Vorsicht im Umgang mit neuen, ortsflexiblen Arbeitsmodellen: Daniela Krömer und Christoph Wolf, CMS Reich-Rohrwig Hainz, in einem Kommentar zu rechtlichen Anforderungen und Erwartungen zu einem neuen Telearbeitsgesetz.
Seit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert befindet sich der Arbeitsort der meisten Arbeitnehmenden typischerweise an einem von der Arbeitgeberin gestalteten Arbeitsort, wie etwa einer Fabrik oder einem Bürogebäude. Die digitale Revolution unserer Zeit hat diesen Grundsatz der letzten 150 Jahre ordentlich durcheinandergewirbelt: Ein großer Teil der Arbeitnehmenden kann seine Arbeitsleistung nun unabhängig von jenen Räumlichkeiten, die eine Arbeitgeberin zur Verfügung stellt, erfüllen. Denn oftmals wird dazu nicht mehr als ein Laptop, ein Smartphone und eine stabile Internetverbindung benötigt.
Vereinbarungssache
Aus rechtlicher Sicht ist ein veränderter Arbeitsort zunächst kein Problem, denn der Arbeitsort konnte und kann seit jeher frei vereinbart werden. Es gab und gibt weder ein Gesetz, dass das Arbeiten von zu Hause aus, noch eines, dass remote arbeiten je verboten hat. Auch die Kollektivverträge regeln die Rahmenbedingungen für mobile Arbeit teilweise schon seit Jahren.
Das rechtliche Problem stellt sich in der Regel erst dann, wenn es darum geht, wer die Ausstattung des Arbeitsplatzes bezahlt. Es war und ist klar, dass die Arbeitgeberin die Büroräumlichkeiten und andere Arbeitsmittel bereitstellt und diese auch finanziert. Wird im Homeoffice gearbeitet, gerät dieser eherne Grundsatz jedoch ins Wanken. Denn die Kosten für den Arbeitsplatz in der Wohnung werden von den Arbeitnehmenden selbst, und nicht von ihren Arbeitgeberinnen, getragen. Es ist wenig bekannt, dass Arbeitnehmende in diesen Fällen einen Anspruch auf Kostenersatz gemäß § 1014 ABGB gegenüber ihrer Arbeitgeberin haben. Dort, wo ein solcher Anspruch bekannt war, wurde er oft – zulässigerweise – bis an die Grenze der Sittenwidrigkeit vertraglich abbedungen.
Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber im Zuge der COVID-19-Pandemie mit dem Homeoffice-Maßnahmen-Paket 2021 rasch einige Aspekte der Arbeit im Homeoffice geregelt. Neben der – rechtlich nicht zwingend notwendigen – Klarstellung, dass Homeoffice vereinbart werden kann, hat der Gesetzgeber erstmals einen unabdingbaren Anspruch auf Bereitstellung bestimmter Arbeitsmittel durch die Arbeitgeberin bzw. auf Kostenersatz geregelt. Dieser Anspruch betrifft nur digitale Arbeitsmittel wie Computer, Smartphone und Internet. Andere Arbeitsmittel wie Tische, Sessel etc. und auch Kosten für Strom, Heizung oder Miete jedoch nicht. In vielen Arbeitsverträgen ist daher die Formulierung üblich, dass nur die digitalen Arbeitsmittel finanziert oder/und bereitgestellt werden. Ob eine solche Regelung zulässig oder sittenwidrig ist, wurde bislang von der Rechtsprechung nicht geklärt.
Erweiterung auf Telearbeit
Dass das Homeoffice-Gesetz 2021 auf die Arbeit in den eigenen vier Wänden beschränkt war, mag wohl der pandemiebedingten Einschränkung der Bewegungsfreiheit geschuldet sein. Nun, im Jahr 2024, gibt es keine derartigen Beschränkungen mehr. Der Gesetzgeber hat sich daher – endlich – einen Ruck gegeben, und möchte nun eine gesetzliche Regelung treffen, die nicht nur das Arbeiten im Homeoffice, sondern auch ortsungebundene Telearbeit außerhalb der Wohnung umfasst.
Die Innovationskraft des Entwurfs zu Telearbeit – eine endgültige Version liegt zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrags noch nicht vor – hält sich, jedenfalls für Arbeitsrechtler*innen, in Grenzen: Das Wort »Homeoffice« wurde im Wesentlich durch das Wort »Telearbeit« ersetzt. Es soll nun nicht nur die Arbeit in den eigenen vier Wänden, sondern auch die Arbeit an einem selbst gewählten Arbeitsort, der nicht zum Unternehmen gehört, möglich sein – vorausgesetzt die Arbeitgeberin stimmt zu. Ein einseitiges Recht der Arbeitnehmenden auf Telearbeit, oder die Möglichkeit als Arbeitgeberin »Telework« anzuordnen, findet sich nicht im Entwurf.
Mit Zustimmung der Arbeitgeberin ist aufgrund des Gesetzesentwurfs nun ein Arbeiten von überall aus, d. h. in Co-Working-Spaces, im Kaffeehaus, am Strand oder im Gebirge möglich. Vorausgesetzt die Internetverbindung lässt die Erbringung der Arbeitsleistung zu. Arbeitgeberinnen sind auch in diesen Fällen verpflichtet, entweder digitale Arbeitsmittel, insbesondere auch Internet, zur Verfügung zu stellen, oder eben die Kosten für diese Arbeitsmittel zu ersetzen. Der Gesetzesentwurf ermöglicht, so wie die Vorgängerregelung zum Homeoffice, einen pauschalen Kostenersatz, der bis zu einer definierten Höhe (derzeit drei Euro pro Tag, bei maximal 100 Tagen im Jahr) steuerfrei ausbezahlt werden kann.
Das sollten Sie wissen:
1. Das neue Gesetz
Das Homeoffice-Gesetz 2021 war auf die Arbeit in den eigenen vier Wänden beschränkt. Ein neues Gesetz, dass zusätzlich ortsungebundene Telearbeit außerhalb der Wohnung umfasst, liegt nun in einem ersten Entwurf vor.
2. Arbeitsort
Wenn es wie geplant umgesetzt wird, führt das Telearbeitsgesetz vor allem zu finanziellen Veränderungen. Arbeitnehmende sind weiterhin nicht (völlig) frei in der Wahl ihres Arbeitsortes. Denn der Arbeitsort, oder die Möglichkeit, diesen selbst zu wählen, muss weiterhin mit der Arbeitgeberin vereinbart werden.
3. Kostenersatz
Neu ist, dass die Arbeitgeberin auch bei einem Arbeitsort außerhalb der eigenen vier Wände des Arbeitnehmenden die Kosten für digitale Arbeitsmittel, und insbesondere für das Internet, trägt. Auch vor diesem Hintergrund ist der – im Gesetzesentwurf unverändert gebliebenen – Empfehlung, eine Vereinbarung über Telearbeit aus Beweisgründen schriftlich zu schließen, jedenfalls zu folgen.
Über die Autorinnen
Daniela Krömer und Christoph Wolf sind Partner bei CMS Reich-Rohrwig Hainz. 1970 in Wien gegründet, ist die Anwaltskanzlei heute ein führender Spezialist für Wirtschaftsrecht in Österreich und Südosteuropa. An den Standorten in Wien und CEE arbeiten rund 360 Mitarbeitende – davon mehr als 220 Jurist*innen.