Mittwoch, November 20, 2024
Der digitalen Müdigkeit entgegenwirken
Suvish Viswanathan ist Head of Marketing bei Zoho Europe.

Die Flut an digitalen Angeboten und gleichzeitig steigende Werbekosten fordern ein Umdenken bei Unternehmen, wie sie mit Kunden in Kontakt treten. Eine Erkenntnis: Wer die Zielgruppe bei der Stange halten will, muss aus der Masse herausstechen. Ein Kommentar von Suvish Viswanathan, Head of Marketing bei Zoho Europe.


Digitale Inhalte sind einfach überall. Produkt-Kampagnen überfluten Social-Media-Kanäle, Marketing-E-Mails sprengen jede Inbox und das Fernsehen ist sowieso im festen Griff der Werbung. Wenig verwunderlich also, dass sich unter den Verbrauchern eine regelrechte Müdigkeit und Ablehnung ausbreitet. Die Übersättigung ist dabei aber nur ein Teil des Problems. Der langjährige Fokus auf die Personalisierung von digitalen Inhalten mit Algorithmen und Automatisierungsprozessen hat dazu geführt, dass Unternehmen ihre Zielgruppen im Internet immer wieder auf die gleiche Art und Weise ansprechen. Als Ergebnis bombardieren sie Empfänger mit einer breiten Masse an ähnlichen Inhalten, aus der einzelne Marken kaum noch herausstechen. Als wäre es noch nicht schlimm genug, dass Nutzerinnen und Nutzer digitale Inhalte deshalb immer öfter ignorieren und damit für Kopfzerbrechen in den Marketingabteilungen sorgen, kämpfen Unternehmen gleichzeitig auch noch mit steigenden Werbekosten auf den großen Social-Media-Plattformen – für den ROI ein echter Stresstest. Es führt kein Weg daran vorbei, neue Ideen müssen her.

Back to the roots: Direktwerbung und Dialog
Die gute Nachricht: Die passenden Konzepte gibt es schon lange. Denn mit der Direktwerbung steigt ein bereits totgesagtes Format wieder in der Gunst der Verbraucher – nämlich der Versand von Briefen oder Prospekten per Post. Der Unterschied: Statt einer von zahllosen austauschbaren E-Mails haben die Empfänger ein physisches Anschreiben in den Händen, das nicht in der Masse untergeht. Durch zusätzlich personalisierte Inhalte und eine direkte Ansprache vermittelt die Direktwerbung das Gefühl von etwas Neuem. Es ist also kein Widerspruch, wenn 75 Prozent der eigentlich so Technologie-affinen Millennials einen Mehrwert in der Direktwerbung sehen. Die Generation der Baby-Boomer teilt diese Ansicht.
Statt die nächste E-Mail-Kampagne in die unendlichen Tiefen überfüllter Postfächer zu schicken, setzen Unternehmen lieber auf klassisches H2H-Marketing (Human-to-Human) und beziehen den realen Briefkasten in ihre Strategien mit ein – denn auch der ROI liegt dabei höher als bei digitalen Kontaktaufnahmen. Gründe dafür liegen zum einen darin, dass die meisten Marketingabteilungen das Internet weiterhin als Touchpoint Nummer eins betrachten – und physische Angebote wie Postkarten oder Briefe als Besonderheit. Zum anderen ist das Leeren des Briefkastens nicht mit dem Überprüfen des digitalen Posteingangs vergleichbar: Empfänger agieren zwangsläufig mit physischen Zustellungen, während sie langweilige E-Mails massenweise in den digitalen Papierkorb befördern. Die Ergebnisse können noch positiver ausfallen, wenn Unternehmen ihre physische Werbung mit etwas verbinden, das für den Verbraucher von Bedeutung ist. Ein gut gewähltes Werbegeschenk, etwa zum Geburtstag, kann die emotionale Bindung des Kunden an eine Marke deutlich verstärken.

Flexibilität ist Trumpf
Aber auch die innovativsten personalisierten Kampagnen verlieren mit der Zeit ihren Wow-Effekt und verblassen in der großen Menge der Angebote. Um dieser Entwicklung zuvorzukommen, setzen immer mehr Unternehmen auf hybrides Marketing, das die physische mit der digitalen Kundenansprache kombiniert, die Verbraucher mit neuen Ideen überrascht und den Umsatz um bis zu 50 Prozent steigert. Die Erfassung relevanter Daten über mehrere Kanäle hinweg versetzt Firmen nicht nur in die Lage, sinnvolle Kundenprofile zu erstellen, sondern auch proaktiv gegen die digitale Müdigkeit vorzugehen. Indem sie das Verhalten ihrer Zielgruppen an den einzelnen Berührungspunkten besser verstehen, können Marketingabteilungen schneller den Zeitpunkt erkennen, an dem sie von einem digitalen Ansatz auf eine andere Methode umsteigen – etwa per Post oder Telefon. Obwohl der Aufbau einer Infrastruktur für die Kundeninteraktion über mehrere Medienkanäle zeit- und ressourcenaufwändig sein kann, ist hybrides Marketing die zeitgemäße Antwort auf eine zunehmend komplexe Customer Journey, bei der ein durchschnittlicher B2B-Kunde mit zehn verschiedenen Kanälen interagiert, bevor er einen Kauf tätigt.

Wie bei allen Marketing- und Werbeformen gilt allerdings auch für den hybriden Ansatz: Eine Übersättigung führt zu Langeweile und Ablehnung. Neue Strategien berücksichtigen daher, dass es den einen richtigen Weg gar nicht gibt – die Zukunft liegt in der Vielfalt, Flexibilität sowie in der Art und Weise, wie diese Strategien unter Berücksichtigung der Privatsphäre umgesetzt werden. Ein weiterer Faktor ist die Interaktion: In den letzten Jahren hat sich die Zahl der No-Code-Web-Chat-Plattformen stark erhöht. Eine Möglichkeit, die heute zugänglicher als je zuvor ist. Die Auswirkungen der Kombination von Menschen und Bots bei der Live-Interaktion mit Verbrauchern sollten nicht außer Acht gelassen werden, denn Chatbots können die menschliche Interaktion nur bis zu einem gewissen Grad simulieren.

Der kreative Einsatz verschiedener Medien, die Personalisierung und die effektive Auswertung von Daten sind der Schlüssel für eine enge Kundenbindung. Dabei helfen einheitliche Marketingplattformen, die notwendige Tools mitbringen und alle Kampagnen, von Social Media über Direktwerbung bis zu SEO, übersichtlich verwalten. Auf diese Weise sind wachsende Unternehmen in der Lage, Strategien effizient aufeinander abzustimmen, Daten richtig zu interpretieren und die eigene Marke nachhaltig zu stärken.

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