Investoren werden sich mehr Gedanken über die Effizienz ihres Gebäudes machen. Für die FM-Anbieter bedeutet das, schon in der Planung Betriebskosten zu optimieren, meint der Wisag-Österreich-Chef. Wachstumspotenzial für seine Branche sieht er im Industriebereich.
Report: Welche Anforderungen kommen in Zukunft auf FM-Anbieter zu?
Hempel: Wir können bei Neubauten oder Sanierungen den Betreiber nach seinen Ideen für die Umsetzung zu fragen. Bei den Gebäuden, die wir schon betreiben, müssen wir das Thema Energieoptimierung noch einmal stärker beleuchten. Es geht auch um die Optimierung von Betriebszeiten und um die Verringerung von Investitionen, um Eigentümern und Mietern Vorteile zu bieten.
Report: Welche Rolle spielt da der Zeitpunkt des Einstiegs in ein Projekt?
Hempel: In den überwiegenden Fällen kommt der Facility Manager erst, wenn das Gebäude schon steht. Wir haben deshalb ein Tool geschaffen, mit dem wir in der Lage sind, bei Bestandsimmobilien die Soll-Betriebskosten den Ist-Betriebskosten gegenüber zu stellen, um sie so zu optimieren. Dieses Handwerkszeug setzen wir heute auch vermehrt bei Kunden ein, die ein Gebäude errichten wollen. Mieter hinterfragen heute auch die Nebenkosten. Da können wir den Investor aus Betreibersicht beraten, wie er schon in der Planung zukünftige Betriebskosten optimieren kann.
Report: Aber wie soll ein Investor dazu gebracht werden, sich über Betriebskosten Gedanken zu machen?
Hempel: Ich bin der festen Überzeugung, dass wir aufgrund der politischen Diskussion um den CO2-Ausstoß Rahmenbedingungen bekommen werden, die dazu führen, dass sich mehr Leute Gedanken über die wirtschaftliche und energetische Gesamteffizienz eines Gebäudes machen müssen, als das heute der Fall ist.
Report: Sind die verschiedenen Gebäudezertifikate, die es heute gibt, für einen Errichter ein Marketingtool oder mehr?
Hempel: Ich habe den Eindruck, dass es sich heute um ein Marketingtool handelt. Ich glaube aber, dass wir morgen auch ein Tool brauchen, mit dem wir ein Gebäude wirklich messen und bewerten können. Wenn darüber hinaus Großkunden auch einen Umweltbeitrag leisten möchten, wird man solche Gebäude errichten, die diese Qualität auch bieten können. Das ist aber ein Prozess, der sicher noch einige Jahre brauchen wird.
Report: Der Begriff Facility Management hat sich mittlerweile immer weiter diversifiziert, heute wird auch von Facility Services gesprochen. Wo geht Ihrer Meinung nach die Entwicklung hin?
Hempel: Wenn Sie heute fragen, was Facility Management ist, bekommen Sie unterschiedliche Antworten. Das ist auch das Problem dieser Branche: Sie kann sich nicht selbst erklären, da müssen wir noch schärfer werden in der Aussage. Um dem Kunden die Möglichkeit zu geben, sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren, müssen wir kostengünstiger sein als der Kunde, wenn er es selber machen würde. Und wir müssen flexibler sein. Da hilft uns die aktuelle Krise sicher.
Report: Was heißt Flexibilität?
Hempel: Viele Kunden beschäftigen sich mit ihrem Geschäftsmodell der Zukunft. Wer Zeitarbeitsunternehmen für bestimmte Prozesse beschäftigt, kann diese kurzfristig abbestellen. Bei eigenen Mitarbeiterstrukturen geht das nicht. Wir glauben daher, dass das Geschäftsmodell der Zukunft stärker auf Flexibilität ausgerichtet sein wird. Unternehmen werden einen schlanken eigenen Personalkörper haben, die restlichen Leistungen, um Produkte zu erzeugen, werden von FM-Dienstleistern und von Zeitarbeitsunternehmen erbracht.
Report: Wird FM in den Bereich des Zeitarbeiter-Leasings gehen?
Hempel: Ich denke, ja. Der Kunde, der eine Prozessverantwortung vergeben will, geht zu einem FM-Dienstleister. Wer diese im eigenen Haus behalten will, weil er ein Risiko darin sieht, die Verantwortung dafür aus der Hand zu geben, der bekommt qualifizierte Mitarbeiter im Weg des Personalleasings zur Verfügung gestellt. Wenn ein Kunde darüber nachdenkt, sein Geschäftsmodell noch flexibler zu gestalten, heißt das, dass er morgen Dinge outsourcen wird, die heute noch zu seinem Kerngeschäft gehören.
Report: Wo sehen Sie noch Marktpotenzial für Anbieter?
Hempel: Speziell im Industriebereich liegt das größte Potenzial. Dort ist Facility Management noch nicht so ausgeprägt wie bei der Immobilie. Gerade im Mittelstand produzieren Industriebetriebe lieber noch Eigenleistungen, als sich FM-Dienstleister oder Zeitarbeiter einzukaufen. Potenzial sehe ich bei Leistungen, die heute schon in der Immobilie vergeben werden, wie die Wartung. Möglicherweise auch in der Vorproduktion, die beim Dienstleister so stattfinden könnte, dass mit einer Logistik im Hintergrund bestimmte Produkte just-in-time dem Kunden zur Verfügung gestellt werden. Das würde über den Rahmen der Dienstleistungen hinausgehen. Ich bin aber überzeugt, dass bedingt durch die Wirtschaftskrise verstärkt solche Anfragen kommen werden.
Report: Energieeffizienz wird im Immobilienbereich immer wichtiger. Wie muss die FM-Branche reagieren, um in diesem Bereich nicht den Anschluss zu verlieren?
Hempel: Facility Management kann da nur Mittel zum Zweck sein. Wir können Kunden in die Richtung beraten, was künftig passieren wird und welche Auswirkungen das auf ihre Immobilie hat und ihn entsprechend vorbereiten. Das Dümmste, was wir machen könnten, wäre, nicht darüber zu sprechen und hinterher eine Kundenunzufriedenheit zu generieren. Denn ich glaube, dass viele Kunden mit diesem Thema heute noch überfordert sind.
Zur Person
Ralf Hempel ist seit 1999 in der Geschäftsführung der WISAG Service Holding vertreten und gemeinsam mit Michael C. Wisser Geschäftsführer der Wisag Service Holding Austria GmbH. Wisag ist seit 1995 auf dem österreichischen Markt. Der Umsatz im Jahr 2008 betrug 16,8 Millionen Euro. International macht die Wisag mit 23.300 Mitarbeitern einen Umsatz von 727 Millionen. Seit Anfang 2009 ist der Konzern auch im Aviationbereich tätig und bietet FM für Fluglinien an.