Sonntag, Dezember 22, 2024
Begegnung mit der KI
KI ist ein Werkzeug, das auf Mustererkennung basiert, während Menschen ein komplexes Bewusstsein, Emotionen und eine tiefe Verbindung zur physischen Welt haben. (Fotocredit: iStock)

Ob im Job, in der Schule, im Privatleben – überall nutzen wir die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz. Kann KI auch zwischenmenschliche Beziehungen ersetzen?

Text: Sören Flimm

Immer wieder treten wir in Beruf und Alltag mit Menschen in Verbindung: beim Wocheneinkauf, der Geburtstagsfeier, einem Beratungsgespräch oder dem Teammeeting. Kaum etwas beeinflusst unseren Alltag so sehr, wie Begegnungen mit Menschen. Solche Begegnungen sind immer dann besonders wertvoll, wenn gegenseitige Resonanz entsteht – eine Interaktion bzw. eine Form von Miteinander, die beide Seiten positiv bereichert. Doch brauchen wir das in Zukunft überhaupt noch? Brauchen wir ein so hohes Maß an Zusammenarbeit, Austausch und Kollaboration, wo uns insbesondere künstliche Intelligenz doch immer mehr an Arbeit abnehmen und Inhalte verknüpfen kann?

Was Resonanz bedeutet

Bei der Frage, ob zwischenmenschliche Verbindung und soziale Resonanz ersetzbar sind oder werden, gilt es zunächst, eine Definition zu finden. Eine resonante Verbindung zwischen Menschen stellt sich immer dann ein, wenn beide Interaktionspartner ein Gefühl der Wahrnehmung sowie des Erkannt- und Verstandenwerdens empfinden und darauf aufbauend eine respektvolle und wertschätzende Begegnung entsteht, die in der Folge zu einem innerlichen Bewegtwerden führt. Das kann sowohl durch antwortbasierte Reaktion als auch durch emotionale Ansteckung geschehen.

Ein kleines Beispiel: Habe ich in einer Verkaufssituation als Kunde das Gefühl, dass der oder die Verkäufer*in mich wahrnimmt, mir zuhört, erkennt, worum es mir geht, mich versteht und basierend darauf eine Lösung für mich bereithält, die mich weiterbringt, entsteht Resonanz. Authentizität und Leidenschaft im Tun tragen mindestens genauso dazu bei: sie sind emotional ansteckend. Kann das alles durch eine künstliche Intelligenz ersetzt werden?

Was KI ersetzt

Künstliche Intelligenz kann – schauen wir z. B. auf einen Chatbot – uns das Gefühl vermitteln, dass sie uns wahrnimmt, uns zuhört, erkennt, worum es geht, und eine Antwort für uns bereithält. Und all das in sachlicher und lösungsorientierter Art und Weise. Eigentlich perfekt, oder? Endlich kann man mehrfach nachfragen und das Gegenüber permanent um etwas bitten, ohne dass Emotionen die Sachebene ins Wanken bringen. Keine, die sich zu wenig gesehen, niemand, der sich angegriffen fühlt. Wir können uns mit einem Chatbot unterhalten und profitieren von einem unglaublichen Fachwissen, Schnelligkeit und vernetztem Denken. Darüber hinaus liefert die künstliche Intelligenz Ergebnisse, die in dieser Schnelligkeit und inhaltlicher Perfektion von Menschen kaum erreicht werden können. Hieraus kann Resonanz entstehen – doch bestenfalls als Simulation.


Buchtipp:

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Sören Flimm: Resonanz. Menschen verstehen, bewegen, gewinnen
BusinessVillage 2023
ISBN: 978-3-86980-698-3


Was niemals ersetzbar wird

Was braucht es also für echte Resonanz? Was schafft die künstliche Intelligenz nicht? Das habe ich ChatGPT selbst gefragt. Folgende Zitate stammen aus der Antwort: »Menschen erleben Wahrnehmung, Erkennen und Verständnis aufgrund ihres eigenen Bewusstseins und ihrer Fähigkeit, Informationen aus der Welt um sie herum zu verarbeiten. Diese menschlichen Erfahrungen basieren auf komplexen Prozessen im Gehirn, die ich als KI nicht replizieren kann. (…) Zusammengefasst kann man sagen, dass ich ein Werkzeug bin, das auf Textverarbeitung und Mustererkennung basiert, während Menschen ein komplexes Bewusstsein, Emotionen und eine tiefe Verbindung zur physischen Welt haben. (…) Menschen sind unersetzbar aufgrund ihrer einzigartigen Kombination aus Bewusstsein, Emotionalität, Kreativität, sozialer Intelligenz und moralischer Urteilsfähigkeit.«

Da haben wir die Antwort. Menschliche Begegnung ist und bleibt unersetzbar. Sie basiert auf der »einzigartigen Kombination aus Bewusstsein, Emotionalität, Kreativität, sozialer Intelligenz und moralischer Urteilsfähigkeit«.Das ist es, was auch in der Business-Welt den Unterschied ausmacht – in einer Welt, in der alles Andere zunehmend ersetzbar wird. Wir haben ein Gefühl dafür, ob Stille im Raum Desinteresse oder gespannte Aufmerksamkeit bedeutet. Wir merken, wenn es dem Kollegen oder der Kollegin nicht gut geht oder etwas sprichwörtlich »im Raum steht«.

Wir lieben das Gefühl, mit Menschen Emotionen und Erlebnisse zu teilen. Die digitale Transformation bietet uns Tools und Instrumente, die uns dabei eine Hilfe sein können. Oder, um es mit einem musikalischen Beispiel zu formulieren: Sie kann wundervolle Songtexte schreiben, aber der Konzertbesuch wird dadurch niemals ersetzbar. Das gleiche gilt für Beratungsgespräche, Führungssituationen, innerbetriebliche Zusammenarbeit sowie für unser alltägliches Miteinander. Wir brauchen insbesondere in Organisationen mehr Resonanzkompetenz.

Die Qualität des Miteinander, wie sehr sich Menschen als (selbst-)wirksam erleben und wie sehr sich der Einzelne erkannt und verstanden fühlt, wird in Zukunft noch mehr zur tragenden Säule. Dabei geht es nicht um permanente Harmonie, sondern um eine Verbindung, die auf Wertschätzung und Respekt beruht. In einer Zeit, wo Inhalte und Produkte immer austauschbarer werden, machen diese menschlichen Qualitäten zunehmend den Unterschied.


Der Autor

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(Foto: Salih Usta)

Sören Flimm ist diplomierter Betriebswirt und startete seinen Karriereweg als Führungskraft und Projektmanager in der Finanzbranche, daneben führte ihn seine Leidenschaft als Entertainer und Musicaldarsteller weltweit auf Bühnen. Aus dem Zusammenspiel dieser beiden Welten versucht der Keynote-Speaker und Trainer, Menschen wirksam und nachhaltig für zwischenmenschliche Resonanz zu inspirieren und zu gewinnen.

https://www.soeren-flimm.de

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