Rund 2.500 österreichische Klein- und Mittelbetriebe verkaufen ihre Produkte über Amazon Marketplace und profitieren von der großen Reichweite des Konzerns. Ein Selbstläufer ist E-Commerce aber nicht.
Die Zahlen sind beeindruckend: Im Vorjahr verkauften rund 2.500 KMU in Österreich ihre Waren über Amazon Marketplace und erwirtschafteten damit Exportumsätze in Höhe von 610 Millionen Euro. Mehr als 2,5 Milliarden Besucher*innen verzeichnet die Plattform pro Monat. Verführerische Werte – doch der Wettbewerb unter den Anbietern ist nicht zu unterschätzen. Ein Listing oder Brand Shop ist zwar schnell eingerichtet, aber um in der Masse aufzufallen, braucht es zusätzliche Aktivitäten und ein gewisses Startkapital.
»Fulfillment by Amazon« (FBA) ist ein Service des E-Commerce-Riesen, das Onlinehändler*innen die Nutzung des Amazon Logistiknetzwerks ermöglicht. Sie können ihre Produkte über die Plattform verkaufen, in den Amazon-Zentren lagern sowie Amazon den gesamten Kundenservice von Verpackung über Versand bis zur Retourenabwicklung überlassen. Eine effektive Methode, das Onlinegeschäft rasch auszuweiten und gleichzeitig den Aufwand möglichst gering zu halten, von der gerade KMU mit beschränkten personellen Ressourcen profitieren. »Viele Seller sind sehr fokussiert auf ihren Heimatmarkt. Durch das europäische Expansionsprogramm von Amazon ist es mit einer automatisierten Lösung, die Listings übersetzt, leichter möglich, andere Märkte zu erschließen«, erklärt Adnan Dzanovic, Marketplace Consultant bei Amazon.
Gratis sind die FBA -Dienstleistungen natürlich nicht. Nicht nur für den Verkäufer-Account fallen monatlich Kosten an, sondern auch für Lager, Versand und Rückerstattung – abhängig von Menge, Größe und Gewicht der Produkte. Zusätzliche Werbemaßnahmen sind ebenfalls kostenpflichtig. Für Verkauf bzw. Vermittlung werden 15 Prozent des Verkaufspreises eingehoben. Um die FBA-Gebühren abzudecken, brauchen Händler*innen somit eine Spanne von gut 40 Prozent. Über das Amazon-Vertriebsnetzwerk sind die Versandkosten trotzdem vergleichsweise günstig – zumal damit zusätzliche Leistungen wie eine optimale Verpackung verknüpft sind.
Lukrativer Höhenflug
Das in Hollabrunn ansässige Unternehmen Yosana, Anbieter nachhaltiger Yoga-, Sport- und Lifestyle-Produkte, ist einer jener Betriebe, die den Service optimal nutzen konnten. Im April 2021, mitten in der Pandemie, von Angelique und Christoph Sturmlechner gegründet, erlebte das KMU einen Höhenflug, der mit ihrem Shopify-Webshop wohl nicht möglich gewesen wäre. Seit der Registrierung auf Amazon Marketplace im September 2022 konnte Yosana den Umsatz jährlich verdoppeln und auch Kund*innen in Deutschland, Italien und Frankreich erreichen. Ein heuer neu gelaunchtes Produkt, dessen Chancen zuvor mittels Analyse-Tool ausgelotet wurden, stieg auf Anhieb zum Amazon Bestseller Nr. 1 auf.
In die Eintragung als EU-Marke und professionelle Produktfotos und Videos zu investieren, machte sich umgehend bezahlt, meint der Firmengründer: »Die höheren Kosten rechnen sich durch die bessere Conversion Rate recht schnell. Bereits im zweiten Monat erwirtschaften wir 10.000 Euro Umsatz.« Neue Marken und Produkte, die bei Amazon gelistet werden, genießen bei Konsument*innen erfahrungsgemäß höheres Vertrauen als eigene Webshops.
Ohne aktives Engagement verkauft sich jedoch auch am virtuellen Marktplatz nichts von selbst. Mit weiteren Produkteinführungen will Sturmlechner 2025 die Markenpräsenz ausbauen. Er rät Newcomern, die Kosten für den Aufbau des Onlinegeschäfts nicht zu unterschätzen: »Warenhandel ist sehr kapitalintensiv. Das komplette Business muss bei Import aus Asien, wie in unserem Fall, bis zu acht Monate vorfinanziert werden.«