Die USA steigern kontinuierlich ihre Produktivität. In Europa und Österreich dagegen stagniert sie. Das Zurückfallen bei der Produktivität führt zu einem klaren Wettbewerbsnachteil. Was sind die Gründe? Welche Maßnahmen müssen Staat, Gesellschaft und Manager setzen, um die Produktivität voranzutreiben, die Wettbewerbsfähigkeit zu forcieren und das Wachstum zu beflügeln? Diese Fragen diskutierte Kurier-Herausgeberin Martina Salomon mit Post-CEO Walter Oblin, Agenda Austria-Direktor Franz Schellhorn, Strabag-Vorständin Annette Scheckmann und Accenture Österreich-Geschäftsführer Michael Zettel beim Accenture-Zukunftstalk „Accent on the Future“ im Grand Ferdinand vor über 100 Gästen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung.
„Regulierung ist kein Wertschöpfungsmodell, Technologieführerschaft wäre es schon“, sagt Agenda Austria-Direktor Franz Schellhorn und bezeichnet Europa als „gelenkte Marktwirtschaft“. „Unternehmen verbringen zu viel Zeit mit Formularen und nicht mit Kunden und Produkten. Das kostet Wachstum und Produktivität“, betont Schellhorn. Der neue CEO der Österreichischen Post, Walter Oblin, führt aus: „Wir brauchen dringend eine Gegenbewegung zur Überregulierung der letzten Jahre, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene.“ Oblin ist überzeugt: „Arbeit und Leistung müssen sich wieder stärker lohnen. Insbesondere bei niedrig qualifizierten Tätigkeiten ist der Abstand zu Einkommen ohne Arbeit in vielen Fällen zu wenig motivierend. Das Gleiche gilt für den Schritt von Teilzeit zu Vollzeit oder für den Zuverdienst im Alter, hier braucht es mehr Anreize.“
Scheckmann verortete die stagnierende Produktivität nicht in fehlendem Engagement der Mitarbeiter, sondern sieht die Unternehmen gefordert: „Wir müssen uns als Unternehmen fragen, wie wir unsere Mitarbeiter motivieren. Sie wollen anders arbeiten.“ Um das Produktivitätsdilemma zu lösen, wünscht sich Scheckmann Mut zur Umsetzung. „Wir müssen nach vorne gehen und neue Dinge ausprobieren“, ist die Strabag-Vorständin überzeugt. Michael Zettel sieht einen „signifikanten Standortnachteil, den Österreich in den letzten zwei bis drei Jahren erlitten hat“. „Wir müssen im Vergleich besser werden, Arbeitskosten reduzieren und technologischen Fortschritt vorantreiben.“ Der Accenture Österreich-Geschäftsführer und Gastgeber des Abends sieht zwei Chancen für einen Aufschwung in Österreich und Europa: das Ende des Ukraine-Kriegs und die digitale Transformation. „Cloud, Data und AI sind die Produktivitätstreiber“, ist er überzeugt. Europa habe, so Zettel, „nach wie vor“ Stärken. „Europa steht für Diversität. Wir können mit kleinen Strukturen umgehen, KMUs sind das Backbone unserer Wirtschaft. Wenn wir diese Stärken stärken, haben wir die besten Voraussetzungen“, so Zettel abschließend.