Donnerstag, Jänner 16, 2025
»AI muss man richtig einsetzen können«

Die Coronakrise brachte viele Unternehmen dazu, ihre Prozesse zu überdenken. IT-Lösungen, die nur digitale Dokumente verarbeiten können, seien aber nur eine halbe Sache, meint Georg Mündl, Leiter des Geschäftsfeldes Mail Solutions der Österreichischen Post AG.

(+) plus: Welche Kunden sprechen Sie an?

Georg Mündl: Wir richten uns an Unternehmen und Organisationen, die sehr viele Endkunden und eine große Menge an ein- und ausgehenden Transaktionen haben. Das sind z.B. Banken, Versicherungen, Energieversorger oder Telekommunikationsunternehmen, aber auch die öffentliche Hand. Mit unseren digitalen Lösungen können diese Organisationen ihre Geschäftsprozesse optimieren und beschleunigen. Wenn Sie bei einer Versicherung einen Antrag einbringen und das Geld schon am nächsten Tag und nicht erst nach drei Monaten bekommen, ist das für Sie als Endkundin eine deutliche Verbesserung. Für das Unternehmen bedeutet es erhebliche Einsparungen.

(+) plus: Und welche Prozesse betrifft das?

Mündl: Große Organisationen erhalten täglich zehntausende Dokumente. Wir bieten an, den gesamten Posteingang inklusive E-Mails und Nachrichten über WhatsApp oder andere Messenger zu sammeln und elektronisch aufzubereiten. Mittels Artificial Intelligence werden die Dokumente anhand festgelegter Keywords gefiltert und die Geschäftsfälle der jeweiligen Abteilung zugewiesen. Der zuständige Mitarbeiter hat sofort die relevanten Daten verfügbar.

(+) plus: Wie unfehlbar ist AI?

Mündl: Wir implementieren diese Lösung sehr häufig und verfügen bereits über viel Erfahrung. Artificial Intelligence muss man richtig einsetzen können. AI ohne Verifizierungsstufe – das ist gefährlich. Eine Qualität von 85 bis 90 % ist schnell erreicht. Die verbleibenden unklaren 10 % der Fälle geben wir dem Kunden nicht einfach weiter, sondern lassen Dokumente und Geschäftsfälle noch einmal von Mitarbeitern prüfen.

(+) plus: Welche Vorteile bietet Mail Solutions noch?

Mündl: Unsere Kunden müssen nicht in teure Technik investieren und sich Sorgen über die Implementierung machen. Bei uns steht ein fertiges, AI-basiertes Gesamtpaket zur Verfügung. Wir bieten drei Lösungen für große und mittlere Organisationen: die digitale Aufbereitung der gesamten Posteingänge, digitale Dokumenten-Workflows sowie ein Output-Service mit physischem und elektronischem Versand in integrierter Form. Viele vergessen, dass es beim Posteingang einen nicht unerheblichen physischen Teil gibt. Auch diese Kunden muss man mitnehmen. 

(+) plus: Brachte die Coronakrise in den Unternehmen einen Digitalisierungsschub?

Mündl: Während eines Lockdowns bringt der Briefträger jeden Tag die Post und niemand im Unternehmen macht sie auf, weil die Mitarbeiter wochenlang im Homeoffice sind – diese Vorstellung ist in Zeiten wie diesen gar nicht so unwahrscheinlich. Mail Solutions bietet mit dem »Digitalen Posteingang« die Möglichkeit, Sendungen auf elektronischem Weg und somit völlig kontaktlos zu erhalten. In der Corona-Zeit haben einige Unternehmen diese Möglichkeit genützt. Mit einer verstärkten Online-Kampagne erreichten wir rund 4.000 IT-Experten, Geschäftsführer und Prozessmanager.

(+) plus: Ab welcher Menge rechnet sich das?

Mündl: Es sollten mindestens 50 Transaktionen pro Tag sein. Viele unserer Kunden sind mittelständische Unternehmen, etwa Speditionen mit hohem Belegvolumen. Speziell für kleine Unternehmen bieten wir die Lösung »Tages-Post«. Ein Installateur, der pro Tag etwa fünf Kunden besucht, muss am Abend die Rechnungen ausdrucken, kuvertieren und verschicken. Eine Alternative wäre, die Briefe auf www.tages-post.at hochzuladen, mit Kreditkarte zu bezahlen und zu versenden. Das geht alles quasi vom Schreibtisch aus – ein Service für KMU oder Selbstständige, die ihre Kundenkommunikation einfach und rasch abwickeln wollen.

(+) plus: Wie lässt sich der Versand optimieren?

Mündl: Was viele nicht wissen: Die Österreichische Post AG betreibt die größte Transaktionsdruckerei, 25 % der versendeten Briefe produzieren wir bereits selbst. Unternehmen, die ihren Kunden Rechnungen, Polizzen, Wertschriften etc. zukommen lassen möchten, können das von uns erledigen lassen. Zusätzlich haben wir eine Digitalisierungsstufe eingebaut – den sogenannten E-Brief. Die Druckdaten werden elektronisch angeliefert und in unserem System abgeglichen. Wenn der Kunde für den E-Brief angemeldet ist, wird das Schreiben elektronisch zugestellt; falls nicht, bekommt er es in physischer Form. Die Versender können sich somit hohe Portokosten ersparen. Wir konnten bereits einige große Unternehmen wie Generali, Bank Austria oder die Wiener Linien für diesen Weg der dualen Zustellung gewinnen. Die Liste ist noch ausbaufähig, aber manchmal stehen sich Unternehmen bei der Digitalisierung selbst im Weg.

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