Sonntag, Dezember 22, 2024
»Kunden wollen ernst genommen werden«

Statt zu Preisschlachten rät Verkaufsprofi Roman Kmenta zu Service mit Mehrwert. Emotionen bleiben der wichtigste Entscheidungsfaktor.

(+) plus: Viele Unternehmen konzentrieren ihre Anstrengungen auf die Gewinnung von Neukunden statt auf die Bindung von Stammkunden. Ist das der falsche Weg?

Roman Kmenta: Der richtige Weg wäre beides. Bei den meisten Unternehmen fallen im Laufe der Zeit aus den unterschiedlichsten Gründen Kunden weg. Die müssen ersetzt werden. Man muss jedoch differenzieren: Die Unternehmen sagen zwar, dass ihnen die Neukundengewinnung sehr wichtig ist. Von den Verkäufern wird sie aber ganz hinten angereiht, weil es eine relativ unangenehme Aufgabe ist. Das zeigt sich vor allem bei Verkäufern, die schon mit Stammkunden gut versorgt sind.

(+) plus: Welche Fehler werden bei der Akquirierung von Kunden gemacht?

Kmenta: Hier gibt es strategische und taktische Fehler. Es wird zu wenig geplant. »Wir brauchen dringend neue Kunden«, heißt es, und dann wird hektisch irgendetwas gemacht. Wenn ich vorher definiere, wer überhaupt mein perfekter Kunde ist und eine passende Lösung für dessen Probleme biete, ist es schon viel einfacher. Die Kundengewinnung wird oft auch mit zu wenig Fleiß betrieben. Kontakte bringen Kontrakte – wer öfter zum Telefon greift, hat die Nase vorn. Das wird aber ungern gemacht.

(+) plus: Sind Emotionen tatsächlich so wichtig – Stichwort Customer Experience?

Kmenta: Emotionen sind der Kaufentscheidungsfaktor Nr. 1, auch wenn sie oft im Verborgenen ihre Wirkung entfalten. Man versucht gerade, im B2B-Bereich dieses Gewicht zu reduzieren und durch Ausschreibungen und professionelle Einkäufer sachliche Entscheidungen zu treffen. Doch so sehr wir uns bemühen, letztlich ist es immer eine emotionale Angelegenheit.

(+) plus: Wie lässt sich das auf den Online-Bereich übertragen? Da fehlt ja die menschliche Komponente.

Kmenta: Im Internet wird bereits viel mit Chats gearbeitet, aber Emotionen betreffen nicht nur die sprachliche Interaktion, sondern Bilder, Farben, Marken, das Produkt selbst. Deshalb wird professionell ausgetes­tet, bei welchem Hintergrund ein Kunde länger verweilt oder ob der Button eher gedrückt wird, wenn er rot, grün oder blau ist. Im Offline-Bereich macht sich darüber kaum jemand Gedanken, außer vielleicht die ganz großen Händler.

(+) plus: Ein beliebtes Loyalitätsinstrument sind Bonuspunkte. Ein taugliches Mittel oder veraltet?

Kmenta: Wahrscheinlich geht es Ihnen wie mir: Ich habe Unmengen von Kundenkarten, verwende aber nur ganz wenige, nämlich dort, wo ich oft und gerne einkaufe und wo der Bonus wirklich einen nennenswerten Rabatt bringt. Es gibt Berichte, wonach 80 % der gesammelten Flugmeilen nicht eingelöst werden. Wobei: Jeder, der das Einlösen schon einmal versucht hat, muss zugeben, dass es gar nicht so einfach ist.

Das Punktesammeln funktioniert durchaus, aber es muss wirklich einen Vorteil für den Kunden bringen und darf nicht zu kompliziert sein. Kein Vorteil wäre: Man sammelt Punkte und kann diese dann eintauschen, um ein Produkt billiger zu kaufen. Statt 50 Euro zahlt man nur 25, ahnt aber, dass man das Produkt woanders auch um diesen Preis bekommen hätte. Diese Pseudo-Vorteile kommen nicht gut an.

(+) plus: Über Kundenkarten generieren die Unternehmen wertvolle Daten über das Kaufverhalten. Ist das ein fairer Deal?

Kmenta: Generell geben wir permanent Daten über uns preis. Jeder muss sich bewusst sein, sobald eine Kunden- oder Kreditkarte verwendet wird, sind Informationen im Umlauf – Datenschutz hin oder her.

(+) plus: Wie können Kunden zur Rückkehr bewegt werden?

Kmenta: Indem ich einen Mehrwert biete. Oft werden Kunden mit niedrigen Preisen gelockt. Das sind potenzielle Schnäppchenjäger und hochgradig illoyal. Will ich diese Kunden überhaupt haben? Statt des permanenten Preisschleuderns, das sich ohnehin die wenigsten Unternehmen leisten können, wäre es sinnvoller, die Kunden z.B. über ein tolles Erlebnis zu binden. Der Apple-Service hat mich unlängst richtig begeistert. Ich wurde sofort zurückgerufen und mehrere Mitarbeiter haben sich mit meinem Problem befasst, bis es gelöst war. Kein Vergleich zu anderen Unternehmen, wo man die Hotline nicht einmal erreicht und Informationen nicht weitergeleitet werden. Da gebe ich gerne mehr Geld aus, wenn ich dafür eine bessere Betreuung bekomme. Das bindet Kunden.

(+) plus: Bei verärgerten Kunden ist es dafür vermutlich zu spät.

Kmenta: Ich würde die Karten auf den Tisch legen: Sorry, da ist etwas schief gelaufen, aber wir würden es gerne noch einmal mit Ihnen versuchen. Statt dieser versteckten Werbegeschichten, die ohnedies meist durchschaubar sind, tut eine offene, ehrliche Art vielleicht ganz gut. Kunden wollen ernst genommen werden.

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