Der freiwillige CO2-Markt steckt in Schwierigkeiten. Wertlose Zertifikate werden gehandelt, um Unternehmen auf billige Weise »grün« zu waschen. Eine Regulierung auf EU-Ebene ist unausweichlich. Ein Kommentar von Niclas Schmiedmaier, CEO bei Helioz.
Im vergangenen Jahr gab es am freiwilligen CO2-Markt spannende Entwicklungen: Die Preise für CO2-Zertifikate sind um 40 Prozente gestiegen, der Markt selbst ist um 20 Prozent auf 1,2 Milliarden US-Dollar gewachsen und die Zahl der Unternehmen, die sich Netto-Null-Emissions-Ziele gesetzt haben, hat sich mehr als verdoppelt. Auf den ersten Blick klingt das nach guten Neuigkeiten. Doch sieht man genauer hin, erkennt man schnell die Schattenseiten dieser Entwicklungen.
Am CO2-Markt fehlt es an klaren Spielregeln. Um den CO2-Ausstoß zu kompensieren nehmen viele Unternehmen lieber mehr Geld in die Hand und kaufen Zertifikate, anstatt ihre Prozesse tiefgreifend zu verbessern. Selbst mit dem Preisanstieg sind CO2-Zertifikate noch immer zu billig und machen es Unternehmen zu einfach, sich als »nachhaltig« zu positionieren. Dabei sollten in der gesamten Wertschöpfungskette Emissionen zuerst vermieden, anschließend reduziert und erst im letzten Schritt kompensiert werden – das tun allerdings nur die wenigsten. Häufig werden CO2-Zertifikate erworben, die kaum sozialen Impact schaffen. Zertifikat-Anbieter schmücken sich mit SDGs, die nur am Papier existieren, und bewirken darüber hinaus keine weiteren Veränderung für die Menschen, die am stärksten von der Klimakrise betroffen sind. Doch in Wirklichkeit sind diese Zertifikate wertlos und sorgen dafür, dass ein ganzer Markt, der eigentlich sozial, ökologisch und ökonomisch positiven Impact bewirken könnte, in Verruf gerät.
Wichtige Finanzierungsquelle
Freiwillige CO2-Kompensation darf keine grüne Augenauswischerei bedeuten. Die Kompensation von Emissionen durch CO2-Zertifikate ist eine wichtige Finanzierungsquelle für Klimaschutzmaßnahmen und Projekte, die bedeutsamen Mehrwert für ländliche Gemeinschaften in betroffenen Ländern darstellen. Insofern ist es noch wichtiger, dass der CO2-Markt auf internationaler Ebene reguliert wird, damit die Investition das bewirkt, was sie bewirken soll: Impact schaffen, statt zu Marketing-Zwecken missbraucht zu werden.
Das haben viele Unternehmen bereits erkannt, indem sie ehrliche Absichten verfolgen und eigene CSR-Abteilungen, die sich mit dem Thema Sourcing von Zertifikaten beschäftigen, aufgestellt haben. So wächst die Nachfrage von qualitativ hochwertigen CO2-Zertifikaten. Aber auch Endkund*innen können mithelfen, indem sie »Druck« auf Produzenten und Händler ausüben und bewirken, dass sich diese zu impactvollen und nachhaltigen Initiativen verpflichten. Wie bei allen Produkten, ist auch bei dem CO2-Zertifikatserwerb darauf zu achten, was und wo gekauft wird. Im Idealfall werden sie direkt bei dem Projektanbieter erworben, da so der meiste Erlös direkt in die Projekte fließen kann.
Es ist an der Zeit, CO2-Kompensation zu einer gesellschaftlichen Verantwortung, statt grüner Wohlfühlmaßnahme für Unternehmen zu verankern. Dazu ist es wichtig, einen Markt zu schaffen, der keine Schlupflöcher und grauen Bereiche mehr zulässt.
Der Autor
Niclas Schmiedmaier ist CEO des österreichischen Social Enterprise Helioz, das transparente Klimaprojekte für CO2-Kompensation betreibt.
(Titelbild: Helioz)