Pandemie, Krieg, Klimawandel? Alles kein Grund, so deppert herumzustressen. Ein Aufruf zur österreichischen Gelassenheit von Rainer Sigl.
Das planetare Klima kollabiert, die Pandemie holt Schwung für den nächsten Winterurlaub und unsere Gasrechnung bezahlt einen Genozid in der Nachbarschaft, da gibt es nur eines: Nur net hudeln, is schon recht, schaun ma mal. Bitte, ich weiß, dass heute überall alle aufgeregt sind und alles gleich sofort ganz dringend ist, aber ich sag Ihnen, es bringt halt einfach nix, wenn man hudelt. Vom Hudeln kommen nur Kinder, und vom zu viel Hudeln nicht einmal die, deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass sich Österreich seit Jahren, was rede ich, Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten in der Kunst der Gemütlichkeit übt.
Von Gerasdorf nach Favoriten
Zum Beispiel mit diesem Klima. Ich mein, jetzt hören wir das seit vierzig Jahren, dass es jetzt aber wirklich dramatisch ist und keine Zeit mehr bleibt und ja, ja, ja, aber im Ernst: Wenn wer so stresst, hab ich schon gleich keine Lust mehr. Natürlich will man da was machen, nicht, aber wenn die Rettung von diesem Planeten wirklich so aufwendig ist, wie die Klimagschroppn da dauernd behaupten, dann finde ich halt schon, dass man auch die Alternativen zumindest einmal anschauen sollte. Und eine Autobahn durch ein Naturschutzgebiet jetzt deshalb nicht bauen, weil vielleicht in Bangladesh oder sonstwo da unten ein paar Millionen Leute überschwemmt werden, ich sag ehrlich: Wer muss sich jeden Tag mühsam von Gerasdorf nach Favoriten quälen – die oder ich? Eben!
Ruhe im Sommer
Oder diese Pandemie. Ich kann das nicht mehr ernst nehmen. Bitte, jetzt muss einmal Schluss sein, ich und viele andere, wir haben da jetzt einfach kein Verständnis mehr dafür. Im Sommer wenigstens soll eine Ruh sein damit! Da lob ich mir den Bildungsminister mit der verhaltensauffälligen Frisur, weil der will auch jetzt keine weitere Energie darauf verschwenden und völlig vernünftig erst im Herbst schauen, wie und wo und aha, soso, oje, weil im Ernst: Nur weil alle hochausgebildeten, topinformierten, frustriert die Hände über den Kopf zusammenschlagenden Experten jetzt warnen, muss das noch immer gar nix heißen.
Netrebko und meine Gastherme
Und das mit dem Krieg und dem Gas und der ganzen Aufregung: Wer weiß, ob im Herbst nicht schon längst wieder eine Ruh ist! Wegen so einem lächerlichen Streit unter Brudervölkern die Netrebko und meine Gastherme skandalisieren? Sicher nicht! Einfach weniger dramatisieren, das Ganze mit etwas Gelassenheit sehen, weil: Irgendwie wird’s schon passen, ich mein, ich persönlich glaube ja, dass da schon immer beide ein bisschen Schuld sind, wenn so ein Streit so ausartet. Oder? Eeeeeeeben.
Und? Merken Sie das, diese innere Ruhe? Dieses angenehme Gefühl der Wurschtigkeit? Diese innere Freude über Kleinheit, Unwichtigkeit und die Gewissheit, dass man eh nix ausrichtet? Das ist es. Das, mein Lieber, ist österreichisches Zen. Blunzen. Weil’s wurscht ist.
(Titelbild: iStock)