Der Umgangston im politischen Diskurs lässt zu wünschen übrig. Aber: Wir sind nicht so.
Ja, man muss es schon zugeben: Schön ausschauen tut das nicht. Es ist nicht wahnsinnig sympathisch, wenn sich höchste Würdenträger der Republik unter Ausschluss der Öffentlichkeit und hinter vorgehaltener Hand über das Volk, das immerhin ihre üppigen Gehälter zahlt, über politische Mitbewerber und/oder Parteifreunde auf ähnlich subtile und freundliche Weise äußert, wie man das dereinst den syphilitischen Freudenmädchen der dreckigsten Bierkutscher nachgesagt hat. (Die Huren der Reichen, so nehme ich an, hätten sich gehobenerer Sprache bedient.) Oder, um es dem Anlassfall gemäß kürzer zu umschreiben: Es ist oasch.
Cui bono?
Allerdings muss man schon auch sagen: Was erwachsene Menschen untereinander im Privaten so besprechen, geht niemanden was an. Ist es gerecht, dass ein junger, erfolgreicher Politiker nur deshalb strauchelt, weil seine spitzbübisch eingefädelten Parteirankünens mit ein bisschen Mauscheln im Medienwald plötzlich nur wegen so einer depperten Time Capsule ruchbar werden? Wem ist wirklich damit gedient, wenn drollige, gewiss der langen politischen Tradition geschuldete Kose- und Necknamen für den politischen Gegner aus dem Dunkel halb ersoffener Handy-Chats ans Tageslicht gezerrt werden? Gsindl, ist das nicht auch ein bisschen zärtlich gemeint? Und: Wer anderen einen schönen Schitag wünscht, hat garantiert keinen bösen Gedanken im Hinterkopf. Im Gegenteil: Wer sind denn hier die wahren Opfer? Cui bono, frag ich?
Und außerdem: Als gäb’s keine anderen Probleme! Als hätte man nicht die höchste Arbeitslosigkeit ever, den chaotischsten Corona-Schlingerkurs, eine nichtexistente Bildungspolitik aus dem 19. Jahrhundert sowie tausend andere Krisenherde – und da werden dann solche Sachen ausgegraben, um die erfolgreiche Regierungsarbeit anzupatzen! Pfui, sag ich!
Jeder Chat ein Gfrett
Wäre man naiv und wüsste nicht um den Würgegriff der faschistoiden Cancel-Culture, müsste man treuherzig anmerken, dass das alles verdächtig nach den Methoden eines gewissen jüdischen Großmeisters der politischen Intrige aussieht, aber leider, wir wissen es eh: Man darf nicht mehr alles sagen.
Deshalb stattdessen eine aufrichtige Entschuldigung und ein Gelöbnis der Besserung. Eine Entschuldigung dafür, dass hier offenkundig gedankenlos und auf letztlich verletzende Art und Weise mit Telekommunikationsgeräten und ihren Back-ups umgegangen wurde. Ein aufrichtiges »Es tut uns leid« dafür, dass das alles öffentlich geworden ist. Und ein Versprechen: Niemals wieder möge auf derart leichtsinnige Art und Weise per Chat und SMS verewigt werden, was so viel Unheil anrichten kann! Ja, wir haben unsere Lektion gelernt – in Zukunft wird alles anders.
Die oberste Prämisse möge von nun an lauten: Jedes Schrifterl ein Gifterl – jeder Chat ein Gfrett.