Die moderne Arbeitswelt fordert Flexibilität – nicht nur von Mitarbeiter*innen, sondern auch von den Vermietern von Büros. »Serviced Offices« sind die Antwort.
Das Jungunternehmen, das eine Gründungsidee zunächst ausprobieren will, der internationale Konzern, der für sein Projekt vorübergehend ein Büro in Wien braucht, oder der Klein- und Mittelbetrieb aus einem Bundesland, der für seine Expansion eine kleine Niederlassung in der Hauptstadt benötigt. Das sind nur drei Beispiele von vielen, auf die der Markt für »Serviced Offices« zugeschnitten ist. Büros also, in die man kurzfristig einziehen kann, ohne sich um das Rundherum kümmern zu müssen. Schon seit Anfang der 2000er-Jahre seien solche Serviced Offices am Markt, erklärt Stefan Wernhart. Als Geschäftsführer von EHL Gewerbeimmobilien weiß er, was Unternehmen derzeit suchen: »Flexibilität und Qualität« sind die Schlagworte, unter denen der aktuelle Trend am Büromarkt zusammengefasst werden könne. Der starke Trend nach oben wurde allerdings erst durch die Coronapandemie ausgelöst. Plötzlich wussten Unternehmen nicht mehr, was morgen passieren würde. Lieferketten waren unterbrochen, die Nachfrage stockte, das Personal arbeitete von zu Hause. »Ein Bruch in der Bürowelt ging damit einher«, so Wernhart. Vielen Unternehmen wurde klar: Sie brauchen weniger Bürofläche und sie benötigen viele Flächen nur vorübergehend.
Büromarkt unter Druck
Die Veränderungen in den Arbeitsweisen der Menschen – vor allem das zunehmende Homeoffice – setzt den traditionellen Büromarkt bis heute unter Druck. Unternehmen brauchen kleinere Flächen, sparen damit Kosten und nehmen Untermieter in die frei gewordenen Büros. Die jüngsten Statistiken untermauern diesen Trend: So betrug die Vermietungsleistung in Wien im ersten Quartal 2024 exakt 33.310 Quadratmeter, das sind um 15 Prozent weniger als im vierten Quartal 2023 und um ebenfalls etwa 15 Prozent weniger als im ersten Quartal 2023, wie aus den Daten des Vienna Research Forum, einer Vereinigung der führenden Immobilienmakler, hervorgeht.
Große Büroimmobilienanbieter nutzen Leerstände, um diese Flächen als Serviced Offices anzubieten und setzen auf gemischte Nutzung. »Zum Beispiel dient eine Etage in einem Bürohaus als Serviced Office, die anderen nutzen langfristige Mieter«, erklärt Katrin Gögele, Country Managerin Austria bei der Immofinanz, die mit myhive einen wichtigen Player am Wiener Markt für Serviced Offices stellt.
Bild: »Flexibilität wird immer wichtiger«, sagt Katrin Gögele-Celeda, Country Manager Austria & Adriatic, Immofinanz AGe. Die wirtschaftliche Situation von Unternehmen ändere sich rascher als früher. Viele Betriebe wollen keine langfristigen Mietverträge, aus denen sie im Krisenfall nicht herauskommen.
Myhive hat sein Angebot selbst äußerst flexibel gestaltet. Mieter können aus einer Palette zwischen myoffice (ein ganzes Büro) über myroom (ein Büroraum) bis zu myflex (ein Bürotisch), der nicht fix zugewiesen ist, wählen. Wie groß der Markt für diese flexiblen Büros in Österreich ist, lässt sich nicht einfach ermitteln. »Wir rechnen hier nicht in Quadratmetern, sondern in Arbeitsplätzen«, erklärt Gögele. Und so flexibel wie der Markt ist auch das Angebot. Wenn sich die Zeiten ändern, könnten aus den Serviced-Office-Mietern auch wieder langfristige Mieter werden. Bei myhive würden sie dann einfach einen Stock höher oder tiefer im selben Gebäude übersiedeln. Der Markt für diese flexiblen Büros ist im Vergleich zu den langfristig gemieteten Büros aber noch klein. Er dürfte sich im niedrigen einstelligen Prozentbereich bewegen.
Monatlich kündbar
Im aktuell unsicheren wirtschaftlichen Umfeld aber steigt die Nachfrage nach diesen rasch beziehbaren und rasch kündbaren Büros. Üblicherweise seien die Verträge monatlich kündbar, sagt Gögele. Das entspricht dem Wunsch vieler Unternehmen, vor allem der jungen Gründergeneration. Viele kommen aus dem IT-Bereich. Wer wolle sich da schon langfristig binden, wenn man nicht wisse, wie sich die Wirtschaft in einigen Monaten entwickelt? Drei bis vier Monate würden Mieter in diesen Büros in Durchschnitt bleiben, erklärt die Expertin der Immofinanz. Flexibel wie die Kündigungsfristen ist auch das Angebot rund um das gemietete Büro. Je nach Wunsch der Mieter können kurzfristig Meetingräume dazugebucht werden, auch die Nutzung von Fitnessräumen, Massagen oder Kaffee- und Getränkeservice ist bei manchen Anbietern möglich.
Einfach oder nobel
Die Bandbreite unter den Serviced Offices ist groß. Da gibt es auf der einen Seite einfach nur das Recht, einen Schreibtisch in einem Büro zu nutzen. »Das ist kein zugewiesener Tisch. Die Mieter müssen sich jedes Mal, wenn sie kommen einen Schreibtisch suchen. Dort locken sie sich mit ihrem Laptop ein und können arbeiten«, beschreibt Gögele die billigste Variante. Am anderen Ende des Angebotsspektrums liegen hochwertige Büros, bestens serviciert, erstklassig ausgestattet mit hochwertigen Büromöbeln, Designer-Meetingrooms, Conciergeservice.
Bild: »Qualität ist extrem wichtig. Konzerne wollen herzeigbare Offices haben«, sagt EHL-Gewerbeimmobiliengeschäftsführer Stefan Wernhart.
Der Fokus beim Großteil der Serviced Offices liege auf den Dienstleistungen. Das beginnt schon beim Betreten des Bürogebäudes, wo ein Portier die Besucher*innen begrüßt. Ein Telefonservice erkennt an der angerufenen Nummer, welches Unternehmen die Anrufer*innen sprechen wollen und meldet sich mit dem entsprechenden Firmennamen. Die Büros selbst sind in einheitlichem Design ausgestattet, ebenso die buchbaren Meetingräume. Für die Mieter und deren Besucher*innen stehen Kaffee, Tee oder Getränke zur Verfügung. Inbegriffen ist auch die Reinigung. Zusätzlich buchbar sind in einigen Fällen Freizeitangebote wie Sportkurse oder Events.
Das Arbeiten in diesen servicierten, flexiblen Büros kann für die eingemieteten Unternehmer*innen auch Vorteile haben, an die sie zunächst nicht gedacht haben. »Es entsteht oft eine schöne Community, die sich austauscht«, sagt Gögele. In den Gesprächen beim Kaffeetrinken könnten neue Geschäftsideen oder Kooperationen entstehen. Vor allem im IT-Bereich sind die Themen oft so komplex, dass sie ohnehin nur gemeinsam zu lösen sind. Partnerschaften und Zusammenarbeit sind gefragt. Networking und Austausch werden in dieser neuen Art von Büros großgeschrieben. »Das schätzen viele«, ist Gögele überzeugt.
Eine Frage des Preises
Flexibilität und Service kosten natürlich. »Die Preise können schon mal das Doppelte eines üblichen Büros erreichen«, erklärt Wernhart. Einen flexiblen Schreibtisch gibt es ab 199 Euro pro Person und Monat. Ein Arbeitsplatz mit Rundumservice kommt auf etwa 500 Euro pro Person und Monat. Dazwischen gibt es alles – je nach gebuchtem Zusatzservice.
Der einfache Vergleich mit einem konventionell und langfristig gemieteten Büro hinkt allerdings. Denn in den Preisen für Serviced Offices ist alles enthalten, es kommen keine zusätzlichen Kosten für Strom, Gas oder Reinigung dazu. »Rechnet man das alles sowie die Zusatzservices ein, liegen die Preise für herkömmliche Büromieten und jene für Serviced Offices nicht weit auseinander«, meint Wernhart. Da die Nachfrage nach flexiblen Büros wächst, steigen auch die Preise. »So wie die Kosten im Hintergrund erhöhen sich auch die Preise für Serviced Offices«, erklärt Gögele. Vor zwei, drei Jahren kostete die oberste Kategorie dieser Büros noch etwa 390 Euro.
Mieten & teilen
Serviced Offices. Unter diesem Schlagwort versteht man Büros, die vollständig ausgestattet sind und kurzfristig gemietet werden können. Sie verfügen – je nach Anbieter oder auch je nach Wunsch der Kund*innen – über eine Reihe von Zusatzangeboten wie Meetingräume, Portier, Gemeinschaftsräume zum Essen oder Kaffeetrinken, Telefon- und Postservice, Reinigung etc. Die Preise für die Miete sind all-inclusive. Auf die Mieter*innen kommen keine zusätzlichen Kosten zu. Zudem sind diese Büros meist monatlich kündbar. Gemietet werden sie nicht nach Quadratmetern, sondern nach Arbeitsplatz. Die Preise liege zwischen 199 und 500 Euro je Arbeitsplatz.
Co-Working. Die Übergänge von Serviced Offices zum Co-Working sind manchmal fließend. In Co-Working-Spaces arbeiten üblicherweise Start-ups, kleine Firmen oder Studenten zusammen. Die Büroräume sind nicht abgetrennt, die Arbeit findet in Großraumbüros statt. Jede*r kommt mit dem eigenen Laptop, steckt ihn an, wo gerade Platz ist, und beginnt mit der Arbeit.
Virtuelle Büros. Einige Anbieter von Serviced Offices haben auch virtuelle Büros im Programm. Offeriert werden Adressen mit Front- und Backoffice-Unterstützung, Post- und Rezeptionsservice sowie mehrsprachigem Telefonservice.
Die Top-Anbieter in Österreich
1. Regus. Der international agierende Konzern, der sich auf flexible Büros spezialisiert hat, ist in Österreich die Nummer 1. Regus wurde 1989 in Brüssel gegründet und verfügt derzeit über rund 3.000 Büroimmobilien in 120 Ländern. In Österreich ist Regus mit Büros in Wien, Graz, Linz, Klagenfurt und Hall in Tirol präsent.
2. Your Office. An fünf Wiener Standorten, darunter die »Albert Hall« im 8. Wiener Gemeindebezirk, bietet Your Office flexible Büros, Konferenz- und Eventräume an. 170 Einzelbüros und 40 Konferenzräume umfasst das Angebot. Auch virtuelle Büros sind bei Your Office zu mieten.
3. MyHive. Der zur Immofinanz zählende Vermieter Myhive ist in Wien sowie Bratislava, Budapest, Bukarest, Prag und Warschau aktiv. In Wien werden Serviced Offices und Co-Working-Spaces an fünf Standorten angeboten.