Dienstag, November 19, 2024
Green Leases in Österreich?

Es gibt in Österreich (noch) keinen Standard für »grüne« Mietverträge – die Nachfrage nach derartigen Verträgen (bzw. genauer: Vertragsklauseln) steigt aber auch hierzulande. Im Ausland haben Projektgruppen bereits Regelungsempfehlungen (Klausel-Kataloge) entwickelt. In Österreich würde die Umsetzung dieser Klauseln in der Praxis wohl teils auf rechtliche Hürden stoßen. Ein Kommentar von Lisa Haslinger, Partnerin bei Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte GmbH. 


Immer mehr Unternehmen heften sich »Nachhaltigkeit« an die Fahnen. Die Nachfrage nach »grünen« Immobilien steigt sowohl auf Investoren-, Eigentümer- als auch auf Mieterseite. Als Kanzlei mit Fokus unter anderem auf das gewerbliche Mietrecht erhalten wir vermehrt Anfragen zu Green Leases. Ein Green Lease ist ein Mietvertrag, der den Mieter zu einer möglichst nachhaltigen Nutzung und den Vermieter zu einer möglichst nachhaltigen Bewirtschaftung der Immobilie veranlassen soll. In Deutschland wurde vom Zentralen Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA) ein Klausel-Katalog entwickelt, der teilweise auch in Österreich als mögliche Ausgangsbasis für Verträge herangezogen wird; dies vor allem mangels inländischer Alternativen: in Österreich fehlt derzeit (noch) ein ähnlicher Musterklausel-Katalog. 

Zulässigkeit und Durchsetzbarkeit von Green Leases

Green Lease-Klauseln sollen im Wesentlichen die Parteien zu Abfall-, Verbrauchs-, und Emissionsreduktion anhalten und zu einer nachhaltigen Energiegewinnung, Reinigung und Erhaltung. Zur Kontrolle und Förderung dieser Obliegenheiten wird Verbrauchsmonitoring, Datenaustausch und auch die Abhaltung von »Nachhaltigkeitsdialogen« empfohlen. Angesichts des doch stark regulierten Mietrechts sind diese Klauseln im Einzelnen auf ihre Zulässigkeit und Durchsetzbarkeit zu prüfen. Ob eine Klausel zulässig ist, hängt in erster Linie von den im konkreten Fall anzuwendenden mietrechtlichen Regelungen ab (MRG-Anwendung; ABGB). Relevant ist auch, ob ein Vertrag allenfalls als sogenannter »Formularmietvertrag« den ABGB-Beschränkungen unterliegt.

In Bezug auf die Praktikabilität zeigt sich, dass empfohlene Klauseln teils wohl überschießend und nicht praxistauglich sind. Bei einer derartigen »Überregelung« besteht das Risiko, dass eine Partei dadurch als übermäßig belastet und Klauseln damit als unzulässig angesehen werden können. Relevant auch die sogenannte »Owner-User-Problematik«: Investitionen in das Gebäude nützen einem Mieter nicht langfristig etwas, daher hat er selten Interesse hier mitzuzahlen; auf der anderen Seite sind mit Investitionen in Energie- und Wärmegewinnungsmethoden zusammenhängende Betriebskosten praktisch »Durchläufer« und nutzen Investitionen hier dem Vermieter nichts, sondern nur dem Mieter. Letztlich stellt sich auch die Frage, wie Vermieter in der Praxis Pflichten einer »nachhaltigen« Nutzung effektiv kontrollieren bzw. was die Konsequenzen von Vertragsverletzungen sein können und sollen.

Neben der bloßen Zuhaltungsforderung ist zu denken an Schadenersatz und Kündigung. Die scharfe Sanktion der Kündigung wird wohl in vielen Fällen überschießend (und im Anwendungsbereich des MRG allenfalls gar nicht durchsetzbar) sein. Ein »Schaden« des Vermieters ist oft schwer zu beziffern; pauschalierte Vertragsstrafen wären wiederum im Einzelfall auf ihre Zulässigkeit zu prüfen. Sind Klauseln als bloße Bemühenszusagen bzw. Absichtserklärungen formuliert, sind diese schon per se nicht im eigentlichen Sinne »durchsetzbar« bzw. pönalisierbar. Der Umstand, dass keine einschlägige Judikatur zur Zulässigkeit bzw. Durchsetzbarkeit derartiger Klauseln besteht, trägt auch zur Rechtsunsicherheit bei.

Fazit

Green Leases sollen sich als neuer Standard etablieren. Was aber noch fehlt, sind Erfahrungen mit derartigen Klauseln in der Rechts- und Gerichtspraxis bzw. allenfalls einheitliche Regelungen. Fundierte rechtliche Beratung zur Schaffung praxistauglicher und »durchsetzbarer« Verträge ist schon von daher essentiell.

(Titelbild: beigestellt)

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