Dienstag, Dezember 03, 2024
Solar zu verteufeln ist der falsche Weg
Nikolas Jonas ist Geschäftsführer der PV-Handelsplattform Otovo. (Foto: Samuel Gürtl)

Die Energie AG kündigt Solar-Einspeise-Kunden. Ärgerlich, doch das Problem geht tiefer. Politisches Zögern verhindert die Energiewende. Es braucht klare Bekenntnisse. Ein Gastkommentar von Nikolas Jonas, Geschäftsführer Otovo Österreich.


Solar wächst. Exponentiell sogar. Die Menschen in Österreich haben erkannt: Der Weg zur Energiewende geht über Photovoltaik oder kurz: PV. Die Vorteile sind für den heimischen Häuslbauer augenscheinlich: Selbsterzeugter Strom schont das Portemonnaie, Energie aus Sonne die Umwelt. Zugegeben, PV löst nicht alle unsere Klimaprobleme, ist jedoch eine wichtige Säule im Zusammenspiel mit Wasser, Wärme und Wind. 

Baustelle Netze

Eine der größten Baustellen, die in diesem Zusammenhang in Österreich angegangen werden müssen, sind die Netze. Besser gesagt der Netzzugang und die Einspeisung. Dabei war es bei der rasanten Entwicklung von Solar absehbar, dass es früher oder später zu einer Netzüberlastung kommen werde, wenn nicht gegengesteuert werde. 

Dass die Energie AG nun Kunden kündigt, weil die zugesicherten Einspeisetarife „im veränderten Marktumfeld“ zu hoch sind, grenzt fast schon an Hohn, zumal es gerade diese waren, die für viele Menschen in Österreich einen weiteren Anreiz zur Investition in Solar dargestellt hatten. 

Auch wenn rechtlich in Ordnung, bleibt dabei dennoch ein fader Beigeschmack. Schlimmer noch: Es fällt (wieder einmal) ein schlechtes Licht auf PV. Und es bleibt zu fürchten, dass die Verteufelung von Solar weitergeht, wenn die Energie AG zwar der erste, aber nicht der letzte Fall war.

Klar ist, wie dieser Fall zeigt: Die großen heimischen Stromkonzerne haben in Sachen Tarife und Kapazitäten die Hosen an. Die Konsumentinnen und Konsumenten mit Solaranlagen stehen dem praktisch machtlos gegenüber. Friss oder stirb, so die Devise. Sag‘ das mal dem Klima! 

Fokus Batterie

Und die Politik? Die schaut zu. Das E-Wirtschaftsgesetz ist zwar in Begutachtung, aber schauen wir einmal, was wirklich kommt. Und wann es kommt. Dabei wäre es so einfach: ein stärkerer Fokus auf Batterien. 

Eine Batterie schafft das, worum es doch bei Investitionen in Solar vorrangig geht: Den Eigenbedarf zu decken und sich möglichst unabhängig von Stromnetzen und Strompreisen zu machen. Auf bis zu 80 Prozent kann der Eigenstromanteil von einer PV-Anlage mit einer Batterie erhöht werden. Ein höherer Eigenbedarf wiederum senkt die Überproduktion und damit die Überlastung der Netze. 

Weiters hilfreich: Net Metering, also der Messung des Stromflusses durch den Energieversorger und eine entsprechende monatliche Ausbalancierung des Energiekontos des Solaranlagen-Besitzers. So oder so hindert das uns und die Politik nicht, die Einspeiseregelungen genauer unter die Lupe zu nehmen, verschafft uns aber Luft im Energiewettlauf, um weitere Fälle wie die der Energie AG zu vermeiden. 

Energiewende braucht mehr Mut

Denn klar ist: Wir hinken in Österreich hinterher. Die Klimaziele sind in weite Ferne gerückt. Das hat einen Grund: Die Politik hat gewartet. Lange gewartet. Mit der 0%-Mehrwertsteuer für PV-Anlagen wurde zuletzt ein wichtiger Schritt gemacht. 

Zu einer echten Energiewende aber braucht es mehr. Deutlich mehr. Vor allem mehr Mut. Das Klima nimmt keine Rücksicht auf Wahlen in Österreich. Um die selbstgesteckten Klimaziele im Land zu erreichen und klimaneutral bis 2040 zu werden, wie groß verkündet, braucht es größere Sprünge als die Förder-Hopser, die bislang vollbracht wurden. Und klare Bekenntnisse für eine nach vorne gerichtete Energiepolitik.


Über den Autor
Nikolas Jonas, 32, ist Geschäftsführer von Otovo Österreich und Schweiz, einem Marktplatz für Solar- und Batterieanlagen für Privathaushalte.

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