Mittwoch, November 20, 2024

Österreich hat in puncto Recycling von Kunststoffverpackungen noch viel nachzuholen. Die aktuelle Situation auf dem Markt erfordert eine gemeinsame Anstrengung aller Akteure der heimischen Kreislaufwirtschaft. Ein Gastkommentar von Christian Abl, Mitglied der Geschäftsführung der Reclay Group.

Österreich hat beim Recycling von Kunststoffabfällen noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Laut Greenpeace werden jedes Jahr 200.000 von 300.000 Tonnen Verpackungen aus Kunststoff hierzulande immer noch nicht recycelt: Das bedeutet, dass derzeit ungefähr nur jede dritte Verpackung einem hochwertigen Recycling zugeführt wird. Die Folgen: hohe Kosten, die die Steuerzahler* innen jährlich tragen müssen, und viele Wertstoffe, die statt im Kreislauf viel zu oft im Restmüll landen und für immer verloren sind. Nun bekommt Österreich ab 2025 ein Pfandsystem auf Einweg-Getränkeverpackungen. Eine richtige, aber längst fällige Entscheidung.

Rohstoffe sind endlich

Nichtsdestotrotz haben wir die Chance, mit einem modernen und digital gestützten Einweg-Pfandsystem einen grundlegenden Pfeiler in der Neustrukturierung unserer Kreislaufwirtschaft zu legen. Denn mittlerweile haben alle wichtigen Akteure in dieser Branche das Bewusstsein dafür entwickelt, dass die uns zur Verfügung stehenden Rohstoffe endlich sind.

Infolge der Coronapandemie und des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hat sich die Situation auf dem europäischen Rohstoffmarkt zugespitzt. Der europäischen und damit auch der österreichischen Kreislaufwirtschaft muss es in den nächsten Jahren gelingen, wertvolle Rohstoffe möglichst lange im Kreislauf zu behalten. 
Das Einweg-Pfandsystem ist nur ein wichtiges Instrument dabei. Die Aufstockung von Kapazitäten in den heimischen Sortieranlagen für Leichtverpackungen ist eine längst fällige weitere Maßnahme – schließlich sollen auch weitere Kunststoffverpackungen wie Shampoo- oder Waschmittelflaschen vermehrt einem hochwertigen Recycling zugeführt werden.

Mit Partnerschaften zum Erfolg

Darüber hinaus müssen wir die andauernde Rohstoffkrise nutzen, um tragfähige Lösungen auf dem Sekundärrohstoffmarkt zu etablieren. Während noch vor zwei Jahren Sekundärrohstoffe (Rezyklate) in erster Linie zur Kostenreduktion in verschiedenen Anwendungen eingesetzt wurden und vergleichbar wenig Interesse an hochwertigem recyceltem Material aus der Post-Consumer-Sammlung bestand, steigt aufgrund von Lieferengpässen und Rohstoffmangel die Nachfrage in diesem Bereich stark. Hier gilt es in Zukunft, den Herstellern genug Rohstoffe mit einem hochwertigen Rezyklat­anteil für neue Produktionen zur Verfügung zu stellen.

Das schaffen wir in erster Linie dadurch, indem wir Partnerschaften und Kooperationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette etablieren. Es geht mittlerweile nicht mehr darum, welche Rahmenbedingungen uns die Politik vorgibt. Die Kreislaufwirtschaft muss alle ihre Teilnehmer*innen an einen Tisch bringen und die Zusammenarbeit in den Vordergrund stellen. Durch solche Kooperationen können Hersteller dann die Verantwortung für die Rücknahme ihrer Verpackungsmengen an Sammel- und Verwertungssysteme abgeben, die anschließend in Zusammenarbeit mit Kunststoffherstellern für hochwertige Sortierung, Recycling und Herstellung des neuen Rohstoffmaterials zuständig sind. So werden Wertstoffe möglichst lange im Kreislauf behalten, natürliche Ressourcen geschont und Österreich kann seine Hausaufgaben im Bereich Recycling von Kunststoffabfällen endlich erfüllen.

Das kürzlich gegründete Joint Venture »Recelerate« zwischen der Reclay Group und Borealis kann in diesem Bereich richtungsweisend sein. Denn nur mit mutigen und innovativen Lösungen wird es uns gelingen, eine dringend notwendige Revolution in der österreichischen und europäischen Kreislaufwirtschaft herbeizuführen.

(Titelbild: Raan GmbH)

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