In Wien-Aspern, nahe der U-Bahn-Station Seestadt, starteten die Bohrungen für die erste Tiefengeothermie-Anlage. Bis zu 100 Grad heißes Wasser aus rund 3.000 Metern Tiefe soll künftig die Wärmeversorgung für 20.000 Haushalte in Wien sichern.
„Wien sitzt auf einem großen Wärmeschatz. Nach jahrelangen Forschungs- und Planungsarbeiten werden wir ihn jetzt heben“, schwärmt Karl Gruber, Geschäftsführer der Wien Energie. Der große Vorteil der Technologie: Die Energiequelle ist gleichmäßig und ganzjährig verfügbar. Das heiße Wasser speist mittels Wärmetauscher die Fernwärme. Das abgekühlte Wasser wird wieder in die Tiefe gepumpt, um sich erneut aufzuheizen – ein geschlossener, erneuerbarer Kreislauf. Durchgeführt wird das Pionierprojekt von deeep, einem Joint-Venture von Wien Energie und OMV.
Bereits seit 2016 beschäftigt man sich intensiv mit dem sogenannten „Aderklaaer Konglomerat“, einem natürlichen Wasserreservoir tief unter der Erde. „Wir haben schon hundert Mal durch das Konglomerat gebohrt. Ob wir jetzt ein Kokhlenwasserstoffmolekül bewegen oder ein Wasserstoffmolekül, das macht für uns keinen großen Unterschied, verwies Berislav Gaso, OMV-Vorstand Energie, auf die langjährige Expertise der Fachleute.
Die Bohrungen sollen Mitte 2025 abgeschlossen sein, dann folgen Fördertests, bei denen die Verfügbarkeit, Temperatur und chemische Zusammensetzung des Wassers überprüft werden. Danach wird die obertägige Anlage am Gelände errichtet, die Inbetriebnahme ist für 2028 vorgesehen. Das Investitionsvolumen beträgt rund 90 Millionen Euro. Die Auslegung der weiteren Infrastruktur erfolgt entsprechend der Wasserqualität und der Wassermengen – aufgrund der Forschungsergebnisse rechnet man aber nicht mit großen Überraschungen.
Weiterer Ausbau geplant
Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke spricht von einem „echten Meilenstein“, der die Stadt Wien dem Ziel der klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2040 wieder einen Schritt näher bringen soll: „Diese Tiefengeothermie-Anlage ist ein Vorhaben mit Weitblick. Wir gewinnen hier nicht nur Energie, sondern stärken damit auch unsere Versorgungsunabhängigkeit und somit den Wirtschaftsstandort.“
Sechs weitere Anlagen in der Donaustadt und in Simmering sind geplant. Im Vollausbau können 200.000 Haushalte mit Wärme aus der Tiefe versorgt werden – CO2-frei und unabhängig von Gaslieferungen und Preisentwicklungen. „Was wir in den vergangenen zwei Jahren in der Energiewirtschaft erlebt haben, war schon stürmisch“, sagte Peter Weinelt, Generaldirektor der Wiener Stadtwerke, in Anspielung auf den starken Wind beim Pressetermin zum Bohrstart.
Im Bereich der Bohrungen gelten hohe Sicherheitsstandards. Ab Jänner steht aber für Interessierte ein Infocenter am Rand des Geländes bereit. Während des gesamten Bohr- und Bauvorganges der kommenden Jahre können die Projektfortschritte somit live verfolgt werden. Der Besuch ist kostenlos, eine Voranmeldung für Gruppen jedoch erforderlich (www.deeep.at).
Bild: Bohrstart in Wien-Aspern: Karl Gruber (Geschäftsführer Wien Energie), Berislav Gašo (OMV-Vorstand und Executive Vice President Energy), Peter Hanke (Stadtrat), Peter Weinelt (Generaldirektor Wiener Stadtwerke)