Als Basis für Innovation sind Datacenter-Flächen in Österreich heute gut ausgelastet – mit wachsender Tendenz vor allem bei KI-Anwendungen. Im Gespräch dazu Martin Madlo, Managing Director Digital Realty Austria.
Wie ist es Ihren Kunden heuer ergangen? Hat sich die Rezession auch auf das Geschäft von Rechenzentrumsdienstleistern und Colocation-Anbietern niedergeschlagen?
Martin Madlo: Wir sehen ein antizyklisches Verhalten. Firmen überlegen sich, wie sie Kosten sparen können. Da ist die Nutzung von Colocation meist günstiger, als eigene Infrastruktur aufzubauen. Gerade wenn die Budgets knapp sind und es trotzdem den Druck gibt, Innovation im Unternehmen umzusetzen. Dann gibt es natürlich globale IT-Trends, wie Artificial Intelligence, die auch die Investitionen der Wirtschaft hierzulande prägen.
Was bedeutet KI für den Bedarf für IT-Infrastrukturen? Welche Erwartungen haben Sie dazu?
Madlo: Ursprünglich habe ich angenommen, dass Unternehmen in Österreich auf die KI-Lösungen der großen Anbieter setzen werden. Wir sehen nun aber anhand von Projekten, dass hier auch eigene Infrastruktur aufgebaut wird. Das hat unterschiedliche Gründe, allen voran die Compliance. Wenn personenbezogene Daten auf Rechenzentrumsinfrastruktur in Österreich verarbeitet werden, entspricht das den hiesigen Regulatorien.
Ein weiterer Grund ist die sogenannte »Data Gravity«. Auch Daten haben eine Masse und wenn eine große Anzahl bewegt wird, verursacht das einen Energieaufwand – also Kosten. Darum ist es in vielen Fällen sinnvoll zu überlegen, wo diese Daten anfallen und wo sich ihre Nutzer*innen befinden. In einer idealen IT-Infrastruktur werden die Daten so wenig wie möglich bewegt. Das widerspricht ein bisschen dem Ansatz »AI as a Service« als einzige Lösung für alle Anforderungen. In den meisten Fällen setzen die Unternehmen ohnehin auf hybride Infrastrukturlösungen für ihre IT, abhängig von einzelnen Anwendungen und Leistungsspitzen.
Unternehmen mit einer »Data First«-Strategie haben den Wert ihrer Daten erkannt, aber auch, wie wichtig es ist, diese an den richtigen Plätzen mit den richtigen Ressourcen – wie etwa kurze Antwortzeiten – zu verarbeiten. Nur dann können Daten einen innovativen Beitrag fürs Unternehmen leisten. Das global zu bieten, können nur wenige aus einer Hand. Gleichzeitig sind wir lokal auch Partner auf Augenhöhe für KMU.
Welchen Leistungsbedarf hat heute eine Rechenzentrumsinfrastruktur? Wie entwickelt sich das weiter?
Madlo: Als Colocation-Anbieter verfügen wir nicht über die Details zum Datenumsatz der Kunden, die ihre IT-Infrastruktur an den Standorten von Digital Realty betreiben. Sprechen können wir über die elektrische Energie, die den Faktor Rechenzentrumsfläche als relevante Größe abgelöst hat. Digital Realty ist mit knapp 400 Datacenters global der Betreiber mit der größten Rechenzentrumskapazität. Auch in Österreich sind wir größter Betreiber mit einem Rechenzentrums-Campus im 21. Bezirk in Wien und bieten hier derzeit maximal 26 MW Leistung für die Strom- und Kälteversorgung. Im Sommer ist der Spatenstich für einen zweiten Campus im Bezirk erfolgt. Der Standort wird mit gut 40 MW Leistung noch einmal größer und energieeffizienter sein.
Diese Größen werden gerade für KI-Anwendungen notwendig sein. Bislang waren wir es gewohnt, mit Leistungsdichten von 5 bis 10 kW zu rechnen – vielleicht einmal 20 kW pro Schrank im High-Performance-Computing. Ein Nvidia-Cluster mit acht Grafikprozessoren-Cabinets plus Netzwerkteil hat eine Leistung von 1,2 MW – vorrangig für die Kältetechnik, da die Cluster eine Flüssigkeitskühlung haben. Mit dem neuen Campus werden wir 2026 die ersten in Österreich sein, die das in einem großen Rechenzentrum abbilden können. Übrigens sind es oft die fehlenden Anschlussmöglichkeiten ans Stromnetz, die einen Ausbau in Österreich hemmen.
Wie sehen Sie die Diskussion der zunehmenden Bodenversiegelung – jetzt auch für IT-Infrastruktur?
Madlo: Wir bauen bewusst nicht auf der grünen Wiese. Für den Ausbau in Floridsdorf nutzen wir eine bestehende urbane Gewerbefläche – und wandeln ein altes Industrieareal in digitale Industrie um. Diese Strategie hat es bereits unter unserem vorherigen Namen Interxion gegeben. Der erste Standort in Wien war die Nachnutzung einer Produktionsfläche der ehemaligen VA Tech Elin. Diesen Weg verfolgen wir weiter. In Frankreich konvertiert Digital Realty in einer mittlerweile fünften Ausbaustufe ehemalige Bunker der Deutschen Wehrmacht. Nebenher ist der Stadtteil in Marseille mittlerweile zu einem der pulsierenden digitalen Zentren Frankreichs geworden.
Nachhaltigkeit ist generell ein großes Ziel. So setzt Digital Realty in einer vielbeachteten Kooperation mit dem Krankenhaus Floridsdorf und den Wiener Netzen auf eine Wärmepumpe für die Nutzung von Abwärme aus dem Rechenzentrum für das Krankenhaus und Kühlung fürs Rechenzentrum. Wir bieten damit unseren Nachbarn den Zugang zu nachhaltiger elektrischer Energie.