Samstag, Dezember 21, 2024

Warum nicht die Last auf viele Schultern verteilen? Lisann Krautzberger über neue Möglichkeiten für Betreiber von (nicht nur) Kleinkraftwerken.

Ein Kommentar von Lisann Krautzberg, Österreichleitung Next Kraftwerke.

Bislang ruhte ein großer Teil der Strom versorgung auf den Schultern von gro­ßen Kraftwerken. Warum nicht die Last auf viele Schultern verteilen und auch den Betreibern dezentraler kleiner Anlagen die Möglichkeit bieten, ihren Beitrag zur Stromversorgung – bis hin zur Stabilisierung der Netze – zu leisten? Virtuelle Kraftwerke bieten diese Möglichkeit, indem sie unterschiedlichste Ökostromanlagen über ein zentrales System miteinander vernetzen.

Virtuelle Kraftwerke setzen an einer maßgeblichen Herausforderung der Energiewende an: Durch die wachsende Einspeisung volatiler Energieträger wie Wind- und Solarenergie steigen auch die potenziellen Schwankungen der Netze, da der Wind nicht immer weht und die Sonne nicht immer so scheint, wie prognostiziert wurde. Was liegt näher, als diese strukturellen Schwankungen, die durch Teile der erneuerbaren Energien verursacht werden, durch sehr flexibel einsetzbare und steuerbare Erzeugungsformen abzufedern und auszugleichen? Denn über ein virtuelles Kraftwerk vernetzt eignen sich dezentrale Kleinanlagen der erneuerbaren Energien wie Kleinwasserkraft- oder Biomasseanlagen hervorragend für die Bereitstellung von Systemdienstleis­tungen. Diese Anlagen zeigen, was die Laständerung betrifft, sehr kurze Reaktionszeiten, die sie für den Einsatz in der Vorhaltung von Regelenergie prädestinieren. Der Grund, warum sie schluss­endlich nicht am Regelenergiemarkt teilnehmen, ist die häufig zu geringe Bemessungsleistung der individuellen Anlagen sowie der auf den einzelnen Betreiber zukommende hohe technische und bürokratische Aufwand, der mit einer Teilnahme am Regelenergiemarkt verbunden ist. Vernetzt man diese Kleinerzeuger jedoch in einem Pool, so ist es möglich, die dezentral verfügbare Leistung zu bündeln und gemeinsam über das virtuelle Kraftwerk anzubieten. Eine zentrale Leitstelle verarbeitet die ankommenden Regelenergieabrufe und verteilt diese über einen Algorithmus an die entsprechenden Anlagen. Der Algorithmus berücksichtigt bei der Vergabe der Abrufe, mit welcher Leistung die einzelnen Anlagen im Pool ins Netz einspeisen und ob sie momentan für einen Abruf verfügbar sind. Auf diese Weise kommt den kleinen und dezentralen Anlagen die gleiche Verantwortung zu, wie sie bislang nur die großen Anlagen übernommen haben. Aber nicht nur das: Auch die Erlöse kommen jetzt den Betreibern von kleineren Anlagen zugute, die mit der Vorhaltung von Systemdienstleistungen Mehrerlöse erzielen können.

Wertvoller Beitrag

Darüber hinaus bietet die Vernetzung über ein virtuelles Kraftwerk den Betreibern von Kleinanlagen der erneuerbaren Energien weitere Vorteile: Über eine angeschlossene Handelsabteilung beim Betreiber des virtuellen Kraftwerks ist es möglich, mittels intelligenter Handelsstrategien und hochwertiger Stromprognosen Mehrerlöse am Strommarkt zu erzielen, die in dem Maße die Betreiber der einzelnen Anlagen so nicht erwirtschaften können. Zudem besteht die Chance, die Stromproduktion abhängig vom Börsenpreis zentral aus dem virtuellen Kraftwerk heraus zu steuern. So werden weitere Gewinne im täglichen Betrieb möglich, da die Anlage nur Strom einspeist, wenn der Strompreis entsprechend hoch ist. Diese Anpassung an den Strompreis kommt auch der Netzstabilität zugute: Wenn bereits viel Strom im Netz ist und daher der Börsenpreis sehr niedrig ist, wird kein weiterer Strom eingespeist.

Wir sind sicherlich noch ein gutes Stück davon entfernt, die gesamte Stromversorgung in die Hände der erneuerbaren Energien zu legen. Dennoch zeigt sich heute schon, dass virtuelle Kraftwerke einen wertvollen Beitrag zur Neugestaltung der Energieversorgung leisten können und bereits leisten.

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