life Cycle Assessment«-Datenbanken meist Ökobilanzen von Komponenten bis zum Rohstoffabbau der verwendeten Materialien gehend hinterlegt. Aus der Mischung der Primärdaten aus der Lieferkette und den Sekundärdaten der LCA-Datenbanken lässt sich der ökologische Fußabdruck des Endprodukts kalkulieren.

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