Die Lieblingsdisziplin des gelernten Österreichers wird europäisch: Wir sparen uns die Wirtschaft gesund.
Ein Sparbrief von Rainer Sigl.
Endlich sieht’s auch der Rest von Europa ein: Sparen ist angesagt! Als Österreicher haben wir bekanntlich eine große, würdige Tradition im Sparen, an der nun hoffentlich ganz Europa genesen wird. Nicht unbedingt in der Politik, aber bei den Menschen selbst. Immerhin wird hierzulande ja schon dem kleinsten Bauxerl eingetrichtert, dass es brav am Weltspartag sein von der Verwandtschaft zusammengeschnorrtes Taschengeld vertrauensvoll für ein kleines Dankeschön in Form von Zuckerln oder neuen Sparbüchsen den Profis von der Bank übergeben soll, die es dann verantwortungsvoll zum Beispiel in vernünftigen Yacht-Projekten im Südosten Europas anlegen. Dem Österreicher ist das Sparen also schon von frühester Kindheit an heilig, und so ist es auch kein Wunder, dass der ehrliche Alpenrepublikaner eifersüchtig das Bankgeheimnis verteidigt, das in der österreichischen Folklore einen Ehrenplatz neben Lipizzanern, Mozartkugeln, Buschenschank und immerwährender Neutralität einnimmt. Ja, es ist rührend, zu beobachten, wie sich rüstige Mindestrentnerinnen Schulter an Schulter mit aristokratischen Großerben und atemberaubend geföhnten Aktienmillionären gemeinsam gegen die unzumutbare Lockerung dieses Geheimnisses des Finanzglaubens verwehren, nur weil da angeblich ein paar läppische Milliarden nicht dem gierigen Staat, sondern dem schönen Sparstrumpf zugute kommen. Kein Vergleich zur Neiddebatte anderswo!
Es gilt: Wer spart, gewinnt, und so finden sich täglich Hunderttausende beim Küchentisch ein, um die kiloweise einflatternden Prospekte diverser Supermarktketten und Möbelhäuser zu studieren – immerhin spart man ja bekanntlich durch den Preisvergleich am meisten. Wer aufmerksam recherchiert hat, wo was gerade wann in welchen Großpackungen am günstigsten zu haben ist, kann sich dann wohlgemut an den Samstagen auf eine höchstens vier- bis fünfstündige Expedition durch die Einkaufszentren der mitteleuropäischen Umgebung aufmachen, um, als echter Fuchs, kein Geld zu verschwenden – wir sind doch nicht blöd, Mann, sondern haben Hausverstand bis zum Abwinken, dafür aber nix zu verschenken, weil man rechtzeitig drauf schaut, dass man’s hat, wenn man’s zur allgemeinen Gewissensberuhigung am Sparbüchl braucht! Die Avantgarde des Sparens hierzulande geht freilich noch einen Schritt weiter, knobelt die besten Schnäppchen aus, berechnet peinlich genau die Spar-Gewinne – und bleibt dann zu Hause, um so nicht nur die Differenz zum Normalpreis, sondern überhaupt alles zu sparen. Fantastisch, wie viele Tausend Euro ich alleine jede Woche durch Nichtkauf diverser Artikel des täglichen Lebens eingespart habe – da wird einem ganz schwindelig!
Apropos schwindelig: Der Österreicher organisiert sich hierzulande auch traditionell in Sparvereinen, wo das tatkräftige Sparen wöchentlich beim Wirten begossen wird, und schon mancher hat sich allfreitäglich schon beim Sparen mit Schnitzel und Gerstensaft so verausgabt, dass er sich am Samstag die Nahrungsaufnahme und das Verlassen des abgedunkelten Schlafzimmers generell sparen konnte – übrigens auch eine prima Methode, um sich den obengenannten Einkaufsmarathon zu sparen. An solchen Tagen spare ich dann meist auch gleich zusätzlich Wasser und Strom, da ich dann erfahrungsgemäß mit einmal Zähneputzen am Tag auskomme und auch zu laute Radios und Fernseher kostenbewusst verstummen lasse.
Österreich selbst geht als Land mit gutem Beispiel voran und spart sich auch so einiges: aktuell zum Beispiel eine Fußball-Nationalmannschaft, die um teures Geld zu internationalen Bewerben geschickt werden muss. Oder unsinnigen militärischen Luxus wie Panzer – wer superschnelle Eurofighter hat, kann sich derartig langsames Kriegsgerät – genau – sparen. Und welches verschwendungssüchtigste Zweitgriechenland braucht echt einen ganzen Haufen verschiedener Tageszeitungen, wenn, wie man sieht, auch ein einziges platzsparendes Kleinformat pro Land ausreicht? Jawoll, Europa: Wir schnallen jetzt den Gürtel enger.
Wie heißt’s so schön: Spare in der Not … oder so ähnlich.