Donnerstag, Juli 18, 2024

Streitereien unter Mitarbeitern verursachen erhebliche Kosten.  Die Unternehmensberater Herbert Strobl, Peter Fellner und Susanne Schwanzer erklären, warum Unternehmen dennoch für Konflikte dankbar sein sollten.

In einer 2009 von KPMG durchgeführten Studie unter 4.000 Industrieunternehmen werden die Kosten durch firmeninterne Reibungsverluste aus verschleppten Projekten je nach Größenordnung zwischen 50.000 und 500.000 Euro beziffert. Dabei sind Kosten aus konfliktbedingter Mitarbeiterfluktuation, Krankenständen oder entgangenen Aufträgen noch gar nicht berücksichtigt. Wahrlich keine kleinen Summen angesichts allgemeiner Sparzwänge.

Sollten Unternehmen dennoch dankbar dafür sein, dass es bei ihnen Konflikte gibt? Ja, denn keine zu haben bedeutet Stillstand. Konflikte sind eine wichtige Quelle für Innovation und Weiterentwicklung in der Organisation. Entscheidend ist allerdings, wie konstruktiv und lösungsorientiert mit Streitigkeiten und Reibereien umgegangen wird. Gar nicht so einfach, wenn man sich die eigentlichen Ursachen von Konflikten vor Augen führt: Die sichtbare, »sachliche« Ebene eines Konflikts ist nur die Spitze eines Eisbergs. Die wahre, gewichtige Konfliktmasse liegt unsichtbar, aber dafür für alle deutlich spürbar »unterhalb der Wasserlinie«.

Obwohl wir zwischenzeitlich alle mit Laptop und Handy »bewaffnet« sind, funktionieren wir emotional immer noch nach den bewährten Mustern aus der Vorsteinzeit. Nicht sachliche Argumente, sondern gefühlte Territorialverletzungen, geheime Ängste und Vorurteile (= ein Urteil vor Kenntnis) stehen am Anfang jedes hoch eskalierten Konfliktes. Viele dieser Reibungen haben einen ganz kleinen Ausgangspunkt, zum Beispiel ein simples Missverständnis, das sich durch Kommunikationsfehler in eine gänzlich unerwartete Konfliktspirale hineindreht. Sind damit lähmende Konflikte einfach unvermeidliches Schicksal für Organisationen? Mitnichten!

Ein einfaches und weit unterschätztes Mittel dagegen ist gutes Feedback. Feedback ist nicht Kritik, sondern ein Instrument sozialen Lernens. Wird es richtig gegeben und angenommen, verhindert es eine Vielzahl von Konflikten schon vor ihrer Entstehung. Gutes Feedback hat eine durchdachte Struktur, folgt klaren, offenen Regeln und berücksichtigt, dass es sowohl auf Inhalt als auch auf Verpackung ankommt. Das lässt sich ziemlich leicht erlernen. Eine funktionierende und gelebte Feedback-Kultur zu etablieren, bedeutet präventiv das Fundament einer guten Konfliktkultur in einer Organisation zu gestalten.

Damit Hand in Hand geht die Frage nach der lösungsorientierten Haltung in einer Organisation. Versucht sie in erster Linie zwischenmenschliche Probleme im Detail zu analysieren? Das gleicht meist einem Blick in den Rückspiegel und mündet schnell in die Suche nach Schuldigen. Oder ist die Kernfrage: »Was müssen wir in der Zukunft anders machen, damit es besser klappen könnte und welche Beiträge müssen dazu dann von wem geleistet werden?« Diese veränderte Fragestellung wird zu ganz anderen Antworten führen – und darüber hinaus zu einem Verhalten der Organisation, welches den Erfordernissen, die der Eisberg mit sich bringt, viel eher gerecht werden kann.


Die Autoren:

Susanne Schwanzer, Peter Fellner, und Herbert Strobl sind Gründer und     Seniorpartner von CorporateCultureConsulting. Sie beraten Unternehmen dabei, strategische und operative Ziele unter Beachtung oder durch Gestaltung einer bestehenden Unternehmenskultur überdurchschnittlich und nachhaltig zu erreichen.
www.corporatecultureconsulting.eu

 

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