Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung bedauert die Entscheidung der Briten zum BREXIT. Die Folgen des Austritts seien noch nicht abschätzbar, nun sei ein neues wettbewerbsfähiges Europa gefordert.
„Mit großem Bedauern nimmt die österreichische Industrie die Entscheidung der britischen Bürgerinnen und Bürger zur Kenntnis, die sich mehrheitlich gegen einen Verbleib ihres Landes in der Europäischen Union ausgesprochen haben. Das demokratische Ergebnis des Referendums ist selbstverständlich zu respektieren, die weitreichenden und vor allem kritischen Folgen für das Vereinigte Königreich, aber auch für Europa, sowie für Wirtschaft und Arbeitsplätze sind heute noch nicht abschätzbar. Sämtliche Prognosen gehen mittel- bis langfristig von Wachstums-, Einkommens- und Arbeitsplatzverlusten aus“, betonte der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Kapsch, heute, Donnerstag. Nun sei die Union gefordert, rasch Antworten für ihre Zukunftsfähigkeit zu geben, um die Vertrauenskrise zu lösen. „Erforderlich ist vor allem die Bereitschaft der politischen Entscheidungsträger auf nationaler wie europäischer Ebene, notwendige Veränderungen in Angriff zu nehmen und an einem neuen, wettbewerbsfähigen Europa zu arbeiten. Wir brauchen eine Union, die ihre Strukturen an die Anforderungen der Zukunft anpasst – vor allem bei Internationalisierung, Digitalisierung sowie Migration und Integration“, betonte Kapsch.
EU verliert liberales Korrektiv
Für die Europäische Union sei der Ausgang der Abstimmung aus mehreren Gründen negativ: Mit Großbritannien verliere die EU ein wichtiges Korrektiv: „Mit seiner liberalen, wettbewerbsorientierten Ausrichtung und einer Politik der freien Märkte war das Vereinigte Königreich wichtiger Gegenpol zu der oftmals protektionistischen Position anderer zum Teil auch großer Mitgliedstaaten, die sich für eine stärkere Transferunion einsetzen“, so Kapsch. Zudem habe sich Großbritannien als wichtiger Akteur auf dem internationalen Parkett mit exzellenten Beziehungen zu den USA erwiesen. „Diese Expertise und Vernetzung wird die EU zunächst nicht ersetzen können.“ Für Österreich sei mit Export-Einbußen zu rechnen, immerhin zähle Großbritannien mit Rang 8 zu den Top-10 der wichtigsten Zielmärkten heimischer Exporteure. Auf lange Sicht werde der Schaden für die österreichische Volkswirtschaft allerdings wahrscheinlich gering ausfallen.
Nationale Alleingänge schwächen Europa
„Das Ergebnis zeigt deutlich, wie ernst die Europaverdrossenheit vieler EU-Bürgerinnen und -Bürger zu nehmen ist“, so Kapsch. Aus heutiger Sicht sei es allerdings unwahrscheinlich, dass der Austritt Großbritanniens zum Zusammenbruch der EU führen könnte. Das Netz der sozioökonomischen Beziehungen zwischen den übrigen EU-Mitgliedstaaten sei fest genug gewoben. Dennoch sei, abgesehen vom Reputationsverlust auf internationaler Ebene, eine Destabilisierung zu erwarten. „Das Wahlergebnis darf nicht zu falschen Schlussfolgerungen führen: nationale Alleingänge schwächen Europa im globalen Wettbewerb, die EU-Mitglieder müssen auf verstärkte Kooperation und weitergehende Integration setzen“, sagte der IV-Präsident. Bei ihrem Treffen nächste Woche müsse es den Staats- und Regierungschefs gelingen, den Rückschlag des Referendums zu überwinden und in eine neue Richtung aufzubrechen. Auch zur Beruhigung der internationalen Märkte sei es jetzt notwendig, möglichst zügig und reibungslos die erforderlichen Schritte für eine Loslösung Großbritanniens einzuleiten. „Umso wichtiger ist es nun, dass Europa nach vorne schaut und die verbleibenden 27 Mitgliedstaaten gemeinsam und geschlossen das weitere Prozedere in einem geordneten Rahmen abwickeln“, schloss Kapsch.