Trotz des bevorstehenden EU-Beitritts am 1. Juli 2013 haben einige Händler bereits Kroatien verlassen oder sind dabei sich aus dem Markt zurückzuziehen. Das Adria-Land wurde schon vor rund einem Jahrzehnt von Handels- und Immobilieninvestoren entdeckt. Allerdings erreicht es „erst“ 23% des österreichischen Kaufkraftniveaus und kämpft aktuell mit einer hohen Arbeitslosigkeit von über 20%. Dies schlägt sich auch in den Einzelhandelsumsätzen nieder, die seit einigen Jahren nicht mehr wachsen. Ein Bericht der RegioData Research GmbH.
Kroatiens Kaufkraft erreicht nur 23% vom Österreich-Niveau
Kroatiens Kaufkraft beträgt aktuell circa 4.500 Euro pro Kopf im Jahr und erreicht rund 23% des österreichischen Niveaus. Damit stehen einem Kroaten um 15.000 Euro weniger als einem Österreicher an jährlicher Kaufkraft zur Verfügung. Das neue Mitgliedsland weist jedoch eine höhere Kaufkraft als die bereits 2007 beigetretenen Länder Rumänien (3.000 Euro) und Bulgarien (2.500 Euro) auf.
Sehr starkes regionales Gefälle
Die wohlhabenden Regionen Kroatiens sind Zagreb, Istrien sowie der Bezirk Primorsko-Goranska rund um Rijeka. In diesen Regionen leben 40% der Einwohner Kroatiens. Der Rest der Bevölkerung verfügt über eine unterdurchschnittliche Kaufkraft, die im kaufkraftärmsten Bezirk Vukovarska-Srijemska mit durchschnittlich rund 3.000 Euro pro Kopf nur noch circa 65% des durchschnittlichen Landesniveaus erreicht.
Einzelhandelsumsätze gehen zurück
Bis zur globalen Wirtschaftskrise in den Jahren 2008/2009 ist Kroatien so wie viele andere CEE-Länder von starken Wachstumsarten im Einzelhandel verwöhnt worden. Mit dem Jahr 2009 brachen die Umsätze ein und in den Jahren danach wurden Wachstumsraten von nominell nur noch 1% bis 2% jährlich registriert. 2012 gingen die Einzelhandelsumsätze sogar um 0,1% nominell zurück. „Demnach ist festzustellen, dass der kroatische Einzelhandel in den vergangenen vier Jahren nicht mehr gewachsen ist“, fasst Wolfgang Richter, Geschäftsführer von RegioData Research zusammen. Dies führte dazu, dass einige große Retailer starke Umsatzrückgänge hinnehmen und den Markt verlassen mussten oder dabei sind, sich aus Kroatien zurückzuziehen. So beklagt die englische Kette Marks & Spencer Verluste in Millionenhöhe und die italienische Parfümeriekette Limoni sperrte acht von seinen 21 Filialen in Kroatien zu. Die französische Baumarktkette Bricostore kündigte an, sich demnächst aus Kroatien zurückziehen, die Parfümeriekette Sephora verließ bereits 2012 das Land.
Was bringt der EU-Beitritt?
Mit dem EU-Beitritt erwarten sich Optimisten eine generelle Verbesserung der Lage und insbesondere eine Reduktion der Arbeitslosigkeit, die im Jahresschnitt 2012 zwar 15% betrug, allerdings schon seit Monaten auf über 20% liegt. Der freie Personen- und Warenverkehr soll weitere Investitionen ins Land bringen und für eine stärkere wirtschaftliche Dynamik in Kroatien sorgen. Dadurch soll die Arbeitslosigkeit reduziert werden und der allgemeine Wohlstand wieder ansteigen. Im Vergleich zu Österreich sowie zu anderen osteuropäischen Ländern machen Fixkosten nach wie vor einen beträchtlichen Anteil der privaten Konsumausgaben eines durchschnittlichen kroatischen Haushaltes aus. Während den österreichischen oder den slowenischen Haushalten nach Abzug der Fixkosten (Ernährung, Wohnung, Gesundheit, Transport) zwischen 46% und rund 50% der privaten Konsumausgaben für andere Zwecke übrig bleiben, sind es in Kroatien bloß 34%. Ausschlaggebend sind die Ausgaben für Ernährung: Während die Kroaten rund 36% ihrer privaten Konsumausgaben für diesen Bereich aufwenden müssen, geben österreichische Haushalte nur 15%, slowenische 18% und tschechische 22% dafür aus.