Am deutlichsten wird New Work in der Gestaltung von Büroräumen sichtbar: Klassische Arbeitsplätze werden zu multifunktionalen Bürolandschaften, die technisch alle Stückerl spielen.
Während die Frage zum Arbeiten im Homeoffice noch vielfach die Meinungen entzweit, versuchen einige Unternehmen bereits, ihre Büroflächen an die neuen Gegebenheiten anzupassen und gleichzeitig attraktiver zu gestalten. Klar ist: Die Entscheidung muss immer individuell erfolgen. »Die aktuellen Diskussionen, inwieweit Büroflächen notwendig sind, können nicht mit einer ›richtigen‹ Antwort abgeschlossen werden. Denn so vielfältig Unternehmen sind, so vielfältig sind auch die Lösungen und der Umgang damit«, meint Stefanie Eisenbarth, Head of Project Solutions bei BNP Paribas Real Estate. Schien es kurzzeitig, dass das Büro generell an Relevanz verlieren könnte, wird das Office nun wieder als »Ankerplatz« gesehen. Die Flexibilität, die Remote Work bietet, möchten Arbeitnehmer*innen nicht mehr missen, sie kehren aber gerne fallweise ins Büro zurück, wenn dieses die nötigen Voraussetzungen erfüllt.
Ort der Begegnung
Die Rolle des Büros in einer digitalisierten Welt bedient grundsätzlich vier Schwerpunkte, wie Caroline Sturm, Senior Consultant bei M.O.O.CON, erklärt: »Durch die stärkere Dezentralisierung der Mitarbeiter*innen muss es zunehmend ein attraktiver Ort sein, um die Aufladung mit gemeinschaftlicher Identität zu unterstützen. Das Büro etabliert sich dadurch noch mehr als Ort der Begegnung, der Zusammenarbeit und des persönlichen Austausches. Nach wie vor braucht es aber auch Platz für konzentriertes Arbeiten. Und durch die Verschmelzung der physischen und virtuellen Arbeitsorte muss das Büro die Anforderungen der hybriden Zusammenarbeit erfüllen.«
Immobilienentwickler*innen sind bestrebt, diese unterschiedlichen Aspekte bei der Planung neuer Objekte zu berücksichtigen. Auf dem Areal der ehemaligen Postbuswerkstätten im dritten Wiener Gemeindebezirk entsteht auf 22.000 Quadratmetern »enna« – ein innovatives Bürokonzept, das die Bedürfnisse der künftigen Nutzer*innen in den Mittelpunkt stellt. Diese wurden vorab in einer Markforschungsstudie erhoben: 72 Prozent der Befragten gaben an, dass die Gestaltung und Ausstattung von Büros für die Wahl des Arbeitgebers entscheidend sein kann. Wer also die besten Köpfe ins Team holen will, muss wirklich etwas bieten können. Das bezieht sich auch auf das Arbeitsumfeld: Fast ein Drittel der Befragten möchte Sporteinrichtungen am Arbeitsplatz, rund der Hälfte ist das gastronomische Angebot wichtig und 35 Prozent wünschen sich Grünflächen.
Das »erste Work-Life-Building Wiens« soll Mitte 2025 fertiggestellt werden und genau diese Erwartungen erfüllen. Im Erdgeschoß stehen u. a. Sportbereiche, Gastronomie, eine Work-Life- und eine Co-working-Zone, ein Auditorium und eine Kitchen Lounge sowie großzügige Grün- und Freiflächen zur Verfügung. Auf den Büroflächen können die einzelnen, zwischen 300 und 5.300 m² großen Einheiten individuell gestaltet werden. Die Vermietung läuft bereits, für das Refurbishment des aus dem Jahr 1984 stammenden Gebäudekomplexes zeichnet die Art-Invest Real Estate verantwortlich. Mit dem Architekturkonzept wurde das Grazer Büro Hohensinn Architekten beauftragt.
Für Christian Krauss, Head of Office & Workplace Strategy bei Art-Invest Real Estate, stehen bei allen Überlegungen, wie das Büro der Zukunft aussehen könnte, »die Menschen, die darin arbeiten und leben wollen, im Fokus«: »Gerade in den Entwicklungen der letzten Jahre sehen wir, wie überlappend Leben und Arbeiten geworden sind. Komplementäre Nutzungen neben dem Arbeitsplatz, wie Reinigungsservices, ein Kindergarten oder Food- and-Beverage-Angebote, sollten einander ergänzen und in Summe einen positiven Einfluss auf alle Mitarbeiter*innen haben.« Alltag und Arbeiten gehen eine Verbindung ein, die alle sozialen Aspekte einschließt.
Fünf Trends
Wie wirkt sich New Work auf die Gestaltung von Büroräumen aus? Und wie können Arbeitgeber den neuen Anforderungen gerecht werden? Das Peneder Architekturteam identifizierte fünf Punkte, an denen sich Unternehmen orientieren können.
1. Digital
In einigen Unternehmen verschwinden bereits fix zugeteilte Arbeitsplätze und weichen dem Konzept des Desk Sharings – je nach Verfügbarkeit können freie Plätze oder Büros ausgewählt werden. Um die globale Vernetzung zu ermöglichen, muss die technische Ausstattung auf dem neuesten Stand sein. Modernste Konferenzraumtechnik und High-Speed-Internet sind Standard.
2. Multi-Space
Ein multifunktionales Raumdesign bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten mit Diskretionsbereichen, Besprechungsnischen, Denkerzellen und »Think Tanks«, die sich die Mitarbeiter*innen je nach Arbeitssituation aussuchen können. Es gibt weiterhin klassische Büromöbel, die aber ergänzt werden durch Lounge-Bereiche mit bequemen Sesseln und Sofas, Steharbeitsplätzen und kleinen Nischen, in denen man sich zurückziehen kann.
3. Identität
Bei der Gestaltung moderner Büros wird zunehmend darauf geachtet, dem Unternehmen im Sinne einer Corporate Architecture ein individuelles Gesicht zu verleihen. Austauschbare Grau-in-Grau-Lösungen und uniforme Arbeitsplätze werden von einer ästhetisch und individuell gestalteten Arbeitsumgebung abgelöst, die ein anregendes Umfeld bietet, um Ideen zur Entfaltung zu bringen.
4. Begegnung
Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen immer mehr. Diese Symbiose von Leben und Arbeiten zeigt sich auch an der Ausstattung. So lässt sich beim Anblick mancher Büros schwer urteilen, ob man in einer Firma, in einem schicken Restaurant oder womöglich in einem Wohnzimmer steht. Gemeinschaftsbereiche wie eine Terrasse oder Sitz-Lounge ermöglichen informelle Zusammenkünfte, aber auch Spielräume mit Tischfußball, Boxsack oder Billard können die Innovationskraft unterstützen.
5. Natur
In der Innenarchitektur ist ein Trend in Richtung Verwendung natürlicher Materialien erkennbar. Häufig werden Holz, Leder, Filz oder Wolle eingesetzt, aber auch Farbtöne wie weiß, schwarz, braun oder grün spiegeln diese Entwicklung wider. Ursprünglichkeit und Echtheit stehen wieder im Mittelpunkt.