Helmut Houdek, Geschäftsführer von Nemetschek Österreich und Auer-Die Bausoftware, spricht im Interview über gute Ergebnisse in schwierigem Umfeld, den Einzug von IT-Begriffen wie »Software as a Service« und »Cloud Computing« in die Welt der Bauwirtschaft und erklärt, wie man markentreue Software-User zu einem Umstieg bewegen kann.
Report: Die Baubranche spürt die Nachwehen der Krise noch sehr stark. Welche Auswirkungen hat dieser Nachzieheffekt der Bauwirtschaft auf die Bausoftwarebranche?
Helmut Houdek: Als Softwarelieferant für die Bauwirtschaft sind auch Unternehmen wie Nemetschek an die Konjunkturzyklen dieser Branche gekoppelt. Allerdings bedeuten schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen nicht unbedingt das Ausbleiben von Investitionen in Softwarelösungen. Oft wird in diesen Phasen die Effektivität und Produktivität der eingesetzten Lösung überprüft und mitunter in neue, bessere Lösungen investiert. So haben wir beispielsweise das krisengeschüttelte Jahr 2009 ohne allzu große Umsatzeinbrüche erlebt und mit Auer Bausoftware in 2011 bis dato eines der besten Jahre der Unternehmensgeschichte.
Report: Wie wird sich der Markt in Zukunft entwickeln? Wo sehen Sie die größten Wachstumschancen?
Houdek: Eine Abschätzung der Marktentwicklung in wirtschaftlicher Hinsicht ist vor dem Hintergrund der Probleme der Eurozone schwierig. Indikatoren wie das Wirtschaftswachstum geben ja wenig Hoffnung auf einen schnellen Aufschwung. Unabhängig davon werden aber Themen wie Transparenz und Übersicht im Hinblick auf Zeit, Kosten und Ressourcen über alle Projektphasen eines Bauwerks immer relevanter. Auch Themen wie Nachhaltigkeit und Energieeffizienz werden sicher tendenziell wichtiger. Hierzu bieten unsere Softwaretools bereits heute wichtige Unterstützung, allerdings sind wir hier auch permanent gefordert, uns weiterzuentwickeln. Eine neue Produktgeneration, die wir ab Mitte nächsten Jahres auf den Markt bringen, wird einen weiteren wichtigen Schritt in diesem Zusammenhang darstellen.
Report: Viele User legen eine erstaunliche Markentreue an den Tag. Über das Preisargument ist kaum jemand zum Umstieg zu bewegen. Mit welchen Argumenten können User zu einem Umstieg bewegt werden?
Houdek: Letztlich ist es immer eine Frage des Mehrwerts, der Einfachheit der Bedienung, um den Lernaufwand für den Umstieg zu minimieren, und eine Frage der möglichst tiefen und umfänglichen Integration in die beim User vorhandene Software-Infrastruktur. Je höher die Steigerung der Effizienz und Produktivität durch das neue Produkt ist und je einfacher die Integration in beim Kunden bereits bestehende prozessvor- oder nachgelagerte Softwarelösungen, umso wahrscheinlicher ist ein Umstieg zu erreichen. Das Preisargument ist es sicherlich nicht.
Report: Einige Marktteilnehmer fürchten ähnliche Zustände wie in der Mobilfunkbranche – dass nur noch in Marktanteilen gedacht wird, nicht mehr in Umsätzen und schon gar nicht in Deckungsbeiträgen. Schwarzmalerei oder ein realistisches Szenario?
Houdek: Natürlich gibt es Mitbewerber, die sich Marktanteile durch eine aggressive Preispolitik erkaufen wollen und vermeintlich erkaufen. Im Regelfall führt Preisdumping aber auf Dauer zu fragwürdiger Produktqualität und Einschränkung von Kundenservices. Wenn Unternehmen betriebswirtschaftliche Grundregeln über Bord werfen, kann das dauerhaft nicht funktionieren.
Anders als in der Mobilfunkbranche, wo die angebotenen Leistungen ja nicht allzu sehr differieren, entscheiden im Software-B2B-Bereich noch immer größerer Leistungsumfang, höhere Funktionalität und besseres Service.
Report: Apropos Service: Welche Rolle spielt der Dienstleistungsgedanke in der Softwarebranche?
Houdek: Ich denke, dass der Bereich Service und Support zukünftig noch wichtiger werden wird. Allerdings nicht im klassischen Sinne der in der Vergangenheit wesentlichen Installationsunterstützung und dem Training von Software. Aktuelle Entwicklungen wie etwa Saas (»Software as a Service«) und Cloud Computing werden eine neue Support- und Serviceausrichtung der Unternehmen erforderlich machen. Die Unterstützung wird sich hierbei stark in den IT-Infrastrukturbereich und noch stärker auf Services wie Hotline-Support und Ähnliches verlagern.