Immer heftigere Extremwetterereignisse erfordern entschlossene Reaktionen. Ein Handlungsaufruf von Rainer Sigl
Die Lage ist ernst – und man kann die Warnzeichen nicht länger ignorieren. Erst der viel zu milde Winterbeginn ohne jede Weihnachtsstimmung, wo man sich zum Saisonstart fast in der Badehose am weißen Bandl vom Gletscher runterschwitzen muss, dann Schneechaos z’Fleiß nach den Semesterferien. Frühling? Gibt’s keinen, stattdessen ein irrer Kälteeinbruch just zur Marillenernte! Mai, Juni, wo es an gefühlt jedem einzelnen langen Wochenende nur geschifft hat, und dann ein Sommerbeginn, in dem die eine Hälfte des Kontinents vor lauter Hitze eingeht, während die andere die Wollpullover zum Grillen auspacken muss.
Zum Drüberstreuen: Flutkatastrophen, Hochwasser, Starkregen, Hagel, der eine oder andere Tornado – ohne Schmäh! –, und im Minutentakt Unwetter, Blitzeinschläge, Gewitter, dass sich buchstäblich nur mehr die holländischen Espadrillo-Touristen auf die Berge trauen, während die Adria am italienischen Hausmeisterstrand so warm ist, dass d’ die Vongole fast direkt raus essen kannst!
Ich sag’s Ihnen: Das Wichtigste ist halt, jetzt endlich etwas gegen diese Klimakatastrophe zu tun. Packen wir’s endlich an! Ich zumindest lass mir von hirnlosen Naturgesetzen meinen wohlverdienten Lebensstil nicht versauen – das wär ja noch schöner! Aha, wir haben jetzt also gleich mehrere Wochen tropisch brütende Hitze-
nächte im Sommer, zwischen Pfingsten und Halloween? Darauf kann es nur eine Antwort geben: Friss Klimaanlage, Planet! So heiß kann’s gar nicht werden, dass ich mein Einfamilienparadies am Waldrand nicht saisonlang auf Dauerstirnhöhlenfrost runterkühl! Ja, den Pool gleich mit!
Soso, der Hagel hat dem halben Ort die Obstbäume und die Salatbeete mit tennisballgroßen Eisprojektilen zerschossen? Mir wurscht – mein Schotter-Zengarten aus importiertem Carrara-Feinbruch hält das locker aus – und wer braucht bitte den schneckengrindigen Pflücksalat und die wurmigen Nagelwurzspalierbirn, wenn ich mir das Obstkistl mit honduranischen Bio-Avocados und Flugmangos aus Sumatra direkt in den feuerverzinkten Zweit-Carport liefern lassen kann? Im Amazon-Dauerabo!
Auf ins ewige Eis
Italien zu heiß? Dann flieg ich halt im Sommer auf die ganzjährig wohltemperierten Azoren oder mach eine dieser spektakulären Antarktiskreuzfahrten ins ewige Eis – in zehn Jahren ist es dafür sowieso zu spät! Im Winter kein Schnee? Ab zum Heli-Skiing auf den unberührten Hängen des Kaukasus – im wildromantischen Aserbaidschan kann sich noch jedermann Fünf-Sterne-Luxus leisten! Hagelschaden? Mein Urban-Jungle-Monster-SUV mit Chassis aus dreifach gehärtetem Gusseisen-Karbon hält sogar Steinschlag bis Korngröße 20 Zentimeter aus – und Minikühlschrank sowie Passagier-Kino sind Standard!
Wie heißt es so schön: Es gibt kein schlechtes Klima – nur schlechte Ausrüstung. Die Natur will Krieg? Kann sie haben. Höchste Zeit, den Planeten wieder mal dran zu erinnern, wer der Herr im Haus ist.