Samstag, Dezember 21, 2024

Thomas Arnoldner, Vorstandsvorsitzender Alcatel-Lucent Austria, über den Breitbandausbau und die weiterhin goldene Zukunft von Kupfertechnologien in den IKT-Netzen.

Report: Die Regierung schreibt in Kürze die erste Tranche für den Breitbandausbau in der Höhe von 300 Millionen Euro aus. Wie wichtig ist Breitband für Österreich?

Thomas Arnoldner: Breitband ist für den Wirtschaftsstandort enorm wichtig. Die Informations- und  Kommunikationstechnologie hat in Österreich bereits eine höhere Wertschöpfung als die Sparte Tourismus. Knapp 30 % des Wirtschaftswachstums werden aus der IKT generiert. Eine aktuelle Studie besagt, dass durch die Umsetzung der digitalen Agenda in Österreich, wenn sie sofort erfolgt, das BIP im Jahr 2020 um knapp drei Prozentpunkte gesteigert werden kann. Im Umkehrschluss heißt dies aber, dass wir mit jedem Jahr Verzögerung 0,5 Punkte davon verlieren.

Die Digitalisierung allgemein und der Ausbau von Breitband im Speziellen sind Antworten auf drängende Fragen, die uns alle beschäftigen. Denken Sie nur an den Gesundheitsbereich, in dem IKTLösungen alte und pflegebedürftige Menschen unterstützen können. Denken Sie an das Thema Verkehr – dort helfen neue Kommunikationslösungen, Fahrten zu vermeiden.Sie ermöglichen einen Fernzugang zum Arbeitsplatz und damit gleiche Chancen für jene, die weiter entfernt von einer Arbeitsstätte wohnen. Im Kern unserer Strategie steht der Ausbau von Breitbandnetzen, genauso wie von IP-Netzen und Cloudanwendungen. Alcatel-Lucent ist hier sehr gut positioniert. Das Schöne an unserer Industrie ist ja auch, dass der Ausbau dieser Infrastruktur in einem weit geringeren Ausmaß von öffentlichen Geldern abhängig ist. Nichtsdestoweniger glauben wir, dass die Breitbandmilliarde ein wichtiger Impuls ist, den Wirtschaftsstandort voran zu bringen.

Report: Was erwarten Sie konkret für Ihr Unternehmen?

Arnoldner: Wir wollen unsere führendePosition im Ultrabreitbandbereich, bei Datenübertragungsgeschwindigkeiten über 30 Mbit/s, behalten. Im Mobilfunk fokussieren wir im Wesentlichen auf LTE und Small Cells. Im Festnetz sind unsere Schwerpunkte kupferbasierte Technologien wie Vectoring und G.fast sowie Glasfaserlösungen, darunter GPON (Anm.»Gigabit Passive Optical Network«) und TWDM-PON (»Time and Wavelength Division Multiplexed Passive Optical Network«). Letzteres ermöglicht atemberaubende Geschwindigkeiten von 40 Gbit/s. Eine solche Geschwindigkeit ist derzeit sicherlich nichts für den breiten Markt, doch ist uns wichtig, einen Mix für unterschiedliche Anforderungen bieten zu können. Schließlich ist das Dogma des reinen Glasfaserausbaus, der bis zum Endkunden erfolgt, überholt. Die letzte Meile zu den Haushalten und Unternehmen können wir auch mit anderen Technologien überbrücken. Dazu gehören Mobilfunk, Kupfer- und Coax-Lösungen.

Report: G.fast soll die Kupferinfrastruktur des Festnetzes erheblich verbessern. Wo eignet sich ein Einsatz?

Arnoldner: Wir haben es wieder einmal geschafft, hier in Österreich einen weltweiten Meilenstein zu setzen. Im Oktober haben wir dazu gemeinsam mit A1 zum weltweit ersten Mal einen G.fast-Kunden im Live-Betrieb zeigen können. Konkret wurden 650 Mbit/s aggregierte Bandbreite bei dem Office-Sharing-Betreiber Impact Hub im 7. Wiener Bezirk demonstriert. Durch diese Technologie kann das Unternehmen seinen vielen kreativen Kundinnen und Kunden entsprechende Bandbreiten zu Verfügung stellen. Mit G.fast wird das Frequenzspektrum in der Kupferleitung für die Datenübertragung erweitert.

In typischen Vectoring-Anwendungen nutzen wir heute ein Spektrum von 17 MHz, was schon relativ viel ist. Bei G.fast erweitern wir dies auf 106 MHz und
in einem nächsten Schritt sogar auf 212 MHz. Eine realistische Anwendung von G.fast werden aufgrund physikalischer Limitationen durch die Dämpfung in der
Kupferleitung Distanzen von 100 bis 150 Metern sein. Das aber ist genau die Länge, die meist nötig ist, um die letzten Meter von der Straße ins Haus zu überbrücken.

Von einem internationalen Kunden, der gerade Glasfaserprodukte ausrollt, wissen wir: 30 % der Endkunden springen wieder ab, wenn die Techniker mit dem Bohrer vor der Türe stehen. Mit den neuen Kupfertechnologien haben wir dieses Risiko nicht. Wenn Sie sich erinnern: Vor 15 Jahren wurde in Österreich ADSL eingeführt – damals mit Bandbreiten von unter 1 Mbit. Niemals hätte man damals gedacht, welche Bandbreiten heute über Kupfer erreicht werden.

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