Oliver Weise, Principal Software Engineer bei Consol Software, in einem Kommentar über neue Silos in der IT, in denen sich Abteilungen unkoordiniert nur mit der Automatisierung ihrer eigenen Anwendungsfälle beschäftigen.
In den IT-Abteilungen weltweit werden neue Gespenster gesichtet und sorgen dort für Aufregung: die Automatisierungs-Silos. Dabei sind die gefürchteten Silo-Landschaften eher ein Relikt aus der alten Zeit von Legacy und Client-Server, die durch automatisierte Software-getriebene Rechenzentren beseitigt werden sollten. Aber neue Silos konterkarieren dieses schöne Bild. Sie sind das Ergebnis eines Automations-Wildwuchses, bei dem sich einzelne Abteilungen oder Mitarbeiter unkoordiniert nur mit der Automatisierung ihrer eigenen Anwendungsfälle beschäftigen. Die fatale Konsequenz ist eine neue Form von Schatten-IT mit einer kontraproduktiven Vielfalt von Automatisierungs-Techniken und -Konzepten. Mit der Folge, dass moderne IT-Infrastrukturen genauso schwierig und aufwändig zu betreiben und zu warten sind wie ihre manuell aufgesetzten Vorgänger.
Dabei ist Automatisierung so wichtig – um nicht zu sagen überlebenswichtig. Ohne sie sind Rechenzentren in Zukunft nicht mehr mit vertretbarem Aufwand zu betreiben. Zu dem durch die Digitalisierung aller Lebensbereiche getriebenen Datenwachstum kommt als zusätzlicher Wachstumstreiber verstärkt Edge Computing mit den Daten von Milliarden weltweit installierten IoT-Geräten dazu. Der herkömmliche Rechenzentrumsbetrieb stößt damit endgültig an seine Grenzen. In diesem Kontext erscheint die Automatisierung als einzig sinnvolle Konsequenz. Und die kann nur gelingen, wenn Tools und Konzepte zentralisiert, oder zumindest koordiniert eingesetzt werden. Die mit Automations-Servern mögliche Transparenz wird jedoch oft durch Inflexibilität im Einsatz erkauft.
Neben der Automatisierungssoftware bereitet auch Nutzsoftware Probleme, die auf manuelle Betriebstätigkeiten hin konzipiert wurde und so einen automatisierten Einsatz erschwert oder sogar verhindert. Sie sollte daher rasch von den Einkaufslisten verschwinden. Wer den Ausweg darin sieht, sich an einen Public Cloud Provider zu binden und dessen Automatisierungs-Tools einzusetzen, muss sich im Klaren darüber sein, dass sie proprietär sind. Wenn der Provider dann die Spielregeln ändert, egal ob Technologien, Preislisten oder beides, drohen die gefürchteten Abhängigkeiten des Vendor-Lock-in. Also Multi-Cloud? Klingt erstmal logisch, steigert aber die Komplexität und letztlich auch wieder die Abhängigkeiten. Deshalb ist es hier sinnvoll, auf Provider-unabhängige Cloud-Plattformen zu setzen.
Je mehr Automations-Code erzeugt und je größer die Projekte werden, desto mehr werden Strategien gebraucht, um sie zu organisieren und wartungsfähig zu halten. Das kann gelingen, wenn zur IT-Automation Methoden der Softwareentwicklung wie Modularisierung, Parametrisierung oder Versionsverwaltung genutzt werden. Zu einer geeigneten Plattform dafür hat sich Kubernetes entwickelt. In Verbindung mit dem Betriebsmodell GitOps kann Kubernetes faktisch die Aufgaben eines zentralen Automatisierungs-Servers erfüllen, der durch Operatoren im Eigenbau auch Aufgaben außerhalb seiner eigenen Domäne übernehmen kann.
In einem zukünftigen Schritt ist eine automatisierte Codeanalyse denkbar, etwa um Schwachstellen aufzudecken. Die Palette solcher potenzieller Sekundärfunktionalitäten ist riesig. Sie werden aber genauso wie die Primärfunktionen nur dann sinnvoll und effizient nutzbar sein, wenn die Automatisierungssilos schneller wieder verschwinden als sie aufgetaucht sind.