Die Unternehmensnachfolge ist eine der bedeutendsten Phasen für jedes Unternehmen. Für jede Unternehmerin, für jeden Unternehmer kommt irgendwann der Zeitpunkt, den viele lange hinausschieben und daher viel zu spät zu planen beginnen: Der Betrieb, oftmals das eigene Lebenswerk, soll in gute Hände übergeben werden. Auch wirtschaftliche Umstände können dazu führen, etwa wenn Investitionen oder Technologiewechsel anstehen, auf die sich die Eigentümer*innen nicht mehr einlassen möchten. Manchmal möchten diese den erwirtschafteten Wert des Unternehmens auch einfach nur realisieren. Eine Nachfolgeregelung ist daher für alle Generationen im Unternehmen essenziell – sie sichert den Fortbestand und Erfolg des Unternehmens. Die Enquete Unternehmensnachfolge versammelte am 26. November im Palais Eschenbach in Wien Expert*innen, um die Planung, Organisation und Durchführung der Nachfolgesuche zu beleuchten.
Die zentralen Fragestellungen:
»Welche psychologische Faktoren sollten bei Übergaberegelungen adressiert werden? Welche Gruppen sollten dabei gezielt angesprochen werden?«
»Mit welchen Herausforderungen ist bei Nachfolgeregelungen und Betriebsübergaben zu rechnen? Was sind die Fallstricke und wie sehen gute Lösungen dazu aus?«
»Welche Unterstützung gibt es beim Planen, Durchführen und auch der Finanzierung von Nachfolgen?«
Fotos der Veranstaltung (Barbara Krobath): www.flickr.com/photos/award2008/albums/72177720322315723/
Kurzvideo mit Statements (Bernhard Schojer): www.youtube.com/watch?v=E2XcjYcRbUk
Gertrude Schatzdorfer-Wölfel, Geschäftsführende Gesellschafterin Schatzdorfer Gerätebau
"Vor einigen Jahren habe ich unser Metallbauunternehmen von meinem Vater übernommen. Als Quereinsteigerin und mit dem plötzlichen Rückzug meines Vaters war das eine turbulente Zeit für mich. Damals schwor ich mir, es bei meinen Töchtern – so sie eines Tages die Firma übernehmen wollen – besser zu machen. Mittlerweile sind beide im Unternehmen tätig. Aktuell sind wir in einem schrittweisen Übergabeprozess und beziehen dabei auch das Team der Mitarbeiter*innen und unsere Kunden ein. Für die Übergabe wurde eine klare Timeline und ein Maßnahmenkatalog erstellt. Sie enthalten, welche Agenden zu bestimmten Zeitpunkten an meine Tochter gehen. Das kommunizieren wir auch dem Team und den Kunden. Ich halte diese Klarheit für enorm wichtig.
Der ideale Zeitpunkt für eine Unternehmensübergabe ist dann, wenn beide Seiten dazu bereit sind. Leider stehen beim Thema Übergabe bei vielen, oft patriarchalisch geführten, technischen Betrieben die Töchter nicht auf der Liste. Für die Führung muss aber sicherlich nicht jeder ein Techniker sein. Es braucht vielmehr die richtigen Leute an den richtigen Stellen. Dazu gehört auch, loslassen zu können und ein Zutrauen für die nächste Generation zu haben.
Erfolgreiche Generationswechsel sind kein Selbstzweck für Familienunternehmen, sondern sichern den Wohlstand in unserem Land. Nur wenn die Unternehmensnachfolge gelingt, bleiben auch Arbeitsplätze und Wertschöpfung erhalten. Wir haben unsere ethischen und moralischen Werte auch in einer Familiencharta festgehalten. Ich hätte mein Unternehmen in den letzten Jahren mehrmals verkaufen können – die Käufer wäre allesamt nicht aus Europa gewesen. Österreich droht der Ausverkauf des Mittelstands, der eine Stütze für die Sozialpartnerschaft ist."
Christian Pokorny, Inhaber Schraik Dachdecker & Spengler
"Es wäre doch sehr schade, manche Firmen in Pension gehen zu lassen. Unternehmensnachfolger stärken den Standort und sichern Arbeitsplätze. Wir haben Unternehmen im Handwerksbereich übernommen, wenn es keine Nachfolger in der Familie gegeben hat. Auch wenn Kinder in der Gründerfamilie nicht den Betrieb fortführen wollen, kann dort viel Emotion im Spiel sein. So können auch die Beweggründe für den Verkauf sehr unterschiedlich sein.
Rechtliche und steuerliche Themen gehören bereits vor einer Übernahme eines Unternehmens zu den Hausaufgaben, aber ich muss vor allem den Kern des Unternehmens kennenlernen. Dazu reichen Gespräche mit den Eigentümern sicherlich nicht aus, denn man möchte ja nach der Übernahme mit dem bestehenden Team weiterarbeiten können. Mitunter ist die Herausforderung anfangs als Externer, als konstruktiver Partner wahrgenommen zu werden. Deshalb binden wir auch die Schlüsselkräfte in den Unternehmen oft bald in unsere Planung mit ein – zeigen Ihnen eine Perspektive und eine Zukunft auch in einer neuen Konstellation. Wir behaupten dabei keinesfalls, dass sich für sie nichts ändern wird. Denn es muss sich etwas ändern, sonst würde der Prozess nicht stattfinden.
Wir setzen uns dafür ein, dass vielleicht eine Traditionsfirma in Österreich nicht zusperrt, sondern weitere 100 Jahre am Markt bestehen kann. Doch gerade Inhaber von kleineren Firmen haben nicht die Fachkenntnis, wie eine Nachfolgeregelung aussehen sollte. Sie sind so in ihr Tagesgeschäft verstrickt, dass für dieses strategische Thema kaum Luft ist. Sie sind mitunter auch mit der Situation nach einer Übergabe überfordert – wenn man den gewohnten Tagesablauf im Betrieb vermisst. Hier auf eine Unterstützung durch Profis zu setzen, halte ich für essenziell."
Ulrich Voit, Notar und Sprecher der Österreichischen Notariatskammer
"Eine Unternehmensübergabe in der Familie würde ich als Krise bezeichnen – Krise im Sinne einer Veränderung, die stattfinden muss. Wenn man diese Krise akzeptiert, dann sollte man sich allen notwendigen Themen stellen. Davor zu flüchten, würde bedeuten, dass die Veränderung nicht möglich ist und das Unternehmen damit zurückbleibt. Dabei ist Gelassenheit wichtig im Sinne von »Dinge sein lassen können« – man muss aus Sicht der Übergeber Dinge auch geschehen lassen. Am Ende eines Veränderungsprozesses steht im Idealfall bei allen Beteiligten die Selbsterkenntnis und damit eine gute Basis, um weiter erfolgreich zu sein. Wenn es gut gelaufen ist, dann erkennt man, wo man steht, dass man einander vertrauen kann und miteinander zurechtkommt.
Bei Nachfolgeregelungen mit Beteiligten in unterschiedlichen Rollen trägt oft jeder zum Erfolg des Unternehmens bei – manche mehr, manche weniger. Wichtig ist, dass alle gewürdigt werden und das Engagement fürs Unternehmen als etwas gemeinsames, großes Ganzes betrachtet wird. Der Erfahrungsschatz der Notare fußt auf einer Tradition, den Menschen in allen Lebenslagen zuzuhören. Wir kommen mit den Unternehmern ja nicht nur zum Zeitpunkt der Unternehmensübergabe in Kontakt, sondern begleiten diese auch in anderen Krisen – bei der Gestaltung eines Testaments, einer Lebens- oder Wirtschaftskrise und vielen positiven Ereignissen, wie der Übergabe eines Unternehmens. Wir sind an seiner oder ihrer Seite vor einer Eheschließung oder danach, bei Todesfällen und kennen damit meist die Menschen gut.
Wir können die Unternehmer*innen in jeder Phase unterstützen und sehen uns als Partner für die rechtliche Unternehmensvorsorge. Gerade in Familienbetrieben ist das Zwischenmenschliche immer über das Recht zu stellen. Denn wenn man sich über Vertragsdetails streitet, dann ist es sehr schwer, erfolgreich zu sein."
Susanne Duacsek, Geschäftsführerin ELRA Antriebstechnik
"In unserem Betrieb sind 62 Mitarbeiter beschäftigt und wir entwickeln maßgeschneiderte Antriebslösungen. Die Entwicklung eines solchen Produktes dauert in der Regel bis zu zwei Jahre, die daraus entwickelten Lösungen sind dann jedoch oft bis zu zwanzig Jahre im Einsatz. Daraus ergeben sich Großteils beständige Kundenbeziehungen mit persönlichen Kontakten über Jahre hinaus. Mein Vater war bis zu seinem 82. Lebensjahr als Geschäftsführer in der Firma tätig. Es war immer schon von Beginn weg klar, dass es für den Fortbestand als KMU unerlässlich ist, auch die Familie in die Firma einzubinden. Walter Rauch traf jedoch keine Vorgaben, wie die Firma nach seinem Ausscheiden weitergeführt werden soll. Die Nachfolgeregelung wurde in den letzten Jahren jedoch immer dringender, weil es auch im Sinne der Kunden und Stakeholder wesentlich war, dass Planungssicherheit und langfristige Prospektiven sichergestellt sind. Im Jahr 2022 entschloss ich mich gemeinsam mit dem Leiter der Produktion sowie mit meinem Sohn, Leiter des Controlling- und Cash-Management, zu einem Management-Buy-out und wir kauften meinem Vater das Unternehmen ab.
Um nicht nochmals in die gleiche Situation zu kommen und um einen reibungslosen Betriebsübergang zu gewährleisten, plane ich bereits jetzt die geordnete Übergabe an meine beiden Teilhaber. Ich habe vollstes Vertrauen in beide und achte darauf, dass die Kontinuität und das berechenbare Handeln im Unternehmen ELRA weiterhin sicher gestellt ist. Da ich selbst erlebt habe, wie es ist, wenn die Gründergeneration diesen Blick verliert und eine rechtzeitige Übergabe versäumt. Deshalb sehe ich insbesondere auch Vertrauen, Klarheit und Transparenz als die wichtigsten Punkte beim Thema Unternehmensnachfolge."
Manuela Mätzener, Gründerin und Geschäftsführerin vom Institut für Familien und Betriebe ifub
"Wir sind auf die emotionale Begleitung von Familienbetrieben spezialisiert. Unternehmen kommen zu uns aus zwei Gründen: für das Herstellen des Familienfriedens oder für den erfolgreichen Fortbestand des Betriebes. Hier geht es immer Vertrauen, Zutrauen oder Misstrauen – und um das Würdigen, was war, und Fördern, was kommt. Oft kommen die Frauen zu uns und fordern Hilfe von außen bei Übergaben an. Denn sie sind meistes in einer vermittelnden Position zwischen dem männlichen Eigentümer und den Kindern.
Vor 20 Jahren hatten wir rund 75 % Nachfolgen innerhalb der Gründerfamilie in Betrieben, heute sind es nur mehr 55 %. Familieninterne Übergaben nehmen tatsächlich ab, da sich die Werte der jungen Generation verändert haben. Bei Emotionen im Familienbetrieb geht es immer um lange Konflikte, die meist bis in die Kindheit zurückgehen. Wenn die nicht geklärt werden, ist es sehr schwierig, friedvoll zu übergeben. Bei familieninternen Übergaben würde ich von einer notwendigen Vorbereitungszeit von fünf bis sieben Jahren sprechen. Dazu gehört auch das Verstehen von Kennzahlen und prinzipiell Finanzkompetenz.
Wir brauchen die Zeit aber auch für eine Aufbauen der Übergebenden – denn sie sollen nach dem Ausscheiden aus der Firma ja ein Leben nach der Firma haben. Ich rate meinen Kunden, sich spätestens mit 55 Jahren Gedanken zur Nachfolgeplanung zu machen. Ein Erfolg ist dann wahrscheinlich, wenn ein Verständnis für alle Beteiligten und die Bedürfnisse jeder Generation vorliegt. Da ist man tolerant, drückt auch einmal ein Auge zu und hat auch eine gesunde Streitkultur. Das alles kann man auch lernen."
Alexandra Reichel, Geschäftsführerin und Inhaberin Valetum
"Es ist wie überall im Leben: Es gibt Menschen, die besser miteinander können. Dabei geht es nie nur um ein Annähern von Käufer und Verkäufer, sondern auch um die Chemie des gesamten Teams mit Nachfolgekandidaten. Ehrlichkeit und Klarheit stehen hier an erster Stelle. Auch bei einem Berater ist man auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit angewiesen – oft ist man auch rund um die Uhr verfügbar.
Typisch bei Übergaben an Familienfremde sind unzufriedene Kinder oder der Faktor Ehepartner – oft die Frau, die ihr Leben lang genauso im Unternehmen mitgearbeitet und es mitaufgebaut hat. Ein Nachfolgeprojekt bindet in aller Regel viele Personen mit ein. Leider kommt es immer wieder vor, dass sich die Nachfolgegeneration erst an uns wendet, wenn die Eltern bereits sehr alt sind. Da rennt einem mitunter die Zeit davon.
Beide Seiten – Käufer ebenso wie Verkäufer – müssen bei einer Nachfolge ihre Hausaufgaben in der Finanzplanung machen. Mitunter setzt sich der Eigentümer erst zu diesem Zeitpunkt tiefergehend mit betriebswirtschaftlichen Themen auseinander. Ein Reporting ist aber kein Mirakel, hier geht es auch nicht um übertriebene Rechnerei, sondern um praktikable Lösungen. Eine integrierte Finanzplanung berücksichtigt dann zum Beispiel auch die Beständigkeit des Personals, Fluktuationen und etwa auch, wieviel Geschäft direkt von der Person des Eigentümers abhängt. Aus bereinigten Daten lässt sich gut eine Bandbreite des Unternehmenswerts ermitteln, mit dem der oder die Verkäufer in Verhandlungen mit Kaufinteressierten treten können."
Michaela Sattler, Notarin
"Für den Erfolg einer Nachfolgeregelung ist entscheidend, über ausreichend Zeit zu verfügen. Zeit ist notwendig, um Vertrauen zu bilden und alle Themen – auch die im Hintergrund verborgenen – anzusprechen. Letztlich sind das Verständnis füreinander und die unterschiedlichen Positionen auch rechtlich umzusetzen. Nicht nur die betroffenen Personen sollten hier mit ins Boot geholt werden, sondern das gesamte Umfeld – wie etwa die Kinder, an die nicht übergeben wird. Wie schauen ihre Rollen künftig aus und wie kann vielleicht ein Ausgleich geschaffen werden?
Ich begleite bereits länger ein Familienunternehmen, in dem nach dem plötzlichen Tod des Vaters die Kinder die Firma völlig ohne Vorbereitung oder Regelung übernommen haben. Die Erste wurde das Gesicht nach außen in der Geschäftsführung. Die Zweite wollte zwar Entscheidungen mittragen, aber nur aus der zweiten Reihe. Die Dritte wollte das Gesicht des Unternehmens aus dem Marketing heraus gestalten, sich aber nicht zu gesellschaftlichen Auftritten verpflichten. Sie haben es ohne Begleitung geschafft, in dieser Aufgabenteilung bis in den eigenen Ruhestand zu arbeiten – das ist aber keineswegs selbstverständlich. Im Regelfall gehören Rollen in einem gut überlegten Übergangsprozess ausdiskutiert und entsprechend auch rechtlich umgesetzt. Im Rahmen einer Übergabe sollte dann auch der rechtliche Hintergrund des Unternehmens geprüft werden, um gegebenenfalls die Rechtsform zu ändern.
Aber ich beobachte in letzter Zeit, dass sich vor allem die junge Generation eine professionelle Begleitung eines Übergabeprozesses wünscht und dazuholt. Sie haben den Mut und sind auch bereit, eine Unternehmensleitung anzunehmen – aber eben nur in geordneten Verhältnissen."
Claudia Schwingenschlögl, Geschäftsführerin und Inhaberin Valetum
"Wir kommen ins Spiel, wenn es intern keine Nachfolger gibt und Gründer ihr Lebenswerk verkaufen wollen. Ein solcher Prozess ist anspruchsvoll und dauert ein bis eineinhalb Jahre. In dieser Phase sind unterschiedliche Rollen involviert: Unternehmensberater, der Verkäufer natürlich, und wir haben Steuerberater und Rechtsanwälte auf beiden Seiten. Dabei braucht es jemanden, der die Fäden zusammenhält. Wir haben leider auch schon erlebt, dass Einzelne mit einem Profilierungsdrang, wie zum Beispiel ein Rechtsanwalt, das über Monate aufgebaute Vertrauen wieder zerstören.
Ich warne auch, bei einem geplanten Verkauf an Externe zu früh darüber mit den Mitarbeiter*innen zu sprechen. Viele Menschen halten es nicht ein bis eineinhalb Jahre in Ungewissheit in einem Unternehmen aus – die Besten verlassen es dann. Mit unserer Arbeit wollen wird die Lust am Unternehmertum wecken und den Mut für Betriebsübernahmen fördern."
Stefan Szauer, Geschäftsführer Forvis Mazars
"Manche wollen ihr Lebenswerk gewürdigt bekommen, anderen geht es bei einer Nachfolgesuche in erster Linie um den Fortbestand der Arbeitsplätze für die Mitarbeiter*innen. Je schneller man das versteht, desto erfolgreicher ist die Transaktion.
Der Verkauf eines Unternehmens an einen Externen ist ein relativ geradliniger Prozess, den man gut planen kann, bei dem aber natürlich auch Fehler gemacht werden können. Transaktionen sind durchaus komplex und sollen deshalb professionell angegangen werden. Die Übergabe eines Unternehmens setzt sich dennoch aus standardisierbaren Schritten zusammen – vom 'Herrichten' des zu übergebenden Unternehmens bis zur Übergabephase. Komplizierter wird es dann innerhalb von Familien. Ich erlebe, dass gerade dort Erwartungshaltungen nicht klar kommuniziert werden. Da meint der Senior zwar, an die Kinder zu übergeben, er will aber weiterhin die Entscheidungen treffen. Hier muss klar gesagt werden, dass es ohne eine scharfe Trennung – sicherlich auch mit einem Trennungsschmerz bei einem Lebenswerk verbunden – nicht funktionieren kann.
Wirklich alle an den Tisch zu bringen, auch die Kinder, die nicht übernehmen, ist essenziell. Doch wie sind die unterschiedlichen Positionen zu bewerten? Mitunter macht das Unternehmen den einzigen wesentlichen Vermögenswert in der Familie aus. Wie also damit umgehen? Dann wird vielleicht in der Nachfolgegeneration eine Führungsrolle im Unternehmen weniger als echter Wert, sondern als Verpflichtung wahrgenommen. Das muss auch mit jenen fair ausdiskutiert werden, die diese Positionen nicht besetzen."
Andrea Heumann, Geschäftsführerin Thalia
"Unternehmensnachfolge bei Thalia bedeutet, Bewährtes zu bewahren und gleichzeitig Raum für Neues zu schaffen. Wir betrachten den Übergabeprozess als partnerschaftliche Chance, um gemeinsam mit den bisherigen Inhabern und Mitarbeitenden die Zukunft aktiv zu gestalten. Offene und transparente Kommunikation stehen im Mittelpunkt, um Ängste abzubauen und Fragen zu klären, damit eine optimale Übergabephase gewährleistet wird.
Ein Beispiel dafür ist die Übernahme der Buchhandlung Kuppitsch am Schottentor in Wien, wo wir das Vorurteil widerlegen konnten, dass große Konzerne lokale Unternehmen einfach aufkaufen. Hier sind heute die gleichen Mitarbeitenden anzutreffen, wie bei der Übernahme im Oktober 2019. Mit dem kürzlich abgeschlossenen Umbau ist nun auch der Standort für eine erfolgreiche Zukunft abgesichert. In den Buchhandlungen Eisenstadt, Freistadt und Wiener Neustadt ist über die Jahre viel Emotion und Herzblut in die Betriebe geflossen. Unser Ziel ist es, die Stärken der übernommenen Buchhandlungen nicht nur zu erhalten, sondern gezielt weiterzuentwickeln und von den Erfolgen der Vergangenheit zu lernen. Das positive Feedback unserer Mitarbeitenden bestätigt unseren Ansatz."
Alfred Stumfoll, Vorstand ASEP Austrian Senior Experts Pool
"Der Austrian Senior Experts Pool bündelt das Wissen von jahrzehntelanger Erfahrung in der Wirtschaft mit ehrenamtlich tätigen ehemaligen Managern mit großem Fachwissen und unternehmerischer Kenntnis. Auch wir haben die Erfahrung gemacht, dass es bei internen Nachfolgen eine lange Vorbereitung braucht, die eine Kenntnis und ein Verstehen der internen Abläufe und des Marktes benötigen. Braucht es hier einen Strategiewechsel? Die Jungen denken meist anders, sie nehmen eine Marktveränderung bereitwilliger an. Es hat sich bewährt, dass man hier auf externe Ressourcen setzt. Denn möglicherweise ist das Know-how der Gründergeneration, oder auch die internen Ressourcen des Betriebs in den ersten Jahren nach einer Übergabe nicht ausreichend.
Nicht alle Typen sind auch für ein Unternehmertum geeignet. Manche sind fachlich hervorragend ausgebildet, richten aber ein jahrzehntelang erfolgreiches Unternehmen betriebswirtschaftlich in wenigen Jahren zugrunde."
Kurt Leutgeb, Leiter Garantien und Eigenkapital Austria Wirtschaftsservice
"Zu den wichtigsten Phasen von Unternehmen gehören neben der Gründung natürlich auch die Nachfolge. Das Austria Wirtschaftsservice unterstützt als Förderbank des Bundes nicht nur Gründer*innen, sondern auch die Übernehmer*innen – die de facto meist Jungunternehmer*innen sind. Dabei ist nicht das Alter ausschlaggebend, sondern die Tatsache, dass viele damit das erste Mal selbstständig tätig sind. Auch der Grund für Innovationen sind sehr oft die neuen Eigentümer*innen. Und auch der Grund für Innovationen sind sehr oft die neuen Eigentümer*innen. Sie bringen einen frischen Blick ein und machen so manche Dinge anders. Das hilft den Unternehmen meistens, birgt aber auch das Risiko eines Fehlschlages. Für genau diesen Fall trägt die aws Risiko mit, in einem Mix mit der Bank und den Käufer*innen und ihrem Eigenkapital.
Aufgrund der großen Bedeutung von Unternehmensnachfolgen für die Stärkung des Innovations- und Wachstumspotenzials von Unternehmen und damit für die Sicherung von Arbeitsplätzen am Wirtschaftsstandort Österreich steht die Förderung von Nachfolgeprojekten im Fokus unserer Finanzierungsinstrumente. Zusätzlich geht es um die Stärkung des österreichischen und europäischen Wirtschaftsstandortes gegen einen drohenden Abverkauf nach Asien und den USA. Die Garantien der aws sind für das Zustandekommen der Kaufpreisesfinanzierung ein passendes Instrument, weil mit einem geringen budgetären Aufwand eine hohe Wirkung erzielt werden kann. Die aws schaut dabei nicht nur auf die Finanzzahlen eines Unternehmens, sondern auch auf die Teamzusammensetzung im Management oder die Stimmung bei den Mitarbeiter*innen. Die meisten Nachfolgen funktionieren auch – entsprechend gering wird dadurch das Budget belastet."
Mischa Schmid, Leiter Firmenkunden und Public Sector Burgenland Erste Bank
"Im KMU-Team der Erste Bank sehen wir uns bei der Unternehmensnachfolge nicht nur als Finanzierungs-, sondern auch als Sparring-Partner. Vertrauen ist absolut wichtig, es ist weiterhin ein »People’s Business«. Eine Nachfolgeregelung sollte zeitgerecht vorbereitet werden, idealerweise drei bis zehn Jahre bevor die tatsächliche Umsetzung erfolgt. Es ist oftmals ein emotionales Thema, über das auch mit der Bank nicht offen gesprochen wird. Wichtig ist Klarheit und die offene Kommunikation nach innen und nach außen.
Bei einer finanziellen Begleitung zählt neben einer Risikoteilung zwischen Bank, Absicherungsinstrumenten und Eigenkapital vor allem der Faktor Mensch. Insbesondere beim Verkauf von Familienunternehmen an Externe wollen die Übergebenden ihre Arbeit in sicheren, vertrauensvollen Händen sehen. Wir haben heuer beispielsweise eine Käufergruppe begleitet, die sich gut 40 Unternehmen angeschaut und sich anschließend für ein Unternehmen entschieden hat. Grund für diese Entscheidung war, dass dort neben dem Geschäftsmodell und der Zukunftsperspektive auch die Chemie stimmte. Auch die Unternehmerpersönlichkeiten auf der Verkäuferseite haben sich mit diesem Setup wohlgefühlt.
Auch bei familieninternen Übergaben entsteht Vertrauen im Gehen. Wenn die ältere Generation die Jungen nach und nach in alle Stakeholder-Beziehungen involviert, kann Vertrauen aufgebaut werden. Viele KMUs stehen vor vielen unterschiedlichen Herausforderungen, wie Regulatorik- und ESG-Themen, sowie sich rasant verändernde Geschäftsmodelle etwa durch Digitalisierung und KI. Wir befinden uns in einem weitreichenden Transformationsprozess. Hier braucht es vielleicht externe Unterstützung, sei es seitens der Bank, der Steuer- und Wirtschaftsprüfer und Mediatoren. Wir können hier mit unserem Netzwerk und Know-how in unserem Deal-Team gut begleiten."
Checkliste Betriebsnachfolge
Beginnen Sie frühzeitig, die Übergabe Ihres Unternehmens zu planen. Folgende Fragen sollten vorab geklärt werden, damit Sie Ihr Lebenswerk in guten Händen sehen.
1. Persönliche Überlegungen
- Haben Sie Pläne und Ziele für Ihr Leben nach der Übergabe?
- Welche Möglichkeiten stehen Ihnen zur Verfügung, um ein finanziell sorgenfreies Leben zu führen?
- Welche Maßnahmen sollten Sie in diesem Zusammenhang noch vor der Übergabe in Angriff nehmen?
2. Form der Übergabe
- Gibt es bereits eine geeignete Nachfolgerin bzw. einen Nachfolger?
- Soll sie bzw. er aus der Familie kommen oder kommen auch externe Übernehmer in Frage?
- Wie wollen Sie die Suche nach geeigneten Nachfolgern angehen?
3. Übergabeprozess
- Gibt es einen Zeitplan?
- Wann sind welche Personen einzubeziehen?
- Haben Sie eine professionelle Prozessbegleitung?
4. Recht und Steuern
- Verfügen Sie über eine erfahrene Rechts- und Steuerberatung, die mit Übergabeprozessen vertraut ist?
- Wurde eine objektive Unternehmensbewertung veranlasst?
- Sind Sie nach der Übergabe frei von allen finanziellen Verpflichtungen?
Bild: In zwei Diskussionsrunden wurden im Palais Eschenbach die weichen und harten Erfolgsfaktoren bei Übergaberegelungen besprochen – mit dem klaren Überhang von »soften«, emotionalen Themenpunkten.