Dienstag, Jänner 21, 2025
Generative KI: Problem des ökologischen Fußabdrucks
Elina Galabova ist Head of Sustainable Data & Reporting bei Capgemini Invent.

Eine Studie des Capgemini Research Institute geht der Frage nach, wie es um Nachhaltigkeit bei der Nutzung generativer KI (Gen AI) steht. Der Studie „Developing sustainable Gen AI“ zufolge hat Gen AI erhebliche und zunehmende negative Auswirkungen auf die Umwelt. Viele Unternehmen versäumen es jedoch, diesen wachsenden Fußabdruck angemessen zu erfassen.


Die Einführung von Gen AI hat sich rasant beschleunigt. Frühere Untersuchungen von Capgemini zeigen, dass Ende 2023 gerade einmal sechs Prozent der Unternehmen Gen AI in ihre Prozesse und Standorte integriert hatten, während es im Oktober 2024 bereits 24 Prozent waren. KI insgesamt fördert nicht nur das Unternehmenswachstum, sondern hat auch das Potenzial, Energieeffizienz zu steigern und Nachhaltigkeitsinitiativen zu unterstützen. Gen AI erfordert jedoch die Verarbeitung großer Datenmengen und damit eine erhebliche Rechenleistung, die große Mengen an Strom, Wasser und weiteren Ressourcen verbraucht.

Das Ergebnis: Fast die Hälfte (48 Prozent) der befragten Führungskräfte ist der Ansicht, dass der Einsatz von Gen AI zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen geführt hat. Prognosen zufolge wird dieser Anstieg weiter zunehmen. Organisationen, die derzeit ihren mit Gen AI zusammenhängenden Fußabdruck messen, gehen davon aus, dass der Anteil, der durch Gen AI verursachten Emissionen an den gesamten CO2-Emissionen ihrer Organisation, in den nächsten zwei Jahren von durchschnittlich 2,6 auf 4,8 Prozent steigen wird. Um dem entgegenzuwirken, setzen Organisationen zunehmend auf erneuerbare Energien und optimieren ihre KI-Infrastruktur.

Wenige Organisationen priorisieren Nachhaltigkeit

Während sich innovative Gen-AI-Lösungen schnell verbreiten, haben Organisationen hinsichtlich der Erfassung des ökologischen Fußabdrucks der Technologie nicht Schritt halten können: Gerade einmal zwölf Prozent der Führungskräfte, die Gen AI einsetzen, geben an, dass ihre Organisation den entsprechenden ökologischen Fußabdruck erfasst und nur 38 Prozent sind sich grundsätzlich der Auswirkungen der Technologie auf die Umwelt bewusst. Mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit bewerten Unternehmen Gen-AI-Lösungen in erster Linie anhand Leistung, Skalierbarkeit und Kosten – Nachhaltigkeit spielt nur eine untergeordnete Rolle. Nur ein Fünftel der Führungskräfte betrachtet den ökologischen Fußabdruck von Gen AI als einen der fünf wichtigsten Faktoren bei der Auswahl oder Entwicklung von Gen-AI-Modellen. Immerhin ist sich mehr als die Hälfte bewusst, dass der ökologische Fußabdruck verringert werden könnte, wenn Nachhaltigkeit bei der Auswahl von Gen-AI-Tools als Schlüsselkriterium berücksichtigt würde.

Fußabdruck systematisch erfassen

Angesichts des wachsenden Bewusstseins für den ökologischen Fußabdruck von Gen AI hat fast ein Drittel (31 Prozent) der Organisationen begonnen, Nachhaltigkeitsmaßnahmen in den Lebenszyklus von Gen-AI-Lösungen zu integrieren. So verwendet beispielsweise mehr als die Hälfte entweder bereits kleinere Modelle und versorgt die notwendige Infrastruktur mit erneuerbaren Energien oder plant dies für die nächsten zwölf Monate.

Allerdings entwickeln nur vier Prozent der Unternehmen ihre eigenen Modelle und haben dementsprechend Einblick und Einfluss. Der weitaus größere Teil, mehr als drei Viertel der Unternehmen, verwendet im Gegensatz dazu vortrainierte Modelle. Führungskräfte sind daher beim Thema Nachhaltigkeit stark auf ihre Technologiepartner angewiesen. Tatsächlich empfinden es fast drei Viertel aufgrund der begrenzten Transparenz der Anbieter als schwierig, den Fußabdruck der Technologie zu erfassen. Zudem fehlt dafür eine einheitliche Methodik.

„Generative KI birgt, wenn sie richtig eingesetzt wird, enormes Potenzial. Sie kann Unternehmen dabei unterstützen, Lösungen zu entwickeln, die das menschliche Vorstellungsvermögen übersteigen – sei es in der Materialforschung, bei nachhaltigeren Produkten oder in effizienteren Herstellungsprozessen. Nahezu alle Branchen erkennen dieses Potenzial und erhoffen sich eine Beschleunigung von Innovationen sowie signifikante Kostensenkungen. Gleichzeitig stehen Unternehmen vor der Aufgabe, den ökologischen Fußabdruck dieser Technologie zu bewerten und zu minimieren, um ihre ambitionierten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen“, so Elina Galabova, Head of Sustainable Data & Reporting bei Capgemini Invent in Österreich.

Verantwortungsvoller Einsatz

Die Studie legt nahe, dass Unternehmen noch vor Projektstart den Einsatz von Gen AI gründlich bewerten sollten, sowohl mit Blick auf tatsächlichen Mehrwert als auch auf den ökologischen Fußabdruck. Es sollte abgewogen werden, ob wirklich energieintensive Gen-AI-Technologie benötigt wird oder ob eine andere Technologie ein äquivalentes Ergebnis erzielen kann. Zudem sollten Organisationen nachhaltige Praktiken während des gesamten Lebenszyklus der KI sicherstellen, beispielsweise bei der Wahl der Hardware, der Modellarchitektur, der Energie für Rechenzentren sowie durch Vorgaben zur nachhaltigen Nutzung.

In einigen Fällen kann Gen AI selbst zum Erreichen von Nachhaltigkeitszielen eingesetzt werden, beispielsweise im Rahmen von ESG-Berichten, Materialoptimierung in Schlüsselindustrien oder nachhaltiger und zirkulärer Produktentwicklung. Ein Drittel der Führungskräfte setzt bereits Gen AI für Nachhaltigkeitsinitiativen ein, und zwei Drittel erwarten, dass sie in den nächsten drei bis fünf Jahren eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um mehr als zehn Prozent durch Gen-AI-gestützte nachhaltige Geschäftsinitiativen erreichen. Diese Annahme muss jedoch mit Vorsicht betrachtet werden: letztlich erfassen dafür zu wenige Organisationen den ökologischen Fußabdruck ihrer Gen-AI-Nutzung. Um die Umweltauswirkungen von KI vollständig zu verstehen und abzumildern, sind kontinuierliche Forschung und konsequentes Monitoring unerlässlich.

Für Organisationen, die eine sichere, transparente, nachhaltige und ethische Gen-AI-Nutzung anstreben, stehen vor allem drei Aspekte im Vordergrund: multidisziplinäre Governance-Modelle, wirksame Richtlinien sowie eine branchenweite Zusammenarbeit aller Interessengruppen. Fast zwei Drittel (62 Prozent) der Führungskräfte sind der Meinung, dass robuste Leitplanken und eine solide Governance die Umweltauswirkungen von Gen AI wirksam mindern können.

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