Angesichts der Bankenkrise in den USA und steigender Zinssätze müssen Finanzinstitute häufiger und proaktiv ihr Liquiditätsniveau prüfen.
Ein Kommentar von Thomas Gassenbauer, Head of Banking & Insurance Central Europe und Country Manager Switzerland, Board of Directors bei Cognizant.
Es war der perfekte Sturm: Plötzlich prallten eine lange Niedrigzinsphase, eine einzigartige Portfolio- und Finanzierungsstrategie, unvorsichtige Risk-Management-Praktiken und in Panik geratene Anleger*innen aufeinander – und leiteten damit die Liquiditätskrise der Silicon Valley Bank (SVB) ein. Das Scheitern des US-amerikanischen Finanzinstituts für High-Tech-Unternehmen und Start-ups ist einer der größten Bankrottfälle seit der Finanzkrise 2008. Auch wenn vor allem der US-amerikanische Finanzsektor betroffen ist, sind die Nachwehen weltweit zu spüren. In Europa kriselte es bei der Credit Suisse, was zur Übernahme durch die Konkurrentin UBS per Notverordnung führte.
Es verwundert also nicht, dass die Branche nervös ist. Um künftig systemische Auswirkungen einzudämmen, wird der Ruf nach strengeren Anforderungen lauter. So beobachtet und prüft die Europäische Zentralbank (EZB) verstärkt die Liquiditätsreserven der Banken in der Eurozone, kanadische Aufsichtsbehörden planen wiederum tägliche Kontrollen bei ihren Banken. In den USA wächst der Druck auf mittelgroße Banken mit Vermögenswerten von 100 bis 250 Milliarden US-Dollar, ihr Liquiditätsmanagement zu verbessern. Sie sollen sich vor möglichen Verlusten schützen und genügend Barmittel zur Verfügung haben, um Krisensituationen zu überstehen. Das ist auch nötig, denn in der Vergangenheit haben Banken sich hauptsächlich auf die Erfüllung aufsichtsrechtlicher Mindestanforderungen konzentriert.
Expert*innen erwarten, dass sich dieser Fokus künftig zu einem umsichtigeren Management der Risikotransaktionen verlagern wird. Zu rechnen ist außerdem mit einer verschärften aufsichtsrechtlichen Kontrolle sowie strengeren Anforderungen an das Liquiditätsrisikomanagement und die Berichterstattung. Die zunehmende Popularität von Instant Pay erfordert eine verbesserte Echtzeittransparenz von Liquiditätspositionen.
Banken müssen dafür ihre aktuellen Praktiken bewerten. Im ersten Schritt sollte dabei überprüft werden, ob sich ein bestimmtes Vorgehen für einen Geschäftsbereich und dessen Produkte eignet. Genaue Daten sind dabei unerlässlich: Messen die Metriken das tatsächliche Risiko? Sind die Daten aktuell, basieren sie auf validen Grunddaten und sind spezifische Metriken überhaupt berechenbar? Darüber hinaus müssen Banken ihre Automatisierung maximieren und verbesserte Daten und technische Lösungen entwickeln. Diese bieten einen kontinuierlichen, detaillierten Einblick in ihre Liquiditätspositionen und die Möglichkeit, unter einer Reihe verschiedener Stressszenarien schnell Korrekturmaßnahmen zu ergreifen.
Eine ausgeprägte Risikokultur mit klaren Rollen und Zuständigkeiten ist dabei das A und O. Führungskräfte und Vorstandsmitglieder müssen einen proaktiven Ansatz für das Risikomanagement verfolgen und sicherstellen, dass die richtigen Richtlinien, Verfahren und Kontrollen vorhanden sind und regelmäßig überprüft und aktualisiert werden.