Der Fachkräftemangel bleibt das vordringlichste Problem der heimischen Unternehmen. Knapp die Hälfte der Betriebe verzeichnet deshalb bereits Umsatzeinbußen.
Der Wirtschaft fehlt es branchenübergreifend an qualifiziertem Personal. 82 Prozent der rund 600 Unternehmen, die für die aktuelle EY-Studie zum Thema Beschäftigung befragt wurden, klagen über Schwierigkeiten, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter*innen zu finden. Nur rund jedem fünften mittelständischen Betrieb (18 Prozent) fällt es nach eigenen Angaben derzeit eher oder sehr leicht Fachpersonal zu finden. Damit hat sich die Lage im Vergleich zum Vorjahr etwas entspannt: Nur 13 Prozent haben 2023 leicht Personal gefunden. Zwei Drittel der österreichischen Unternehmer*innen sehen den Fachkräftemangel darüber hinaus auch als enormes Risiko für die Zukunft des Betriebs – noch vor hohen Rohstoffpreisen, möglicher Rezession und Inflation. Besonders angespannt ist die Personalsituation in den Branchen Gesundheit, Tourismus und Industrie.
Der Fachkräftemangel wirkt sich inzwischen bereits auf die Wirtschaftsleistung des Landes aus. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen verzeichnen wegen fehlenden Personals Umsatzeinbußen. Bei fast einem Fünftel sanken die Umsätze um mehr als fünf Prozent. Erich Lehner, Managing Partner Markets bei EY Österreich, sieht ein komplexes Problem, das eine vielschichtige und nachhaltige Strategie erfordert: »Der Fachkräftemangel wird zum größten Risiko für die heimische Wirtschaft und ist für viele Unternehmen existenzbedrohend.«
Das Vollzeitproblem
Nur mehr jeder fünfte Betrieb in Österreich will in den kommenden Monaten zusätzliche Beschäftigte einstellen. Gleichzeitig ist der Anteil derer, die Stellen streichen möchten, gegenüber Jänner 2023 von 15 auf 18 Prozent gestiegen. So hoch war dieser Prozentsatz seit 2009, dem Höhepunkt der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, nicht mehr. Damals wollten sogar 27 Prozent der Unternehmen Stellen streichen. Unterm Strich ergibt sich ein Beschäftigungsplus von drei Prozent. EY-Experte Lehner erwartet nur mehr leichte Impulse: »Eine ähnlich geringe Beschäftigungsdynamik gab es zuletzt 2013 mit vier Prozent, selbst im Corona-Krisenjahr 2021 lag der Saldo mit neun Prozent noch höher als aktuell.«
Die Unternehmen wünschen sich von der Regierung verstärkte Maßnahmen, etwa Förderungen für Ausbildung und Weiterbildung sowie eine gezielte Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften. Denn zwei grundlegende Probleme werden durch die Studie bestätigt: die mangelhafte Ausbildung der Bewerber*innen und die fehlende Bereitschaft zu Vollzeitarbeit. »Teilzeitarbeit ist ein gesamtgesellschaftliches Thema und wird zunehmend auch von jungen Menschen, unabhängig von Kinderbetreuungspflichten eingefordert«, sagt Lehner. An flexiblen Arbeitszeitmodellen führe kein Weg vorbei – neun von zehn Unternehmen diesbezüglich bereits Maßnahmen gesetzt. Auch mit attraktiven Zusatzleistungen und Benefits versuchen Betriebe, Arbeitskräfte zu überzeugen. Höhere Löhne sind jedoch nur für ein Prozent der Befragten Teil der Strategie.