Donnerstag, November 21, 2024
Arbeiten im Biotop
Das »Immune Office« zeichnet sich nicht nur durch viel Grün innen und außen, sondern auch durch ein ausgeklügeltes Belüftungs- und Hygienekonzept aus. (Bild: Rock Capital Group)

Gesundheit spielt seit der Pandemie bei der Arbeitsraumgestaltung eine zentrale Rolle. Die ehemals geplante Wirecard-Zentrale setzt nach einem Umbau als »Immune Office« diesbezüglich neue Standards.

 

Der Zahlungsdienstleister Wirecard dachte stets in Superlativen: Stolze 42.000 Quadratmeter sollte das neue Headquarter umfassen, verteilt auf fünf Gebäude, alles recht nüchtern in Schwarz und Weiß gehalten. Mehrfach wurde umgeplant und vergrößert. Im Sommer 2020, als der Rohbau endlich stand, ging der Konzern mit einem Knalleffekt unter, Milliardenbeträge waren plötzlich verschwunden, Vorstand Jan Marsalek tauchte unter. Für die Rock Capital Group ein schwerer Schlag: Mit Wirecard verlor der Immobilienentwickler von einem Tag auf den anderen, mitten in der Pandemie, seinen Hauptmieter. »Wir mussten uns etwas einfallen lassen«, sagt Claudia Zoric, Assetmanagerin bei Rock Capital. Andere große Firmen in die kleine Gemeinde Aschheim, eine halbe Autostunde oder 40 Minuten mit der S-Bahn von München entfernt, zu locken, sei nicht so einfach. Man musste schon etwas Besonderes bieten, so Zoric: »Da Aschheim so grün ist, wollten wir die Natur nach innen bringen.«

Aus dem schwarz-weißen Gebäudekomplex wurde das grüne »HEADS«, Deutschlands erstes Immune Office. 300 Kletterpflanzen sollen im Inneren bis zu zehn Meter in die Höhe wachsen und für einen Dschungel-Effekt sorgen, der Sitzbereich ist von einer Bambus­hecke umgeben. Neben der Gestaltung, die wie ein Biotop anmutet, zeichnet sich das viergeschoßige Bürohaus durch ein Hightech-Lüftungs- und Hygienekonzept aus. Die Luftfiltertechnik schaute man sich von Krankenhäusern ab. Zusätzlich gibt es in den Räumen UV-C-Luftsterilisationsgeräte, berührungslose Lichtschalter und Armaturen, selbstöffnende Türen und eine kontaminationsfreie Wärmerückgewinnung.

Gute Luft
Der Wert einer gesunden Arbeitsumgebung ist durch Covid-19 generell mehr in den Mittelpunkt gerückt. Schallschutz, Tageslicht und eine ergonomische Ausstattung sollten eigentlich in jedem Büro selbstverständlich sein. Die starke Nachfrage nach modernen Immobilien, die diesen Standards entsprechen, zeigt das steigende Interesse an diesen Themen. »Erst durch die Pandemie haben viele Unternehmen erkannt, was Arbeitsmedizin und betriebliches Gesundheitsmanagement für den unternehmerischen Erfolg leisten können«, sagt IBG-Geschäftsführer Gerhard Klicka. »Die Arbeitsmedizin ist aus ihrem Schatten getreten.«

Laut EHL Immobilien legen Unternehmen, die eine Neuanmietung in Erwägung ziehen, den Fokus auf hochwertig ausgestattete und besonders nachhaltige Gebäude. Wie eine Studie des World Green Building Council ergab, kann die »Indoor Air Quality« – gemessen an CO2-Konzentration, Feinstaub und Luftzirkulation – die Produktivität von Mitarbeiter*innen um acht bis elf Prozent beeinflussen. Zudem sind Beschäftigte in »Healthy Buildings« im Schnitt dreieinhalb Tage pro Jahr weniger krank.

Fast 90 Prozent unserer Zeit verbringen wir in geschlossenen Räumen. Intelligente Automationssysteme, die das Raumklima, Be- und Entlüftung, Beleuchtung und Verschattung regeln, tragen wesentlich zum Wohlbefinden bei. Andreas Mauer, Chief Architect bei Bosch Building Technologies, erwartet durch die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz einen weiteren Entwicklungsschub: »Wo smarte Technik in der Gebäudesteuerung aufgrund der vorherrschenden Komplexität an ihre Grenzen stößt, wird der Einsatz von KI interessant.«

Durch das Monitoring der Luftqualität kombiniert mit der Zutrittskontrolle passt sich das Lüftungssystem beispielsweise automatisch an die Anzahl der Personen im Raum an – schon bevor die erhöhte CO2-Konzentration zu vorzeitiger Ermüdung führt. Auch die Lichtverhältnisse werden perfekt auf die jeweilige Tages- und Jahreszeit abgestimmt.

Magnet für Fachkräfte
Letztlich erweist sich ein attraktives Arbeitsumfeld auch als Magnet für begehrte Fachkräfte und junge Talente. Das »HEADS« bei München präsentiert sich als Mikrokosmos inklusive Restaurant, Barista-Bar, Concierge-Service, Yoga- und Freizeitraum, Kindergarten und Paketstationen. Die ersten Mieter zogen bereits Ende 2023 ein, darunter große internationale Unternehmen wie der schwedische Hygieneartikelhersteller Essity, die französische Crédit Agricole und das US-Technologieunternehmen Bourns Electronics. Als erstes deutsches Unternehmen mietet der Softwareentwickler Meierhofer AG rund 2.600 m² an, damit ist knapp die Hälfte der Flächen belegt.

Die Unternehmen wissen neben dem ausgeklügelten Nachhaltigkeitskonzept vor allem die offenen New-Work-Bereiche zu schätzen, die offene Teamkultur und Innovationsgeist fördern sollen. Für die Arbeit der Zukunft ist der Gebäudekomplex auch dank seiner digitalen Infrastruktur gewappnet: Den Mietern stehen eine Inhouse-Mobilfunkanlage und auf Wunsch panzersichere Telekommunikationskabel zur Verfügung.

 

Gesundes Arbeiten

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Ergonomie
Eine gute ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes reduziert das Risiko von körperlichen Beschwerden und steigert die Produktivität. Achten Sie auf eine gute Haltung und einen höhenverstellbaren Schreibtisch und Stuhl.

Pausen
Nehmen Sie sich regelmäßig kurze Pausen, um sich zu entspannen und zu bewegen. Stehen Sie auf, strecken Sie sich und machen Sie kleine Spaziergänge, um Verspannungen zu lösen und die Durchblutung anzuregen.

Ernährung
Ausgewogene Mahlzeiten fördern die Konzentration und steigern die mentale Leistungsfähigkeit. Greifen Sie zu frischem Obst, Gemüse, Nüssen und Vollkornprodukten und trinken Sie ausreichend Wasser.

Augen
Wer den Großteil der Arbeitszeit vor dem Bildschirm verbringt, sollte eine spezielle Bildschirmbrille mit Blaulichtfilter tragen, um die Augenbelastung zu reduzieren. Machen Sie regelmäßig, mindestens alle 50  Minuten, Bildschirmpausen.

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