Aktuell arbeitet Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck daran, die Initiative „Ö-Cloud“ mit Leben zu füllen. In Sachen Cloud- und Dateninfrastruktur darf Österreich jedoch nicht isoliert agieren, sondern muss den Anschluss an europäische Lösungen suchen. Ein Kommentar von Andreas Hajek, Rittal.
Die letzten Monate waren in Österreich aufgrund der Gesundheitskrise von Lockdowns geprägt. Während wir auf die schwerste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg zusteuern und die globale wirtschaftliche Situation fernab einer Normalisierung steht, drängt sich folgende Frage in den Vordergrund: Wie kann die Dateninfrastruktur der österreichischen Wirtschaft sicherer und unabhängiger von der derzeit volatilen Weltwirtschaftslage gemacht werden? Ob Lösungen aus dem Bereich Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz, Robotik, Industrial Internet of Things oder Predictive Maintenance – ohne Verarbeitung und Verfügbarkeit großer Datenmengen ist heutzutage eine moderne Industrie undenkbar.
Österreich macht mit
In diesem Sinne ist der jüngste Vorstoß von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, im Rahmen einer Ö-Cloud-Initiative die Datensouveränität Österreichs und die Resilienz der heimischen digitalen Services zu erhöhen, durchaus begrüßenswert. In drei Schritten sollen dabei einheimische Ressourcen in diesem Bereich geprüft, Partnerschaften mit österreichischen Anbietern von Rechenzentren eingegangen sowie Softwareunternehmen in den Prozess integriert werden. Ein längst fälliger Schritt, denn derzeit sind viele österreichische und europäische KMUs von US-amerikanischen und auch chinesischen Cloudplattformen abhängig. Insbesondere die Frage der Datensicherheit und -souveränität tritt hier aufgrund von Datenschutzproblemen immer mehr in den Vordergrund. Viele einheimische innovative Unternehmen und Hidden Champions suchen deshalb nach anderen Wegen, ihre firmenrelevanten Daten, die ihnen einen Wettbewerbsvorsprung sichern, außerhalb dieser Plattformen zu lagern bzw. zu verarbeiten.
Europäische Dateninfrastruktur
In letzter Zeit sind einige Initiativen in der EU entstanden, die eine effiziente, sichere und vor allem vertrauenswürdige Dateninfrastruktur für Europa schaffen sollen. Die prominenteste davon ist zweifelsohne GAIA-X, die von den deutschen Bundesministerien für Wirtschaft und Energie sowie für Bildung und Forschung ausgeht. Deutschland signalisiert, dass es bei der Frage der Cloud- und Dateninfrastruktur sowie Informationssicherheit und Resilienz durchaus an einer gesamteuropäischen Lösung bzw. Strategie interessiert ist. Dieser Vorschlag hätte tatsächlich zahlreiche Vorteile, auch für Österreich: Denn trotz globaler Verflechtungen ist die österreichische Wirtschaft – mit Ausnahme der USA – immer noch am stärksten mit den anderen EU-Volkswirtschaften verbunden. So ist Deutschland sowohl bei Exporten als auch bei Importen unser wichtigster Handelspartner: Alleine im letzten Jahr wurden Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 45 Milliarden Euro in unser Nachbarland exportiert. Zahlreiche Zulieferbetriebe sind direkt und indirekt mit deutschen und anderen europäischen Unternehmen verflochten.
Bundesministerin Schramböck kündigte erste Ergebnisse im Rahmen der Ö-Cloud-Initiative bereits für den kommenden September an. Gerade wegen unserer starken wirtschaftlichen Beziehungen zu den anderen EU-Staaten ist es jetzt entscheidend, parallel zu den österreichischen Bemühungen, eine verlässliche Cloud- und Dateninfrastruktur zu schaffen, andere europäische Initiativen oder Projekte nicht aus den Augen zu verlieren. Denn in den letzten Jahren wurden bereits europäische GAIA-X-konforme Edge-Cloud-Lösungen und Produkte für die Industrie entwickelt und zur Marktreife geführt, etwa von der deutschen Friedhelm Loh Group. Diesen Vorsprung und das vorhandene Know-how gilt es jetzt zu nutzen, um eine zukunftsfitte, sichere und effiziente Dateninfrastruktur europaweit auf die Beine zu stellen.
Über den Autor
Andreas Hajek ist der führende Experte für IT-Infrastruktur bei der Rittal GmbH.