Sturm und Drang am Arbeitsplatz
Ist Ihr Betrieb auf die Verfügbarkeit von E-Mail, Internet und Unternehmenssoftware angewiesen? Muss die EDV reibungslos laufen, weil sonst der Supergau droht? Nun, Ihre Sorgen sind berechtigt. Schließlich sind Unternehmen in nahezu jeder Branche von den Datenleitungen abhängig wie nie zuvor. Die Informationstechnologie (IT) ist zwar zu einem fähigen Werkzeugkasten fürs Geschäft geworden, die wachsende Abhängigkeit von den Blechkisten wirft aber neue Risken auf. Versiegt im Tagesgeschäft der Datenstrom von einer Sekunde auf die andere, können die Mitarbeiter gleich den Weg nach Hause antreten. Der moderne Arbeitsplatzkrieger sieht seine Produktivität mittlerweile fix an E-Mail und Datennetze gebunden. Besonders der berüchtigte Wissensarbeiter – er weiß zwar nichts, kann aber überall nachlesen, was gerade angesagt und wichtig ist – ist ein Sklave der IT geworden.
Solchen Schmerz zu lindern, das schafft nun möglicherweise ein neues Selbstverständnis der IT-Branche. Die EDV wird nicht mehr zum Selbstzweck in die Unternehmensstrukturen gepflanzt, sondern unterstützt nutzerfreundlich und zielgerichtet die Menschen am Arbeitsplatz. Glorreichstes Beispiel für den neuen Hang zur Menschenfreundlichkeit ist das Konzept der Unified Communications. Wer da zuerst an eine UNO-Organisation denkt, liegt etwas daneben. »United« werden hier nicht Staaten, sondern deren emsige Bürgerinnen und Bürger an den Arbeitsplätzen. Die Vision der vereinten Kommunikation sieht einen einzigen Kommunikationsstrang für unterschiedliche Medien wie Festnetztelefonie, Mobilfunk, E-Mail, Kurznachrichten und progressive Services wie Chat oder Presence-Dienste vor. Letztere zeigen übrigens stets, welcher Kollege am Arbeitsplatz verfügbar ist, wer gerade Mittagspause macht und wer in einer Besprechung gefangen ist. Kann ein Anruf nicht zum Teilnehmer durchgestellt werden, wird die Nachricht aus der Sprachbox einfach in den E-Mail-Eingang geliefert. Und ist der Nutzer nicht am Festnetz erreichbar, wird ein Gespräch automatisch aufs Handy umgeleitet. Darüber hinaus ist der Zugriff auf die Produkt-, Produktions- und Kundendaten einfach wie nie geworden. Die Datenbanken sind bereits eng mit den Arbeitsplätzen vernetzt.
Neue Kultur
Diese Vision der totalen Erreichbarkeit ist nicht alleine mit dem Einsatz digitaler Technologien zu erklären. Sie ist auch Teil einer neuen Unternehmenskultur. Die Ecken und Kanten der einzelnen Anwendungen verschwimmen, im Vordergrund steht das umfassende Angebot der IT, die tägliche Arbeit zu erleichtern. »Erstmalig steht nicht die Technik im Vordergrund, sondern die Informationsbedürfnisse des Mitarbeiters«, heißt es bei den IT-Dienstleistern. Das effiziente Büro reduziert den Administrationsaufwand in Unternehmen und erhöht gleichzeitig die Produktivität. Studien wollen bereits herausgefunden haben, dass damit auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter deutlich steigt.
Neuer Vertrieb
Die Veränderung des Arbeitsplatzes bedingt freilich auch neue Serviceansätze, um die Portfolios konzertiert aus einer Hand bieten zu können. Nachdem sich Spezialisten zu den jeweiligen Diensten – von der Telefonanlage bis zur Datenbanksoftware – in der Vergangenheit herausgebildet hatten, setzt man nun auf eine neue Zentralisierung in den Angeboten. Die unterschiedlichen Themen werden vereint. Die IT soll letztlich so einfach wie Strom aus der Steckdose wahrgenommen werden. »Unsere Kunden brauchen meist nicht nur einzelne Produkte, die sie anderswo auch einkaufen könnten, sondern eine Gesamtlösung aus einer Hand«, erklärt Semih Caliskan, Geschäftsführer des IKT-Dienstleisters Colt. Er möchte den Unternehmen einen einzigen Wartungsvertrag für einen Reihe an Dienstleistungen auf den Tisch legen können. »Der Bezug von Daten- und Sprachleitungen ist für beide Seiten von Vorteil. Der Kunde bekommt auf einer einzigen Plattform einfach jene Dienste zu Verfügung gestellt, die für sein Geschäft entscheidend sind. Wir als Anbieter wiederum können diese effizienter liefern. Ich finde diese Entwicklung sehr positiv«, so der Experte.
Freilich hält sich der Altruismus der Branche in Grenzen. Doch Caliskan argumentiert: Die Kunden können sich damit wieder auf ihr eigenes Geschäft konzentrieren. Bei Colt bekommen Unternehmen innerhalb kürzester Zeit voll funktionstüchtige Arbeitsplätze eingerichtet. Der Anbieter liefert die Grundausstattung zum Betriebssystem, Office-Programme, E-Mail, Sicherheitslösungen – sprich: die ganze Office-Umgebung – über die Datenleitung flexibel dorthin, wo sie gebraucht wird. In eine ferne Filiale etwa, außerhalb der üblichen Routen der eigenen IT-Abteilung einer Firma. Früher mussten sich IT-Manager um jeden Arbeitsplatz und jedes Softwareupdate selbst kümmern. Jetzt bekommen sie dies fixfertig als Service – inklusive Montage. Abgerechnet wird dann pro Lizenz und User. Kunden zahlen einen monatlichen Betrag für diesen Dienst.
Auch der Branchenleader Telekom Austria bietet seit vergangenem Herbst komplette Büroarbeitsplätze zum Fixpreis. Das »BüroKomplett« genannte Paket kann nach Belieben kombiniert werden: Festnetz, Mobilfunk, Internet, Hardware, Software und Service, und das bei einem einzigen Ansprechpartner. Hard- und Software werden stets am aktuellen Stand der Technik gehalten. Und der Provider garantiert stabilen Betrieb sowie Support rund um die Uhr für alle Komponenten des Arbeitsplatzes. Dies ist meist mehr, als in kleineren Unternehmen die IT aufgrund von Ressourcenknappheit je bieten kann.
Einsparungen überall
Einer Studie des Instituts für empirische Sozialforschung (IFES) zufolge liegt in nahezu jedem zweiten kleinen oder mittleren Unternehmen in Österreich Büroinfrastruktur brach. Bei knapp der Hälfte der heimischen Unternehmen gäbe es weder eine eigene IT-Einheit noch externe Partner, hier kümmerten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die IT. »In rund zehn Prozent dieser Unternehmen fallen durch diese Tätigkeiten Überstunden an«, rechnet IFES-Geschäftsführer Hermann Wasserbacher vor. Und es kommt schlimmer: Noch immer übernehmen viele Inhaber oder Geschäftsführer im Zweifelsfall selbst die EDV-Tätigkeiten. »Wenn IT Chefsache ist, kommt das oft teuer«, warnt Wasserbacher. Eine Komplettlösung zum Fixpreis bei einer Büroinfrastruktur sei für die Wirtschaft vielversprechend. Firmen sehen dazu ein Kostenersparungspotenzial von bis zu 17 Prozent jährlich.
Die Studie wurde gemeinsam mit der Telekom Austria präsentiert, die Industrie ist in dieser Sache einig. »Als Ihre virtuelle IT-Abteilung verwalten wir Ihre Anwendungen in dem Maße, wie Sie es wünschen, pflegen Service Levels und Kommunikationsdienste und kümmern uns um die Alltagsaufgaben«, heißt es auch bei Colt. Es herrscht ein neuer Sturm und Drang am Markt. Für die Kunden wird alles einfacher – und die Anbieter dürften auch etwas verdienen.