Die bunte Welt der internationalen Spionage ist in Österreich schon immer zu Gast bei Freunden. Ein diplomatischer Zwischenfall von Rainer Sigl.
Die immerselben Ami-Agenten in »Mission: Impossible«, der endlos öde Martini im britischen James Bond, irgendwelche globalisierten Amnesie-Haudraufs in der »Bourne«-Reihe – gähn. Eigentlich ist es unfassbar ungerecht, dass sich Hollywood nicht längst daran erinnert hat, dass Österreich die perfekte Kulisse für umwerfend originelle Spionagestoffe abgibt. »Der Dritte Mann« ist schon ein Zeiterl her, dass Timothy Dalton als 007 in Wien war, ebenso; und das Dauergeballere auf der Donauplatte in »Tyler Rake 2« neulich – nnnnnaja.
Dass unser schönes Land gewissermaßen das Mekka der Spionage und dabei vor allem Wien die Welthauptstadt diverser Agententätigkeiten ist, lässt sich zum Beispiel schon daran ermessen, dass hierzulande kein einziger Spionageskandal »das Land erschüttert«, wie es so schön heißt. Erschüttert – wir? Never! Wen juckt’s wirklich, wenn irgendsoein Verfassungsschutz mit der Subtilität einer ausgekommenen Maurerflex hochgenommen wird, wer zuckt überhaupt noch mit den Achseln, wenn Geheimnisträger irgendwelche feuchtfröhlich wasserversenkten Handys von Regierungsmitgliedern den freundlichen Kollegen aus Petersburg kameradschaftlich zur Weiterverwendung überlassen, wen stört’s, wenn geschätzte diplomatische Gäste vom Dach ihrer Botschaft aus die halbe Welt bei UNO-Versammlungen mit Richtmikrofon-Satellitenschüsseln mit der Fläche von halb Eisenstadt abhören? Uns auf jeden Fall nicht, weil: Wir sind neutral, gell, und zwar immerwährend!
Schauma mal
Neutral heißt: Mit allen Seiten in lukrativen Umarmungen derart verbandelt zu sein, dass man sich quasi überall ins eigene Fleisch schneidet, wenn’s ans moralisch überhebliche Kappen irgendwelcher Geschäfte ginge. Anderswo rümpft man allzu bereitwillig über diesen und jenen auf der anderen Seite die Nase, aber hierzulande heißt’s: Schauma mal, dann sehn ma schon. It’s my wedding, and I knicks if I want to, und überhaupt: Wenn zwei sich streiten, haben meistens irgendwie immer beide Schuld – lieber nicht anstreifen! Nicht jeder russische Oligarch hat eigenhändig sechs Ukrainer erwürgt, nicht jeder saudische Prinz zersägt in seiner kargen Freizeit Journalisten und außerdem: Von irgendwelchen willkürlichen Sanktionen kommt jetzt auch kein einziges Kärntner Seegrundstück wieder zurück.
Jedenfalls, Hollywood, falls das jemand mit brachliegendem Produktionsbudget liest: Psst, ich hab da ein Drehbuch liegen, das sprengt 50 Jahre Spionagefilm-Langeweile in die Luft. Eine österreichische Doppel- und Dreifachagentenstory irgendwo zwischen Kottan und 007, mit Hauptfiguren, die sich Manfred Deix und Hieronymus Bosch auf Stechapfeltee nicht charakterköpfiger ausdenken hätten können, internationale Spionage, Freundschaftsverträge, Finanzbetrug, und, und, und – es ist ein kleines Land, aber es hat so viel zu bieten, dagegen schaut der neue Bond, falls er dann irgendwann mal kommt, schon jetzt alt aus. Regie: Ulrich Seidl. Call me!