Kein Wunder, dass die Regierung ihre neuen Steuerpläne am liebsten bis Dezember geheimhalten will – bei den zu erwartenden Grauslichkeiten kann dann wohl nur ein starker Adventpunsch trösten. Ein Insiderbericht von Rainer Sigl.
Pssssst! Also ich dürft ja eigentlich gar nichts sagen, weil: Überraschung! Geheim! Aber – ausnahmsweise! Weil ich komm grad aus so einem Thinktank zum Thema Budget und ich muss sagen, das ist gar keine so schlechte Idee von unseren Staatslenkern, dass sie das erst im Winter ankündigen wollen, weil mal ehrlich: Auch dem renitentesten Protestierer ist’s Ende November schnell mal zu kalt zum Herum-Anarcheln, und dann eventuell am Ring brennende Mistkübel oder Polizeiautos lassen sich unter Umständen den Touristen sogar als Adventzauber verkaufen.
Tja – das Grundproblem ist halt, dass kein Geld da ist. Und wenn man’s sich nicht grad selbst vom Mund absparen will, muss man als Politiker halt findig sein und kreative Lösungen finden, um den störrischen Staatsbürger sanft, aber bestimmt zu einem höheren Beitrag zum Allgemeinwohl zu überreden. Ich mein, das müsste ja eigentlich jedem Deppen einleuchten, dass das halt mal alles was kostet, was man so an hochklassiger Servicestruktur für Herrn und Frau Österreicher aufgebaut hat – neun fantastische Landtage, unzählige traditionsreiche Kammern und, so über den Daumen gepeilt, 23 Krankenkassen, zum Beispiel, also, das ist schon was, nicht, das muss dem Bürger schon bewusst sein, dass so viel Service in seinem Sinne halt auch was kostet!
Die SVA ist lobenswerterweise ja schon mit einem Selbstbehaltmodell vorangeprescht, das geradezu vorbildlich beides ermöglicht: die Gesunderhaltung der Patienten UND der historisch gewachsenen, traditionellen und schützenswerten Verwaltungsstrukturen, die einen großartigen Betreuungsschlüssel ermöglichen, von dem andere Länder nur träumen können! Ja, wir können mit Stolz behaupten, dass sich hierzulande im Durchschnitt zwei bis drei hochmotivierte Bürokraten um jeden Versicherten kümmern, und das täglich von 9 bis 10 Uhr 30, Donnerstag sogar von 12 bis 14 Uhr! Das kostet aber halt alles was, und das ist auch im Thinktank ganz klar angesprochen worden, da heißt’s halt, den Gürtel enger schnallen für den Steuerzahler und selber mehr Verantwortung zu tragen.
Ich mein, man muss ja wirklich nicht wegen jedem banalen Knochenbruch oder ein bisschen Krebs ins Spital rennen, die Selbstheilungskräfte des menschlichen Körpers sind ja ein Wunder der Natur! Da muss man den bekannt verschwendungssüchtigen und hypochondrischen Patienten Österreichs halt die nötigen Anreize zum Sparen geben, was weiß ich, zum Beispiel, dass sich der Selbstbehalt um fünf Prozent verringert, wenn man erst im Endstadium einer Krebserkrankung den teuren Onkologen aufsucht.
Tja, und auch einnahmenseitig wird leider etwas passieren müssen, ansonsten steht zum Beispiel bei dem einzigartigen Kammersystem, das wir in Österreich mit großem Stolz und Traditionsbewusstsein führen, ein tragischer Kahlschlag, ja, ein Kammersterben bevor. Jawohl, es schnürt mir die Kehle zusammen, aber wenn wir nicht mehr Steuern einnehmen können in diesem Land, sind auch Horrorszenarien wie die Zusammenlegung der Konditoren- mit der Bäckerinnung oder die brutale Abschaffung der Bundesinnung der Handschuhmacher nicht auszuschließen – und das wird ja wohl niemand ernsthaft wollen!
Ein interessanter Vorschlag zur Weiterfinanzierung wäre die absolut flächendeckende Bekämpfung der Schwarzarbeit im Privatbereich, wo jährlich Millionen – ach was, Milliarden! – verloren gehen, nur weil verantwortungslose Amateure staatsschädigenderweise glauben, sie könnten, was weiß ich, einen Nagel einschlagen oder das Kinderzimmer selber ausmalen, ohne dafür einen zertifizierten Meisterbetrieb zu beauftragen, wie es eigentlich ihre logische Staatsbürgerpflicht wäre! Für jede Million, die wir da in Anreizsysteme stecken, diesem Unwesen ein Ende zu bereiten, kommen zwei zurück in die Staatskassen! Denunziations-Hotlines, oder Bonusprogramme, wo man für jeden angezeigten Nachbarn einen Monat länger Kindergeld bekommt … Die Möglichkeiten sind endlos!
Schauen Sie, genau das sind die Momente, in denen Österreich sich glücklich schätzen kann, so viele hoch motivierte Beamte, Funktionäre und andere Staatsdiener zu haben. Es ist eine wunderbare Symbiose: Wir da oben tragen die schwere Last der Verantwortung – dafür werden wir von den Steuerzahlern getragen. Kopf hoch da unten: Es geht wieder steil bergauf!