Digitalisierung, Vernetzung, Industrie 4.0: Intelligente Roboter ersetzen menschliche Präzisionsarbeiter und ermöglichen so sichere, nachvollziehbare Produktionsschritte. Doch welche konkreten Auswirkungen hat dies auf Jobs und Arbeitsfelder?
Industrie 4.0 ermöglicht rasch umsetzbare und flexible Produktion. Die Automatisierung nimmt zu und der Anlagenbau erhält neue Dimensionen. „Das führt zum Entstehen neuer Geschäftsmodelle, die der Arbeitsmarkt aktuell kaum auffangen kann, die jedoch spannende Perspektiven für Unternehmen darstellen. Diese Entwicklung führt nicht nur zu neuen Anforderungen an MitarbeiterInnen, sondern bringt gleichzeitig neue Entwicklungsmöglichkeiten und Karrierechancen mit sich“, so Halla-Gudrun Mixa, Senior Consultant bei Iventa.
Sie ist davon überzeugt, dass die Bedeutung von Industrie 4.0 sowohl in der Öffentlichkeit als auch innerhalb vieler Unternehmen selbst unterschätzt wird. Oft wird darin nur ein vorübergehender Trend vermutet. Aufgrund neuer Anforderungen werden sich Kooperationspartner aller Größenordnungen alleine schon aus wirtschaftlichen Gründen anpassen und aufrüsten müssen, um weiterhin am Markt reüssieren zu können. „Dementsprechend werden sich nicht nur Hochtechnologieunternehmen dem Thema stellen müssen, sondern auch Gewerbetreibende und Zulieferer“, fasst Mixa die Herausforderungen zusammen.
Die dafür benötigten Qualifikationen werden daher zunehmend von Unternehmen unterstützt werden müssen. Mobiles und digitales Lernen mit Tablet-Computern kann schon bald zum Alltag gehören. „Vernetztes Arbeiten und modernste Steuerungstechnik werden wichtige Voraussetzungen für die neue Industrialisierung sein“, ist Mixa überzeugt. Ein wesentlicher Vorteil durch die integrative Vernetzung ist höhere Produktivität, Flexibilität, Qualität und Stabilität. Die Umstellung auf diese Art der digitalen Vernetzung ist für viele Unternehmen eine wertvolle Chance, wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Umstellung auf vernetzte Systeme hängt sowohl kurz- als auch langfristig von den Kompetenzen der MitarbeiterInnen ab. Neue Qualifikationen sind notwendig, es gilt firmenintern neue Positionen zu schaffen und Personen in bestehenden Arbeitsfeldern müssen für neue Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen geschult werden. Das betrifft nicht nur den Bereich der Einführung von intelligenten, digitalen Prozessen, sondern auch den kontinuierlichen Prozess. „Falls hier eine Kompetenzlücke entsteht, gefährdet dies auch Abläufe im Unternehmen. Intelligente Produktion bringt eine neue Arbeitsaufteilung zwischen Mensch und Maschine mit sich. Auch eine firmeninterne Ablehnung der Einführung von deutlich veränderten Prozessen und intelligenter Technologie kann ein erhebliches Unternehmensrisiko darstellen“, so Mixa.
Neue Skills und Kompetenzen
„Die Migration von Unternehmen auf Industrie 4.0 ist ein steter Prozess und langjährige Erfahrungswerte sind nicht vorhanden. Die Gestaltung dessen kann daher von Unternehmen nicht vollständig eingeschätzt werden“, so Mixa weiter. Für sie sind dennoch bereits wichtige Entwicklungen erkennbar, die für fachliche Kompetenzen wesentlich sind:
- Der Maschinen- und Anlagenbau wird zukünftig mehr IT Kompetenzen benötigen, aber auch mechanische und elektronische Komponenten, um die Brücke zwischen der physischen und digitalen Ebene zu schlagen. Das Verständnis von Steuerungssoftware wird vorhanden sein müssen, um die jeweiligen Anforderungen für die Produktion kommunizieren zu können. Daher müssen MitarbeiterInnen in der IT die Produktion dahingehend verstehen, um sie effizient und für Mitarbeiter verständlich aufzubereiten. Daher gewinnen interdisziplinäre Studiengänge, wie Mechatronik, Technische Informatik oder Automatisierung an Bedeutung.
- Die Massen an Daten, die aus den Prozessen von Industrie 4.0 entstehen, ermöglichen die Analyse und Nutzung für alle firmeninterne Bereiche bis hin zur Buchhaltung, zum Marketing und zum Qualitätsmanagement, um nur einige zu nennen. „Big Data“ – und der kompetente Umgang damit – wird zunehmend wichtiger. IngenieurInnen benötigen daher Kompetenz in statistischen Datenmodellen, aber auch in methodischen Ansätzen der Datenanalyse und -aufbereitung.
- Soft Skills wie Kommunikationsstärke, interdisziplinäres Denken und abteilungsübergreifende Organisationsfähigkeit werden zunehmend notwendig sein und wichtiger werden, um die vernetzten Abläufe zu koordinieren. Überfachliches Wissen und die Kenntnis der Abläufe zwischen den Abteilungen sind wesentlich, um Risiken und Probleme rechtzeitig zu erkennen und sinnbringend zu deeskalieren.
Chancen für MitarbeiterInnen
Die Auswahl an Berufen, auch für Lehrlinge, wird breiter und Ausbildungen bereiten den Weg ins digitale Zeitalter vor – und dies sowohl in der Metall- und Elektroindustrie als auch in der Anlagentechnik, Mechatronik, Elektronik oder der Informations- und Systemtechnik. Der Maschinen- und Anlagenbau wird zu einem Wachstumstreiber und IngenieurInnen können sich in einem breiten Spektrum weiterentwickeln. Datensicherheit und -analyse werden ebenso wie digitale Prozessabwicklung wichtige Teile der Aufgabengebiete sein. Zusatzqualifikationen, wie Prozess- und Systemintegration, digitale Fertigung, Programmierung und IT-gestützte Anlagenänderung werden zunehmend mehr gefragt sein.
„Für Österreich bedeutet Industrie 4.0 die Möglichkeit, auch in der internationalen Arena weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben und diese Wettbewerbsfähigkeit weiter auszubauen. Dies erfordert ein Handeln Richtung Digitalisierung und dementsprechende Weiterentwicklung der Mitarbeiter, um die richtigen Akzente zum Erfolg von Unternehmen zu setzen“, so Mixa abschließend.