Die neue Normalität ist eine Zumutung. Zeit für etwas dadaistische Intervention.
Eigentlich wollte ich an dieser Stelle mal wieder etwas anderes besprechen. Weil: Es ist ja nun nicht so, dass es für Satiriker in diesem Land keine Themen gäbe – im Gegenteil! Wie die eine Regierungspartei verbissen gegen ihr christliches und die andere gegen ihr humanistisches Erbe ankämpft, wäre wohl schon die eine oder andere Zeile wert, genauso wie das erstaunliche Faktum, dass man in diesem Land zugleich höchste Regierungsämter bekleiden und das in lästigen Korruptionsermittlungen gefragte Erinnerungsvermögen eines dementen Eichkatzerls haben kann. Zu urwüchsigen Tiroler Stammesgesellschaften werden noch Generationen von Kabarettisten arbeiten, diverse Politikerinterviews im TV werden noch nach Jahrzehnten zu lustigen Potpourris zusammengeschnitten laufen und das Kaufhaus Österreich, bitte, mir tut jetzt noch das Zwerchfell weh. Man lebt also in für Satire ergiebigen Zeiten. Und trotzdem gibt’s nur ein Thema.
Ein Hauch von Unmut
Weil bitte, es ist Folgendes: Ich gewinne dem schon ein Jahr dauernden Ausnahmezustand zunehmend nicht nur Positives ab. Es geht mich schon ein bissi an. Man könnte sagen, dass ich einen Hauch Unmut verspüre angesichts ehschowissen, dass es mir schon ein Futzerl reicht und ich möglicherweise ein wenig auf 180 bin, wenn das C-Wort fällt. Weil: Oida. Und ja, es erscheint mir nicht ganz unklar, dass möglicherweise der eine oder andere da auch schon hin und wieder sich mal gedacht hat: »Uijegerle, heute find ich das alles plötzlich gar nicht mehr SOOOOO super alles, haha!« Könnte ja sein.
In dem Fall mein Tipp: Lassen Sie Ihren Groll nicht an Partner, Kindern, Haustieren oder TV-Gerät aus, sondern bündeln Sie Ihren Frust kreativ zu kleinen dadaistischen Alltags-Interventionen, die das Zeug haben, sich zu revolutionären Momenten zu verdichten. Wenn es Sie grad besonders anzipft: Öffnen Sie das Fenster, lassen Sie frische Frühlingsluft hereinströmen, atmen Sie tief ein und brüllen Sie ein herzhaftes »Mahlzeit!« in die Nachbarschaft. Ja, auch nachts. Wenn das nächste Mal der Amazon-Paketbote anläutet, trinken Sie ein Schnapserl und bieten Sie auch dem jungen Mann eins an; an dichter belieferten Tagen werden Sie damit auf jeden Fall beliefert dichter. Setzen Sie Ihre Katze zur Videokonferenz vor die Webcam und schreien Sie aus dem Off, dass das nur der Filter ist.
Treten Sie der örtlichen Querdenker-WhatsApp-Gruppe bei und verkünden Sie, dass gesicherten Informationen zufolge in 100% der Geimpften Gene gefunden wurden. Posten Sie Fotos vom Beserlpark auf der Lonely-Planet-Facebookseite. Schleppen Sie beim Spazierengehen Ihren Ficus Benjamini an der Leine hinter sich her und erklären Sie jedem, der es hören will, dass Ihr Hund im Lockdown total bewegungsfaul geworden ist. Tragen Sie zusätzlich zur FFP2-Maske im Gesicht auch noch den BH Ihrer Gattin am Kopf, um den Alltag der Supermarktangestellten aufzulockern.
Aber der aller-, allerwichtigste Tipp: Schauen Sie keine Pressekonferenzen mehr an – das ermuntert die nur. Bleiben Sie gesund! Psychisch. Und sonst auch.
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