Schuldenbremse in die Verfassung? Pah! Nur mit wirklich radikalen Umstrukturierungen lässt sich das Unternehmen Österreich noch retten. Ein paar Vorschläge von Rainer Sigl.
Mal ehrlich: Würden Sie Ihr Unternehmen so führen, wie dieses Land geleitet wird, würden Sie von Rating-Agenturen nicht mal mit einem spitzen Stock angerührt. Gut, dass es die Krise gibt, die aufzeigt, dass es in der freien Marktwirtschaft, in der wir ja per unumstößlichen Naturgesetzen leben, einfach so nicht weitergehen kann wie bisher. Gott sei Dank schaffen es die wohlmeinenden Ratingagenturen, auch den Politikern dieser Welt nun das kleine Einmaleins der Wirtschaft nahe zu bringen.
Die gute Nachricht zuerst: Österreich, egal, wie mies die Gesamtlage ist, hat einige Assets, die sich in einem ersten finanziellen Befreiungsschlag während der notwendigen Übergangsphase hin zur Profitabilität kurzfristig zu Geld machen ließen. Finanzstarke chinesische Konzerne haben anklingen lassen, dass sich etwa die Altstädte von Salzburg und Wien hervorragend in den geplanten »Old World«-Themenparks von Wangzhou machen würden, und arabische Investoren zeigten sich mehr als interessiert daran, einige der österreichischen Seen mit Trinkwasserqualität in Lease-to-buy-Varianten als exklusive Feriendomizile zu erwerben. Über die dann nötig werdende Vollverschleierung der weiblichen Restbevölkerung wird selbstredend noch gesondert verhandelt, aber im Vertrauen: Da schauen garantiert noch ein paar Milliarden extra raus!
Wenn dann damit die ärgsten Cashflow-Probleme beseitigt sind, geht’s an die schmerzhafteren, aber notwendigen Umstrukturierungen. Zuerst zum einfachsten Part: Unsere Analysen haben ergeben, dass der bisherige Unternehmensvorstand (»Parlament«) hoffnungslos überdimensioniert, hilflos und überfordert ist. Ah, ich sehe schon, da regt sich spontane Zustimmung! Kurzum: Das gesamte obere und mittlere Management (»politisches System«) dieses schönen Landes muss radikal gesundgeschrumpft werden, am besten durch konsequentes Outsourcing. Diesbezüglich laufen ohnedies schon Vorbereitungen in ganz Europa. Klar wird es dabei zu kleineren Anpassungen in der bisherigen Unternehmenskultur (»Demokratie«) kommen müssen, aber ein vernünftiger Ersatzvorschlag für diese, seien wir uns ehrlich, unpraktische Auswahlfolklore wäre etwa, die Angestellten (»das Volk«) in regelmäßigen medial aufgepeppten Casting Shows (»Wahlgängen«) für ihre Favoriten voten zu lassen. Ein Alternativvorschlag wären vielleicht auch Schlamm-Wrestling-Events – da wären Berufsumorientierungen für die Betroffenen wohl am einfachsten – oder aber Containershows à la »Big Brother«, Titelvorschlag spontan: »Hohes Haus – wer muss raus?« Da wär’s vorbei mit der Politikverdrossenheit, aber hallo!
So weit, so allgemein akzeptabel, aber jetzt kommt’s: Der verschlankten Leitung des auf neue Beine gestellten Unternehmens Österreich fällt dann leider, leider die traurige, aber notwendige Aufgabe zu, sich von jenen Angestellten zu trennen, die man als defizitär ansehen muss – und da gibt’s leider so einige Desinvestitionskandidaten. Manche, so haben wir bei nur oberflächlicher Prüfung festgestellt, bringen sich tatsächlich skandalöserweise ü-ber-haupt nicht proaktiv ins Firmenleben mit ein, kassieren aber trotzdem! Klar gibt es darunter auch potenzielle High Potentials (»Kinder«), für die man bei Bedarf möglicherweise in Zukunft mal Verwendung haben wird – die halten wir dann halt bis auf Weiteres in Evidenz, vielleicht gibt’s ja auch mal wo ein bilanzschonendes Praktikum –, aber in anderen Bevölkerungsbereichen werden wir wohl ganze Abteilungen zusperren müssen, weil sie offen gestanden seit Jahrzehnten rote Zahlen schreiben. Ein Beispiel: Welches Unternehmen kann es sich heutzutage realistischerweise leisten, immer mehr toxische Altlasten (»Senioren«) in den Büchern stehen zu lassen? Eben! Ja, klar, diese Trennungen werden hart – um unschöne Szenen zu vermeiden, sollte deshalb das Sicherheitspersonal höflich, aber mit Nachdruck darauf achten, dass beim Verlassen des Firmengeländes (»Staatsgebiet«) Staatsbürgerschaftsnachweis und Pass auch tatsächlich abgegeben werden.
Klar sind das nur erste Schritte, aber Sie werden sehen: Wirtschaftlich wird es uns nach diesem bedauerlichen, aber leider absolut notwendigen Gesundschrumpfungsprozess auf die tatsächlichen Aktivposten wirtschaftlich sofort merkbar besser gehen; wenn alles gut läuft, schreiben wir dann in ein, zwei Jahren sogar schwarze Zahlen! Dann klappt’s auch mit dem Rating! Denn, klaro: Geht’s der Wirtschaft gut … Frohe Weihnachten!