Sonntag, Juni 30, 2024

Resiliente Unternehmen haben die Fähigkeit, auf Störungen oder Veränderungen ihres Geschäftsfeldes rasch zu reagieren. Beginnend beim Risikomanagement umfasst Business Resilience alle Prozesse und Organisationsbereiche. Wie bereiten sich österreichische Unternehmen auf mögliche Krisensituationen vor? Der Report hat nachgefragt.

1. Welche Maßnahmen hat Ihr Unternehmen ergriffen, um sich gegen unvorhergesehene Ereignisse und Bedrohungen zu wappnen?

Andreas Thöni
Leitung Konzernstrategie, Digital & Innovation der Österreichischen Post AG

Grundsätzlich gilt es, die strategische und taktische Dimension zu unterscheiden, wobei ein zentrales, geprüftes Risikomanagement (auf Basis COSO/ERM) sowie Controlling den übergreifenden Blick sicherstellen. Diese Aktivitäten zielen auf eine nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes ab. Strategisch wird das Risiko von einseitigen Ausfällen durch markt- bzw. geschäftsmodellseitige und geografische Diversifizierung reduziert. Taktisch sind im Unternehmen auf verschiedenen Ebenen Regelkreise mit Planung, Steuerung und Kontrolle auf Basis eines integrierten finanziellen und operativen Berichtswesens etabliert.

Volker Libovsky
Chief Technology & Innovation Officer der Magenta Telekom

Bei Magenta Telekom haben wir auf verschiedenen Ebenen vorgesorgt. Unsere Netze sind durch Redundanzen abgesichert. Wenn es also zum Beispiel in einem Rechenzentrum zu einem Ausfall kommt, können wir sofort auf ein anderes Datencenter umschalten. Für größere unvorhergesehene Ereignisse gibt es einen ständigen Krisenstab, der im Ernstfall schnell zur Stelle ist. Das hat zum Beispiel beim Ausbruch der Coronapandemie sehr gut geklappt. Eine große Hilfe ist auch der Austausch innerhalb unseres Mutterkonzerns Deutsche Telekom, weil wir so Erfahrungen zwischen den verschiedenen Ländergesellschaften austauschen können.

Kurt Svoboda
Chief Financial Officer und Chief Risk Officer der UNIQA Insurance Group AG

Als Versicherungsunternehmen ist das proaktive Management von unvorhergesehenen Ereignissen und Bedrohungen eine unserer Kernkompetenzen. Dazu haben wir im Haus eine eigene Abteilung geschaffen, die sich mit dem Management dieser Risiken befasst. Dies umfasst sowohl klassische Risiken aus dem Versicherungsgeschäft sowie dem Kapitalmarkt als auch neue Risiken wie zum Beispiel das Cyberrisiko. Neben der Identifikation dieser Risiken befasst sich diese Abteilung auch damit, dass diesen Risiken mit entsprechenden Maßnahmen begegnet wird.

Welche Technologien werden zur Unterstützung der Business Resilience verwendet?

Andreas Thöni: Es werden unterschiedlichste Technologien in den verschiedenen Geschäftsfeldern zum Erkennen von Bedrohungen (aber auch Chancen) eingesetzt – in einer Bank ist dies z. B. anders als im Paketbereich. Für das Nachvollziehen übergreifender Risiken werden spezifische Software-Systeme genutzt, die in Kombination mit den »klassischen« Accounting- bzw. Controlling-Systemen zu sehen sind.

In den operativen Bereichen liegt der Kern in oftmals eigenentwickelten Systemen, die Daten sowohl für den tagtäglichen Betrieb als auch für das Erkennen von Abweichungen liefern. Für die Bereiche Krisen und Cyber-Security sind wiederum spezifische Systeme nennenswert.

Volker Libovsky: Digitalisierung ist da ein guter Oberbegriff. Die Bandbreite reicht hier von Lösungen zur Fernwartung von Systemen bis hin zum Mobile Working. Krisen halten sich eben leider nicht an Dienstpläne – und deshalb ist es so wichtig, digital und vernetzt zu denken. Im besten Fall lassen sich kleine und große Krisen durch digitale Lösungen verhindern, etwa durch Prognosen auf Basis gesammelter Daten.



Kurt Svoboda: Nicht erst seit der Covid-19-Pandemie ist bekannt, dass der sinnvolle Einsatz moderner Technologien einen positiven Beitrag auf die Resilienz einer Organisation haben kann. Die wesentlichsten Fokusthemen diesbezüglich sind bei uns die Umsetzung unserer Cloud-Strategy, die Prozessautomatisierung durch den Einsatz von Robotern sowie angemessene Technologien zur Gewährleistung der IT-Sicherheit durch die neue Arbeitswelt und Homeoffice.

Wie werden Mitarbeiter*innen eingebunden, um ein hohes Maß an Widerstandsfähigkeit sicherzustellen?

Andreas Thöni: Mitarbeiter*innen sind neben Prozessen die Grundlage eines resilienten Unternehmens. Bereits die Kultur legt die Ausgangsbasis für den Umgang mit laufenden Herausforderungen. Hier sind in der Post die Kulturwerte Freude, Sinn und Leistung auf Basis eines gemeinsamen Wir-Gefühls etabliert, welche die organisatorische Resilienz neben den fachlichen Fähigkeiten unterstützen.

Darüber hinaus sind die Mitarbeiter*innen tief in die laufenden Kontrollprozesse eingebunden und tragen aktiv zum Erkennen von Abweichungen bei. Schließlich tragen auch die Reputation als attraktive Arbeitgeberin und die damit verbundene Attraktivität für Talente zur Widerstandsfähigkeit bei.

Volker Libovsky: Das Wichtigste ist die Sicherstellung einer guten internen Kommunikation. Um beim Beispiel Corona zu bleiben: Damals haben wir anfangs wöchentlich in Live­streams über die aktuelle Lage und die Vorgehensweise informiert. Die Kolleginnen und Kollegen konnten live im Chat Fragen stellen. So haben wir es geschafft, die Strategie für die Krise über Livestreams, verstärkte Team-Meetings und Kommunikation über das Intranet zu vermitteln. Gute und offene Kommunikation – das ist das A und O.

Kurt Svoboda: Die Einbindung der Mitarbeiter*innen ist bei uns ein sehr wichtiges Thema. Durch eine Vielzahl von Maßnahmen wollen wir die Awareness unserer Kolleg*innen zu den vorhandenen Bedrohungen – und wie sie darauf angemessen reagieren sollen – sicherstellen. Es gibt bei uns im Haus verpflichtende Trainings, die von allen Mitarbeiter*innen regelmäßig zu absolvieren sind.

Die interne Kommunikation erfolgt unter einer eigenen internen Marke namens »UNIQA Protection«. Dafür gibt es auch einen eigenen Bereich, wo alle Informationen zu finden sind und wo neben klassischen Artikeln auch neue Formate wie Podcasts angeboten werden. Auch Angriffssimulationen wie z. B. Phishing E-Mails werden regelmäßig durchgeführt.

(Bilder: iStock, Natascha Unkart & Isabelle Köhler, Magenta Telekom/Marlena König, Österreichische Post AG)

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