Gemeinden sollten bei Projekten in der Rohstoffbranche auf innovative und nachhaltige Lösungen bei Transportwegen und Abbaustätten achten und dabei die Bürgerinnen und Bürger von Beginn an mit allen Informationen einbinden. Ein Kommentar von Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl.
Die enormen Preissteigerungen bei Rohstoffen in den letzten Wochen und Monaten betreffen nicht nur die Rohstoffindustrie oder den Bausektor. Auch die Städte und Gemeinden sind direkt und indirekt davon betroffen. Als größter öffentlicher Auftraggeber sind sie die Konjunkturmotoren der Baubranche.
Die Pandemie und zuletzt der Angriffskrieg in der Ukraine haben laut Erhebungen des statistischen Bundesamts in Deutschland zu den größten Preiserhöhungen seit Beginn der Erhebungen 1949 geführt. Allein in den vergangenen 16 Monaten ist Baumaterial um 42,5 Prozent teurer geworden. Die Baukosten für den Wohnhaus- und Siedlungsbau sind im selben Zeitraum um knapp 23 Prozent nach oben geklettert – das bringt viel Unsicherheit mit sich. Baufirmen weigern sich, Verträge mit Fixkosten abzuschließen und vor allem Projekte im gemeinnützigen Wohnbau stehen still.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der langfristigen Rohstoffversorgung Österreichs. Noch sind wir in der glücklichen Lage, unseren Bedarf an mineralischen Rohstoffen selbst decken zu können. Doch mit Hinblick auf die internationalen Abhängigkeiten und langen Lieferketten – wie sie uns erst kürzlich durch Krisen wie die Coronapandemie und den Ukraine-Krieg vor Augen geführt wurden – ist ein Umdenken angesagt. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, denn auch abgesehen von den Preissteigerungen sind die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister seit jeher in einer Zwickmühle:
Einerseits soll die eigene Gemeinde mit mineralischen Rohstoffen aus regionaler Quelle versorgt werden, um den Ausbau und Erhalt von Infrastruktur zu ermöglichen. Andererseits sollen die Gemeinden gleichzeitig bei der Gewinnung dieser Rohstoffe auf den Bodenverbrauch und den Naturschutz achten und nicht zuletzt die Interessen der Anrainer*innen wahren. Anrainerproteste und daraus resultierende Bürgerinitiativen sind in diesem Zusammenhang keine Seltenheit. Aus Angst vor diesen werden Genehmigungen für Abbauprojekte oft nur zögerlich vergeben. Die komplizierte Gesetzeslage für Rohstoff gewinnende Unternehmen macht es umso schwieriger, Projekte umzusetzen. Dass die Qualitätsstandards stetig höher gesetzt werden ist auch mit Hinblick auf die Endverbraucher positiv – die Vorschriften sollten jedoch nicht zu einem Hindernis werden.
Häufig wird beim regionalen Rohstoffabbau nämlich vernachlässigt, dass mineralische Rohstoffe wie Kies und Stein für uns nicht nur unverzichtbar sind, sondern dass die Rohstoffbranche auch ein langfristiger Arbeitgeber in den ländlichen Regionen ist. Zudem schont die regionale Gewinnung die Umwelt, vor allem wenn Transportwege kurz bleiben und bestehende Stätten genutzt werden, die nach der befristeten Abbauspanne auf eine Weise renaturiert werden, die zu einer größeren Biodiversität und Artenvielfalt beiträgt als zuvor.
Kreative Ansätze
Daher der Appell an Gemeinden, bei Projekten in der Rohstoffbranche auf innovative und nachhaltige Lösungen in Bezug auf Transportwege und Abbaustätten zu achten und dabei die Bürgerinnen und Bürger von Beginn an mit allen Informationen miteinzubinden. Angesichts der hohen Preise ist aktuell Kreativität und Einfallsreichtum gefragt, um alternative, flexible Möglichkeiten bei Lieferwegen und Versorgungsquellen zu finden.
Hier sollten die Städte und Gemeinden nicht an alten Vertragsmodellen festhalten und stattdessen auch neue Möglichkeiten nutzen. Auch bei der Wiederverwertung und -verwendung von Rohstoffen braucht es in Zukunft kreative Ansätze. Mit etwas Mut bei Investitionen kann man jetzt nachhaltig Versorgungssicherheit schaffen. Letztendlich führt ein Stillstand bei Infrastrukturprojekten zu einer Verschlechterung der Lebensqualität für die Menschen.