Auszählung verschlampt, Briefwahlkuverts versemmelt, Kleber kaputt: Demokratie ist, wie alles hierzulande, sehr kompliziert.
Mein Gott, bitte, was für eine künstliche Aufregung! Gut, ja, meinetwegen, die eigentlich nicht eben als blutdrucksteigernd bekannten Bundespräsidentenwahlen sind heuer ein bissl anders verlaufen als geplant, aber diese global wie lokal aus allen Gazetten geifernde Untergangsrhetorik geht dann doch ein wenig zu weit. »Demokratiekrise«? Geh bitteeee. »Bananenrepublik«? Bei dem Wetter?
Denn vergessen wir auch mal eins nicht: Schuld an diesem ganzen unerfreulichen Debakel ist nicht etwa der Staat, sondern immer noch der Wähler selbst. Jawohl, denn der hat sich schließlich in unerhörter Arroganz und z’Fleiß dazu entschlossen, die altbewährten Haudegen, die die staatstragenden Koalitionsparteien großzügig für den Deko-Schauraum Hofburg zur Verfügung gestellt hat, schnöde zu ignorieren und postwendend aufs Altenteil zu schicken – sowas, man muss es sagen, gehört sich einfach nicht, schon allein aus Respekt. Gerade in fortgeschrittenem Alter steckt man Kränkungen dieser Art schlecht weg.
Was folgt daraus? Polarisierung, Stress, kurzum: ein Mords-Bahö. Dabei hätte man sich doch einfach nur an eines jener weisen Bonmots dieser unserer großen Kulturnation halten müssen, das da lautet: Mir wer’n kan Richter brauchen. Der humorlos unlockere Spruch der Verfassungsrichter beweist aber auch, dass in dieser globalisierten Welt international als authentisch austriakisch bestätigte Traditionen gegenüber importierten, multikulturellen Einheitstugenden den Kürzeren ziehen. Ja, das ist Globalisierung der grauslichsten Sorte: Wer hierzulande deutsche Gründlichkeit und preußischen Fleiß erwartet, kann sich von mir aus auch Aprikosenkonfitüre auf seine Stulle buttern, das leckere Schnitzerl mit Tunke mampfen und das dufte finden!
Wollen wir das? Wollen wir das wirklich? Eine Welt, in der erbarmungslos effiziente und schmallippig tugendhafte Bilderbuchbürokraten nie ein Aug’ zudrücken dürfen? In der »Verstand« ohne bitter notwendigen »Haus-«, »Schläue« ohne das wohlig gemütliche »Bauern-« auskommen muss? In der »Vurschrift ist Vurschrift« nicht augenzwinkernder Trinkspruch, sondern dürre Lebensmaxime ist? Ich meine: Na sicher net! Höchste Zeit, dass der legere Umgang dieses unseres kleinen, aber unbedeutenden Alpenvolks mit Vorschriften, Gesetzen, Demokratie oder Menschenrechtskonventionen, dieser leiwande Grant auf alles und vor allem: diese eisern durchgezogene erbarmungslose Gemütlichkeit als imaterielles UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt werden!
Ich meine: Österreich sollte mutig zu diesen seinen Traditionen stehen und sich von Spott und Häme von außerhalb nicht von seinem Wegerl abbringen lassen. Weil: Da könnt’ ja jeder kommen. Drum: Jetzt erst recht.