Samstag, Dezember 21, 2024
Ein kritischer Blick auf den »Critical Raw Materials Act«
(Titelbild: iStock)

Am 16.3.2023 hat die EU-Kommission einen Verordnungsentwurf über kritische Rohstoffe – den Critical Raw Materials Act – vorgelegt, um den Zugang der EU zu einer sicheren und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen zu gewährleisten. Ein achtbarer Vorstoß. Leider bleiben die mineralischen Baurohstoffe völlig unberücksichtigt, dabei bestehen doch wichtige rohstoffpolitische Zusammenhänge. Ein Kommentar von Dr. Andreas Pfeiler, Geschäftsführer vom Fachverband Steine-Keramik.

Wie kam der Critical Raw Materials Act zustande?

Die Europäische Union definiert für die grüne Wende kritische Rohstoffe wie z. B. Kupfer, Lithium, Magnesium, Nickel u. a. sowie Maßnahmen und will von Drittstaaten unabhängiger werden. So sollen bis 2030 mindestens 10 % der identifizierten Rohstoffe für den europäischen Bedarf innerhalb der EU gefördert werden, mindestens 40 % dieser Rohstoffe innerhalb der EU aufbereitet werden, mindestens 15 % aus EU-Recycling stammen und nicht mehr als 65 % des jährlichen Bedarfs eines Rohstoffs aus einem einzigen Drittstaat bezogen werden.

Auch mineralische Rohstoffe könnten kritisch werden

Mineralische Baurohstoffe wie Sand, Kies, Naturstein, Gips, Kalk und Ton sind vom Verordnungsentwurf allerdings nicht umfasst. Die Europäische Kommission lässt die wesentliche Rolle und den Bedarf dieser Rohstoffe völlig außer Acht, obwohl sie für die Ziele des EU Green Deal und auch für das tägliche Leben (Bau und Erhaltung von Infrastruktur und Gebäuden, Medikamente, Glas, Papier, Kosmetika etc.) essentiell sind. Beispielsweise wird für ein Windradfundament – je nach Leistung – Beton in der Größenordnung von ca. 2.000 Tonnen benötigt. Bei einem Ausbauziel von 10  Wh Windkraft besteht also zukünftig genügend Bedarf.

»Mineralische Rohstoffe müssen von der Kommission zumindest als ›wesentliche Rohstoffe‹ in den Critical Raw Materials Act aufgenommen werden«, fordert Andreas Pfeiler. (Bild:FV Steine-Keramik/Lukas Lorenz)

Mineralische (Bau-)Rohstoffe sind überwiegend regional und vor allem innerhalb Europas verfügbar, unterliegen jedoch zunehmend einer Genehmigungsverknappung, was die Wettbewerbsfähigkeit Europas insgesamt untergräbt und die wichtigsten Ziele der EU gefährdet. Es braucht daher jedenfalls eine umfassendere Rohstoffpolitik. Denn die Definition von »kritisch« wird stets durch den Standpunkt bzw. den technologischen Fortschritt bestimmt. Was gestern noch kritisch war, könnte morgen bereits unkritisch sein und ebenso umgekehrt.

Die Europäische Kommission wäre daher gut beraten, die Baurohstoffe zumindest als »wesentliche Rohstoffe« im Critical Raw Materials Act mitzuberücksichtigen. Nur dadurch kann eine unabhängige und nachhaltige Versorgung Europas mit mineralischen Rohstoffen sichergestellt werden. Andernfalls werden die heute ubiquitär und vor allem stets regional vorhandenen Baurohstoffe schon bald »kritische Rohstoffe« und deren Verfügbarkeit nicht mehr selbstverständlich.

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