Im Jahr 2009 lag der Anteil des Stahlbaus am gesamten Bauvolumen bei zehn Prozent. Noch hat die Branche die Krisenjahre nicht hinter sich gelassen. Das Umfeld ist schwierig, die Kreditverfügbarkeit begrenzt. Bonitäten müssen exzellent sein, und selbst dann wird nur mehr der Bruchteil eines Projektes finanziert. Leider. Denn dadurch bleibt das Bauvolumen gering.
Ein großes Thema bei den Unternehmen ist der Kostendruck durch steigende Rohstoffpreise. Bei linearen Entwicklungen wäre das kein Problem, aber es ist die enorme Volatilität, die auch von den größten Stahlbauern nur schwer beherrschbar ist.
Bei hohen Materialkostenanteilen wie im Stahlbau kann ein Fehler in der Abschätzung der Stahlpreisentwicklung oder im Hedging schwerwiegende Folgen haben. Wie Unternehmen mit dieser Situation umgehen, ist sehr unterschiedlich und führt dazu, dass Projekte schnell negativ ausgehen können. Preisgleitung und Anpassungsklauseln in Bauverträgen sind essentiell geworden.
Unterschiedliche Strategien
Die Strategien der Gewinner, die auch schwere Zeiten gut überstehen, sind unterschiedlich: Einige der Unternehmen nehmen zum Beispiel an keinen öffentlichen Ausschreibungen mehr teil, da zu wenig Deckungsbeitrag möglich ist. So kann bei »Value Engineering« basierten Ausschreibungen hingegen die Ingenieurskompetenz eines Stahlbauers die Chancen sehr stark verbessern, ein Projekt zu gewinnen. Leider sind diese Projekte in den meisten Fällen außerhalb Österreichs zu finden.
Um einen öffentlichen Auftrag an Land zu ziehen, ist es hilfreich, die Kostenführerschaft zu erreichen und die Produktion höchst effizient zu gestalten. Als aufwändig und riskant erweist sich hingegen der Versuch, Projekte selbst zu entwickeln, zu finanzieren, umsetzen und eventuell sogar selbst zu betreiben.
Eine weitere Strategie, in dem schwierigen Umfeld zu bestehen, ist die Herstellung von Serienprodukten. Dadurch wird die Basisauslastung gefördert, das bringt Konstanz in den Cashflow.
Die Zukunftschancen
Wachstumspotenzial für die Branche besteht vor allem durch die zunehmende Betonung der Nachhaltigkeit, denn hier liegt Stahl vor anderen Baustoffen. Vor allem was Recycling anbelangt, schneidet Stahl sehr gut ab. Der Großteil des verwendeten Baustahls in Europa wird bereits jetzt aus Schrott hergestellt. Auch das zunehmende Interesse nach kreativerer Architektur hilft, denn viele Ideen lassen sich nur mit Stahl realisieren. Letztlich wird ein Bauwerk aber immer dann gut sein, wenn der richtige Baustoff an der richtigen Stelle eingesetzt wird und sich ein harmonischer Materialmix ergibt.
Was in Österreich fehlt
Gerade weil sich Österreichs Stahlbauer international gut behaupten können, darf man die Frage stellen, was ihnen in Österreich fehlt: Das sind eindeutig ausreichende Ausschreibungen mit der Möglichkeit, Alternativen anzubieten. Das Bundesvergabegesetz ließe das zu, aber in der Praxis geschieht fast nichts. Damit wird nicht so kosteneffizient gebaut, wie es möglich wäre. Denn wenn ein Stahlbauer Topingenieure beschäftigt und durch deren hohe Spezialisierung und Kompetenz in der Lage ist, kostengünstiger als andere anzubieten, dann muss sich das irgendwann auch lohnen. Eine entsprechende Anzahl von Ausschreibungen, bei denen Alternativen möglich sind, oder etwa das Value Engineering wären der Weg dahin. Wenn sich hier nichts ändert, haben wir auch in Österreich bald deutsche
Zustände. Und das bedeutet, dass es nur mehr Lohnfertiger gibt und kaum mehr hochkompetente integrierte Stahlbauunternehmen mit Planungs- und Fertigungskompetenz. Und das kann doch keiner wollen!