Firmenflotten werden zunehmend elektrisch. Klimafreundliche Fuhrparks könnten zum Gamechanger avancieren – denn ändert sich die betriebliche Mobilität, folgen bald private Gewohnheiten.
Text: Angela Heissenberger
Der Baustoffhersteller Röfix geht mit gutem Beispiel voran. An allen acht österreichischen Standorten wird der Fuhrpark sukzessive auf E-Mobilität umgestellt. 15 reine Elektrofahrzeuge und fünf Hybrid-Fahrzeuge sind bereits im Einsatz. »Neben vielen anderen Aktivitäten, die wir uns zur Umweltschonung vorgenommen haben, ist diese Investition ein weiterer wichtiger Schritt. Die nächsten E-Fahrzeuge sind schon bestellt und werden in den kommenden Monaten weitere klassische Verbrenner-Pkw ersetzen«, sagt Dirk Zumbansen, Geschäftsleiter Finanzen, Recht und Verwaltung bei der Röfix AG. Die Autos können an den hauseigenen Ladestationen aufgeladen werden. Sie stehen den Mitarbeitenden, aber auch Kund*innen zur Verfügung. Der Strom stammt aus erneuerbaren Energiequellen – für die Versorgung der Firmenzentrale samt Produktion wurden die Photovoltaikanlagen ausgebaut.
Die Umstellung des Fuhrparks auf Elektromobilität ist ein relativ einfacher, aber effektiver Beitrag, den Unternehmen zur Verbesserung ihrer CO2-Bilanz leisten können. Auch die Kosten sind bei Betrachtung aller Faktoren gegenüber Verbrennern nicht unbedingt höher: Laut Berechnungen des Umweltbundesamts verbrauchen Elektrofahrzeuge von der Produktion bis zur Entsorgung – inklusive des Kraftstoffs für den Fahrbetrieb – bis zu acht Mal weniger Ressourcen als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Beim Recycling der Batterie können zudem bis zu 99 Prozent der Bestandteile wiederverwertet werden. Hinsichtlich Reichweite, Ladekapazität und technischer Ausstattung musste Röfix keine Kompromisse eingehen. Bestellt wurde die neue Elektroflotte bei Autohändlern in der Region, wie Einkaufsleiter Dominik Schimpelsberger betont: »Kompetenz und Lieferfähigkeit waren die entscheidenden Faktoren.«
Mehr zum Thema: Welche Alternativen gibt es zu betrieblichen Fuhrparks? Report (+) PLUS hat nachgeforscht: Mobilität als Service (report.at)
Kampf um Marktanteile
Eine aktuelle Studie der PwC-Strategieberatung Strategy& dokumentiert den Vormarsch von E-Fahrzeugen in Europa. Während die Märkte für rein elektrische Fahrzeuge (»Battery Electric Vehicles«, BEV) bei den Leadern China (plus 34 Prozent) und den USA (plus 27 Prozent) derzeit etwas an Dynamik verlieren, wird in den europäischen Kernmärkten mit einem Anstieg von 43 Prozent gerechnet.
Allerdings zeichnet sich innerhalb des Kontinents ein Nord-Süd-Gefälle ab: So haben BEV in Österreich, Deutschland, Frankreich und UK bereits die Grenze von 16 Prozent Marktanteil, die als Eintrittsbarriere in den Mainstreammarkt gilt, durchbrochen. Spanien und Italien verharren hingegen im einstelligen Bereich. »Trotz regional unterschiedlicher Geschwindigkeiten setzt sich die Transformation der Automobilbranche mit rasantem Tempo fort«, sagt Günther Reiter, Automotive Leader bei PwC Österreich. »Um den Abstand zu den Marktführern aus China und USA zu verkürzen, müssen die deutschen Hersteller jedoch das Angebot an preislich wie technisch wettbewerbsfähigen Modellen weiter ausbauen.«
Im Kampf um Marktanteile könnten mittelfristig auch Plug-in-Hybride (»Plug-in Hybrid Electric Vehicle«, PHEV) wieder eine stärkere Rolle spielen. Vor allem im größten E-Mobilitäts-Markt China feierte die Brückentechnologie aufgrund attraktiver Preise zuletzt ein Comeback. Auch in Österreich werden PHEVs weiterhin stark nachgefragt. Das liegt sowohl daran, dass für den Kauf eines PHEV keine NoVA anfällt, als auch an der Diskussion um das Aus für staatliche Förderungen für PHEV ab 2024.
Eine wesentliche Rolle spielen auch Innovationen auf dem Batteriesektor. »Chinesische Marktführer zeigen aktuell sehr gut, wie sie sich mit neuartigen Lithium-Eisenphosphat-Akkus (LFP), die günstig, kälteresistent und schnell zu laden sind, gerade im unteren und mittleren Segment vom Markt absetzen können. Die europäischen Hersteller haben hier noch wenig entgegenzusetzen, weil sie bislang vor allem auf leistungsstärkere, aber auch teurere Akkus für das mittlere und obere Segment gesetzt haben«, sagt Johannes Schneider, Partner bei Strategy& Österreich. »Um künftig in allen Segmenten mithalten zu können, müssen sie auch in eigene LFP-Entwicklung und -Fertigungen investieren – sonst ziehen ihre Wettbewerber in absehbarer Zukunft an ihnen vorbei.«
Ausbau der Infrastruktur
Um die globalen Klimaziele zu erreichen, müssten bis 2050 rund 15 Milliarden Liter fossiler Kraftstoffe, die derzeit täglich weltweit getankt werden, durch klimaneutrale Kraftstoffe ersetzt werden. Ob dies allein durch Strom oder E-Fuels möglich ist, wurde beim Internationalen Wiener Motorensymposium am 11. Oktober in der Wiener Hofburg diskutiert. »Mit dem rein batterieelektrischen Ansatz geht dies nicht rasch genug, allein schon wegen diverser technischer Engpässe wie der zu geringen Ausbaugeschwindigkeit des Stromnetzes oder der unzureichenden Kobaltversorgung für den Bau von Batterien«, betonte Ulrich Kramer, technischer Experte für erneuerbare Kraftstoffe bei der Ford Werke GmbH.
Die Branche rechnet weltweit mit einer Versechsfachung des Batteriespeicherbedarfs bis 2030 gegenüber 2022. Zudem würden über den gesamten Lebenszyklus von der Produktion über den Betrieb bis zum Recycling eines Fahrzeugs betrachtet durch »Electric only« um 39 Prozent mehr Treibhausgase anfallen als mit einem Mix verschiedener klimaneutraler Technologien, so Kramer.
Für perfekt hält Lukas Mauler, Bereichsleiter Senior Manager Advanced Technology bei der Porsche Consulting GmbH, keine der Technologien. Für die Hochseeschifffahrt würden ganz andere Anforderungen gelten als für den Straßenverkehr. Ein großes Containerschiff bräuchte etwa Batterien im Wert von 400 Millionen US-Dollar, mit sechs Gigawattstunden Speicherkapazität und einem Gewicht von rund 20.000 Tonnen, um fünf Tage auf hoher See unterwegs sein zu können. In Hafennähe wären 100 Windräder nötig, um die Batterien in 24 Stunden wieder aufzuladen. Letztlich entscheidend für die Wahl eines Antriebs sei nicht der Wirkungsgrad, war sich Mauler mit anderen Expert*innen einig, sondern ob eine ausreichende Infrastruktur dafür vorhanden ist. Das gelte für Strom, E-Fuels oder Wasserstoff gleichermaßen.
Um die Mobilitätswende anzutreiben, hat das Europäische Parlament neue Verordnungen auf den Weg gebracht. Bis 2026 soll es auf den europäischen Hauptverkehrsrouten mindestens alle 60 Kilometer Ladestationen für Elektroautos mit einer Mindestladeleistung von 400 kW geben, wobei die Leistung bis 2028 auf 600 kW aufgestockt werden soll. Die Bezahlung soll per Debit- und Kreditkarte oder QR-Code möglich sein, ohne ein Abonnement abschließen zu müssen. Bis 2027 will die EU-Kommission zudem eine Preisdatenbank einrichten – denn die Preistransparenz lässt noch zu wünschen übrig.
Schlüssel für die Wende
»Elektromobilität ist der Schlüssel für die Verkehrswende«, ist Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie, überzeugt: »Vor allem im Fuhrpark für Unternehmen ist der Umstieg attraktiv. Weit über 90 Prozent der Autofahrten sind kürzer als 50 Kilometer, diese Strecke schafft ein durchschnittliches Elektroauto locker fünf bis sechs Mal pro Vollladung. Damit können auch längere Dienstwege ohne Probleme zurückgelegt werden. Und wenn man zur Firmenzentrale zurückkommt, steckt man das E-Auto einfach wieder an.«
Auch das frei zugängliche Ladenetz wächst stetig. In ganz Österreich stehen bereits mehr als 22.000 öffentliche Ladepunkte zur Verfügung, allein in Wien sind es über 2.000. Dennoch haben Unternehmen vor allem wegen der Ladeinfrastruktur Bedenken, ihren Fuhrpark auf E-Fahrzeuge umzustellen. Dabei liegt die durchschnittliche Tagesweglänge nur bei rund 35 Kilometer, in ländlichen Gebieten ist sie etwas höher als im urbanen Raum. Ein 30-kWh-Akku ermöglicht eine Reichweite von 200 bis 250 Kilometern – also durchaus ausreichend, sollte man meinen. Dennoch halten einer Eon-Studie zufolge nur 19 Prozent der Befragten ein E-Auto mit weniger als 300 Kilometern Reichweite für akzeptabel.
Intelligente Lösungen
Das steigende Interesse seitens der Unternehmen macht sich auch beim Dienstleister SMATRICS bemerkbar. Das österreichische Green-Tech-Unternehmen bietet gemeinsam mit den Shareholdern Verbund AG und Energie Baden-Württemberg AG praktikable 360-Grad-Lösungen entlang der gesamten e-mobilen Wertschöpfungskette in Österreich und Deutschland. Diese umfassen Unterstützung bei der Projektierung, die Bereitstellung der Hardware, ein intelligentes Lastmanagement der Ladestationen und den Betrieb der Ladeinfrastruktur. Im Fuhrparkmanagement sind auch die Verrechnung der einzelnen Ladevorgänge über das integrierte Smart-Mobility-Portal und die Betreuung durch eine 24/7-Servicehotline inkludiert.
»Staatliche oder regionale Förderungen bieten zum Teil erhebliches Einsparungspotenzial bei den Anschaffungskosten und bieten Steuervergünstigungen«, erklärt SMATRICS-Marketingleiterin Brunhild Gabriel. Sie empfiehlt bei der Fahrzeugauswahl neben der Reichweite auch die benötigte Ladezeit, Batteriekapazitäten und individuelle betriebliche Anforderungen zu berücksichtigen.
Mehr zum Thema: Wie Elektroautos selbst zum Kraftwerk werden können - und zum Beispiel auf der Baustelle Strom liefern - lesen Sie hier: Bidirektionales Laden
Die Geiger Gruppe mit über 100 Standorten in Europa stellte kürzlich ihren Flottenbetrieb mithilfe des Dienstleisters um. Damit komme das Allgäuer Familienunternehmen dem eigenen Klimaziel einen großen Schritt näher, zeigt sich Josef Althoff, Geschäftsführer Geiger Energietechnik zufrieden: »Wir haben uns das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2030 treibhausgasneutral zu sein. Eine wesentliche Maßnahme ist der nachhaltige Betrieb unseres umfangreichen Pkw-Fuhrparks durch die sukzessive Elektrifizierung und Versorgung durch Eigenstromerzeugung.«
Förderung: E-Mobilitätsoffensive
Die E-Mobilitätsoffensive 2023 läuft noch, solange Förderbudget (insg. 95 Millionen Euro) vorhanden ist, längstens aber bis 31. März 2024. Gefördert wird die Anschaffung von Elektrofahrzeugen bzw. Ladeinfrastruktur jedoch nur noch für soziale Einrichtungen, Fahrschulen, E-Carsharing und E-Taxis. Die Fördersätze für Betriebe, Gebietskörperschaften und Vereine sind Pauschalfördersätze und vom Fahrzeugtyp abhängig sowie auf max. 30 Prozent der Investitionskosten beschränkt. Die Förderung kann für neue Elektroautos sowie E-Fahrzeuge, die beim Händler bereits in Betrieb waren (z. B. Tageszulassungen, Vorführwagen etc.) beantragt werden. Der Zeitraum zwischen Erstzulassung und aktueller Zulassung darf jedoch nicht mehr als zwölf Monate betragen.
Die Schaffung von betrieblicher Ladeinfrastruktur (Standsäulen und Wallboxen) wird seitens des Bundes mit bis zu 30.000 Euro unterstützt. Die Höhe ist abhängig davon, ob es sich um einen AC- oder DC-Ladepunkt handelt und ob die Ladeinfrastruktur auch öffentlich zugänglich ist. Das Einreichverfahren verläuft in einem zweistufigen Prozess über die Förderstelle Kommunalkredit Public Consulting (KPC). Nach der Registrierung muss innerhalb von 36 Wochen der Antrag gestellt werden.