Vor der irischen Südküste liegt einer der wichtigsten Lebensräume europäischer Wal- und Delfinarten. Gleichzeitig kreuzen hier jährlich tausende Containerschiffe. Das Projekt »Smart Whale Sounds« beweist jetzt erstmals, wie belastend der Schiffslärm für die Säuger ist. Geholfen hat dabei ein KI-basiertes Monitoring-System von Huawei, das Wale anhand ihrer »Stimme« identifizieren kann. Angela Heissenberger aus Baltimore.
Rund 25 verschiedene Arten von Walen tummeln sich vor der irischen Südküste. Die Region ist ein wichtiges Nahrungs-, Rast- und Fortpflanzungsgebiet für Wale und Delfine. Gleichzeitig verläuft dort eine der am stärksten befahrenen Schifffahrtsrouten der Welt. Tausende von Containerschiffen passieren sie jährlich von Kanada nach Liverpool oder anderen europäischen Häfen und retour. Wie extrem der Schiffslärm die Meeressäuger und andere Meerestiere wie Robben, Fische oder Tintenfische belastet, zeigen erste Schlüsselergebnisse einer Studie, die am 18. September 2023 beim »OceanTech Summit« im irischen Baltimore präsentiert wurde.
Die gemeinnützige Organisation »Ocean Research and Conservation Association« (ORCA) untersucht seit März 2021 die Unterwassergeräusche in der Keltischen See. Ermöglicht wird das Monitoring-Projekt »Smart Whale Sounds« im Rahmen der »Tech4All«-Initiative von Huawei. Nach monatelanger Entwicklungsarbeit wurde eine speziell konstruierte Boje ca. neun Kilometer vor der Küste von Baltimore ausgesetzt. Ein autonomes Hydrophon – ein Unterwassermikrofon – zeichnet die Rufe der Tiere in Echtzeit auf; mithilfe von KI- und Deep-Learning-Modellen können die einzelnen Arten automatisch identifiziert werden. »Wir haben nur diesen einen Planeten und sehen es als unsere Aufgabe, Technologien zur Erhaltung allen Lebens einzusetzen. Dieses Ziel ist nicht über Nacht zu erreichen und wir brauchen dafür Partner«, erklärt Kenneth Fredriksen, Senior Vice President von Huawei in Europa.
Die Boje liegt neun Kilometer vor der Küste unter Wasser und zeichnet in Echtzeit die Geräusche der Tiere auf. (Foto: Huawei)
Die »Global Enabling Sustainability Initiative« (GeSI) unterstützt IKT-Unternehmen und -Organisationen bei Aktivitäten zur Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) durch digitale Technologien. Der GeSI-CEO Luis Neves begrüßt das Engagement von Huawei: »Unternehmen müssen ihre Verantwortung wahrnehmen. Die Erfassung von Geräuschen in den Ozeanen und die Nutzung von künstlicher Intelligenz und Big-Data-Analysen zum besseren Verständnis der Meeresökologie und ihrer komplexen Wechselwirkungen ist von größter Bedeutung.«
Kenneth Fredriksen, Senior Vice President, Europe Region, Huawei, stärkt das Engagement des Konzerns beim Umweltschutz: »Wir haben nur diesen einen Planeten und sehen es als unsere Aufgabe, Technologien zur Erhaltung allen Lebens einzusetzen.« (Foto: Huawei/ JOhn Allen Photography)
Frühwarnsystem geplant
Die gesammelten Daten lassen aber auch Rückschlüsse zu, wie stark Unterwasserlärm das Leben von Meeressäugern gefährdet. »Schiffslärm, wie etwa das dumpfe Brummen eines Containerschiffs, kann die Rufe der Wale übertönen, die Kommunikation der Tiere und wichtige Verhaltensstrategien wie die koordinierte Nahrungsaufnahme beeinträchtigen oder die Tiere aus wichtigen Lebensräumen vertreiben«, verweist Emer Keaveney, Executive Director von ORCA Ireland, auf die differenzierte Sprache der einzelnen Arten.
Emer Keaveney, ORCA Ireland: »Technologische Innovationen verbessern unser Verständnis für die Natur.« (Foto: Huawei/Catharina Rieder)
Wie empathisch die studierte Zoologin und Meeresbiologin für das Thema brennt, wird später in Wind und Regen an Bord des Forschungsbootes klar, auch wenn ihr Arbeitsalltag meist weniger romantisch ist: »Meine Mutter glaubt, ich tauche im Meer zwischen den Walen wie früher Jacques Cousteau. In Wirklichkeit steckt viel Computerarbeit dahinter.« Teil des Forschungsteams ist auch die gebürtige Österreicherin Jessica Giannoumis, die an der Cork University Business School an Blue-Growth-Strategien für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung forscht. Auch sie war beim ersten Anblick eines Delfins aus der Nähe von der besonderen Erhabenheit der Tiere sofort tief beeindruckt.
Forscherin Nicole Todd hält Ausschau nach Meeressäugern. (Foto: Huawei/ John Allen Photography)
Umso besorgter sind die Forscherinnen, da sich aus den Daten deutliche Stressreaktionen und Verhaltensänderungen der Meeressäuger ablesen lässt. Das Monitoring liefert wichtige Informationen, die beispielsweise bei der Planung von Offshore-Anlagen für erneuerbare Energien berücksichtigt werden sollten. Langfristig ist auch die Entwicklung eines Warnsystems zum Schutz der Tiere geplant, das es Schiffen ermöglichen soll, ihre Geschwindigkeit rechtzeitig zu verringern.